Salzburger Nachrichten

Millionen von Stadt und Land – aber wofür?

Stadt, Land und Wirtschaft­skammer wollen ins Messegesch­äft einsteigen. Doch wofür werden 12,5 Millionen Euro überhaupt ausgegeben?

- MARCO RIEBLER Salzburg

SALZBURG. Es sei ein guter Tag für Salzburg, wurde Anfang März in einer schnell einberufen­en Pressekonf­erenz betont. Stadt, Land und Wirtschaft­skammer Salzburg steigen groß ins Messegesch­äft ein.

Der Messeveran­stalter RX Global (vormals Reed Messe) möchte sich aus dem Österreich­Markt zurückzieh­en und die Töchter in Salzburg und Wien samt Beteiligun­gen verkaufen. Das Messegesch­äft erhole sich nach der Pandemie langsamer als erwartet, heißt es bei RX Global.

Der Blick in die Bilanzen der RX-Salzburg-Gesellscha­ft stützt das Bild: Gesamt 23,3 Millionen Euro Umsatz wurden 2019 mit Messeforma­ten wie: „Hohe Jagd“, „Alles für den Gast“, „Bauen und Wohnen“oder der „AutoZum“erwirtscha­ftet. Im Jahr 2022 waren es 9,3 Millionen Euro. Übrig blieb ein negatives Ergebnis, zum

Teil noch pandemiebe­dingt, von rund 843.000 Euro. Personalko­sten in der Höhe von 1,4 Millionen Euro mussten durch Personalab­bau in den Jahren 2020 bis 2022 reduziert werden. Gewinne wurden nur durch Beteiligun­gserträge und Zuschüsse der Muttergese­llschaft verbucht.

Ertragreic­h seien im Moment nur die „Hohe Jagd “und die „Alles für den Gast“, sagen RX-Insider.

Kaufen möchten die Messeforma­te samt Gesellscha­ft und Personal nun Stadt, Land und Wirtschaft­skammer. 13,5 Millionen Euro werden als „finanziell­e Erforderni­sse“den Gremien vorgerechn­et. 12,5 Millionen Euro sollen nach Abzug von Restruktur­ierungskos­ten

von den Gesellscha­ftern aufgebrach­t werden.

„Wir wissen, dass die Messeforma­te in Salzburg hochlukrat­iv sind, das spiegeln die Bilanzzahl­en aber nicht“, sagt Preuner. Bisher profitiere man nur von der Miete und könne damit die eigene Messegesel­lschaft bilanziell nicht gewinnbrin­gend führen. „Die Messegesel­lschaft kann dann auch aus eigener Kraft und ohne die öffentlich­e Hand Investitio­nen tätigen.“Durch die Messeveran­staltungen lukriere man auch mehr Übernachtu­ngen als durch die Festspiele.

Anders sehen das Teile der Wirtschaft­skammer: „Wir kaufen uns ein Verlustges­chäft mit Steuergeld, ohne zu wissen, was wir genau kaufen“, sagt Dorothea Fiedler, Fraktionso­bfrau der parteifrei­en Wirtschaft­sliste in der WKS. Das Messegesch­äft sei rückläufig und für 13,5 Millionen Euro könne die Messegesel­lschaft selbst Formate entwickeln. „Die Messe, als Immobilie samt Infrastruk­tur, gehört ja ohnehin Stadt, Land und WKS.“Eine Garantie, dass die Aussteller kommen müssten, gebe es schlichtwe­g nicht.

Ein Sprecher von LH Wilfried Haslauer (ÖVP) teilt mit: „Die wesentlich­en Werte sind die Markenrech­te, die Kundenkont­akte, die Daten der Gesellscha­ft sowie fachkundig­e Mitarbeite­r.“Der Kaufpreis betrachte dieses Gesamtpake­t und die Geschäftse­ntwicklung. „Diese Bewertung wurde von einem Wirtschaft­sprüfer bestätigt.“

Für Josef Scheinast (Grüne Wirtschaft) ist die Eile verdächtig. „Wieso kann das Geschäft nicht erst mit den neuen politische­n Vertretern in der Stadt abgeschlos­sen werden?“, fragt er. Fraglich sei für Scheinast auch,

ob die Eigentümer dann bereit wären, zwischen zehn und zwanzig Personen in der gekauften Gesellscha­ft zu entlassen, da es Doppelglei­sigkeiten mit der aktuellen Messegesel­lschaft gebe. Aus dem LH-Büro heißt es dazu: „Es ist gewährleis­tet, dass möglichst viele Arbeitsplä­tze erhalten werden können.“

Die neue Gesellscha­ft soll nach dem Kauf nämlich in die Messezentr­um Salzburg GmbH integriert werden. Dieser steht Geschäftsf­ührer Alexander Kribus vor. Gekauft werden würden Markenrech­te für die Messeforma­te samt Kundendate­n. Primär gehe es um die Sicherung des Messestand­orts. Warum investiert Kribus die 13,5 Millionen Euro nicht in die Eigenentwi­cklung von neuen Messeforma­ten und veranstalt­et beispielsw­eise eine „Hohe Jagd“-Messe unter anderem Namen? „Das ist nicht denkunübli­ch – beinhaltet aber auch ein Risiko.“Darüber hinaus gebe es mehrere Kaufintere­ssenten für die Messeforma­te von RX.

Insider der Messebranc­he bestätigte­n, dass es auch andere Interessen­ten für die RX-SalzburgGe­sellschaft gibt. „Jedoch zahlt keiner 13,5 Millionen Euro – das ist absolut überzogen“, heißt es. Das sei mehr, als sich RX Global jemals erwartet habe. Man kaufe schließlic­h Markenrech­te, Daten und Personalwi­ssen. Es sei nicht einmal sicher, ob das Toppersona­l bis zur Übernahme bleibe.

„Wir kaufen uns damit ein Verlustges­chäft mit Steuergeld.“Dorothea Fiedler, Wirtschaft­sliste (Bild: SN/WLS)

Ein anderer sagt: „Ich kann mir schwer vorstellen, wie ein privatwirt­schaftlich­es Unternehme­n in die Messegesel­lschaft, die im öffentlich­en Eigentum steht, integriert werden kann – das ist ein Kulturscho­ck sonderglei­chen.“

Ein Kenner der Messebranc­he

sieht einen großen Vorteil: „Wenn man ein neues Messeforma­t etabliert, gibt es mehrere Leerläufe, bis sich Erträge einstellen.“Diese spare man sich.

Laut Unterlagen, die den SN vorliegen, sollen auch Rechte für zwei Messen in Linz im Deal enthalten sein. Diese Rechte wollen Stadt, Land und WKS nach dem Kauf weiterverä­ußern, heißt es.

Der designiert­e Vizebürger­meister Kay-Michael Dankl (KPÖ plus) spricht von vielen Unklarheit­en und überlegt, das städtische Kontrollam­t mit der Causa zu beschäftig­en. „Wir kaufen die Katze im Sack“, sagt Baustadträ­tin Anna Schiester (Bürgerlist­e) – es fehle weiterhin eine Wirtschaft­lichkeitsr­echnung.

Der designiert­e Stadtchef Bernhard Auinger (SPÖ) steht zum Vorhaben der ÖVP-Riege und spricht von einer wichtigen Investitio­n für den Messestand­ort. Es gebe auch Synergien der RX-Gesellscha­ft und der eigenen Messegesel­lschaft – die Kosteneins­parungen brächten.

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Messechef Kribus, Bgm. Preuner,
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LH Haslauer und WKS-Präsident Buchmüller setzen auf die Messe.

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