Wieso wiederkehrende Werbegesichter wirken
Nicht nur die Familie Putz feierte ihr Jubiläum: Warum das Prinzip der wiederkehrenden Werbegesichter funktioniert und wie sich Testimonials durch Social Media verändert haben.
Österreichs wohl bekannteste Werbefamilie feierte kürzlich ihr 25-Jahr-Jubiläum: 1999 zog die Familie Putz in das XXXLutz-Möbelhaus ein und ist seither nicht mehr aus der österreichischen Werbelandschaft wegzudenken. Für die einen ist die Werbung Kult, die anderen finden sie nervig. Fakt ist allemal: Die Familie Putz als Testimonial funktioniert und ist noch immer Bestandteil der groß angelegten XXXLutz-Werbekampagnen. In der digitalen Welt sind hingegen Influencerinnen und Influencer die neuen Testimonials: 2023 wurden weltweit 21,3 Milliarden US-Dollar für Influencer-Marketing ausgegeben; 2016 lag der Betrag noch bei 1,7 Milliarden. Influencerinnen wie Chiara Ferragni werben für Luxusmarken wie Louis Vuitton oder BMW. Aber umso stärker stellen sich die Fragen: Braucht es die klassischen wiederkehrenden Werbegesichter überhaupt noch? Und falls ja, auf welchen Kanälen funktionieren sie?
Kommunikationswissenschafter Peter Winkler von der Universität Salzburg sieht Testimonials keinesfalls als abgeschrieben. „Vor allem in der One-to-many-Kommunikation in den Massenmedien funktionieren Testimonials nach wie vor.“In den sozialen Medien seien diese zwar großteils von Influencern abgelöst worden, diese könnten aber genauso den Status eines Testimonials einnehmen. Der Trend reicht gar weiter: Mittlerweile seien viele prominente Werbegesichter als Influencer aktiv, ergänzt Winkler.
Der wiederkehrende Einsatz von Personen in der Werbung habe einen nachvollziehbaren Hintergrund, sagt der Experte: „Viele Unternehmen bieten ähnliche Produkte an, weshalb sie Aufmerksamkeit generieren müssen. Um das zu erreichen, wird häufig ein Imagetransfer vollzogen, wobei das Image fiktiver bzw. realer Personen auf die eigene Marke übertragen wird.“Mit Personen könne man eher positive Eigenschaften assoziieren als mit abstrakten Unternehmen, sagt Winkler. Das bestätigt auch der Wirtschaftspsychologe Georg Felser:
„Eine Person sticht in der Werbung immer eine Statistik aus.“Laut Felser teilten Werbegesichter – im Regelfall – eine beeinflussende Botschaft, die in eine Geschichte eingebettet ist: „Auf diese Weise wird die Botschaft als Meinung platziert und es ist äußerst schwierig, einer Meinung zu widersprechen.“Berühmten und beliebten Persönlichkeiten würde man zudem eher vertrauen. Aber wie finden Marken die passenden Testimonials?
Diese sollten laut Winkler schlicht zielgruppenorientiert ausgesucht werden. Das Bestreben sei es, dass sich die Zielgruppe mit dem Testimonial so stark wie möglich
identifiziere. „Einerseits sollen Testimonials sympathisch und nahbar sein, andererseits müssen sie aber das ,Normale‘ übersteigen. Diese Balance ist schwer einzuhalten“, erläutert Winkler. Bei der Familie Putz gelinge das sehr gut, zudem sei die XXXLutz-Wahl inhaltlich besonders interessant. „Das Konzept arbeitete mit einem Erwartungsbruch in Form einer Sitcom. Es wurde gezielt provoziert“, sagt Winkler. Man habe gewusst, dass die Strategie polarisieren und Aufmerksamkeit generieren werde. Den einen werde es gefallen, die anderen würden davon genervt sein – der Wiedererkennungswert der Familie sei allenfalls extrem hoch. Und das funktioniert nicht nur bei der Familie Putz: Prominente Gesichter wie Mirjam Weichselbraun für Natur pur oder George Clooney für Nespresso halten sich als Testimonials.
Abgesehen von der Auffälligkeit sei laut Felser der rote Faden in Werbungen
zentral. „Menschen neigen dazu, Konsistenz per se positiv zu bewerten. Bei Veränderungen kommt es zu Vergleichen mit Früherem, die schnell negativ ausfallen können.“Das werde in der Werbestrategie mit der Familie Putz gekonnt umgesetzt. „Die Grundidee ist dieselbe geblieben und wurde mit immer neuen Themen verknüpft“, sagt Winkler. Sind Testimonials jahrelang präsent, könne man sogar eine Beziehung zu diesen aufbauen. „Außerdem stellen sie für viele ein willkommenes stabiles Gegengewicht zur Schnelllebigkeit unserer Zeit dar“, ergänzt er.
Auf Social Media sind Influencer und Influencerinnen quasi das Pendant zu Testimonials. „Sie teilen ihren Alltag mit den Followern und verwenden die beworbenen Produkte privat. Das erzeugt noch mehr Nähe“, erklärt Winkler. Influencer-Marketing ermögliche es, den Markt kleinteiliger zu erschließen. Zielgruppen könnten so in vielen Fällen treffsicherer und günstiger erreicht werden als mit Testimonials. Dennoch betont der Experte, dass es sich meist um eine hochgradig inszenierte und kontrollierte Authentizität handle. Kritik an beworbenen Produkten werde nur selten geäußert. Studien deuteten zudem darauf hin, dass die Transparenz der eigenen Käuflichkeit Influencer ironischerweise wiederum vertrauenswürdiger mache.
Werbeinhalte werden laut Winkler immer stärker auf die Bedürfnisse und Interessen der Nutzenden abgestimmt, gleichzeitig nehme der Einsatz von künstlicher Intelligenz zu. Winkler kann sich daher in Zukunft KI-generierte Testimonials vorstellen, die auf Persönlichkeiten und Vorlieben der Nutzenden zugeschnitten sind. Neben der personalisierten Komponente sieht Winkler die Relevanz von Themen in der Werbung wieder hoch im Kurs. „Firmen müssen die großen Themen unserer Zeit wie den Klimawandel aufgreifen und deutlich machen, wofür sie stehen.“
Peter Winkler,