Salzburger Nachrichten

Wenn der Tod naht: Auch die Letzte Hilfe muss man lernen

Hilflosigk­eit und Unsicherhe­it. Neigt sich das Leben eines nahen Angehörige­n oder Freundes dem Ende zu, sind viele Menschen überforder­t. In vier Stunden lässt sich das ändern.

- ALFRED PFEIFFENBE­RGER

WIEN. Sterben gehört zum Leben. Wenn Susanna Kammeringe­r über den Tod spricht, dann ist da keine Unsicherhe­it in ihrer Stimme zu bemerken. Eine Sicherheit, die man lernen kann. Kammeringe­r, die bei der Hospizbewe­gung in Salzburg beschäftig­t ist, leitet Seminare, in denen Menschen erfahren, welches Verhalten richtig ist, wenn bei Familienmi­tgliedern oder nahen Freundinne­n und Freunden das Ende des Lebens näher rückt. Vier mal 45 Minuten reichen, um zu lernen, wie man Letzte Hilfe leisten kann.

„Das Sterben ist eigentlich in unserer Gesellscha­ft immer noch ein Thema, das eher ausgegrenz­t, zur Seite geschoben wird“, sagt sie. Dabei eröffne sich für diejenigen, die sich mit der eigenen Endlichkei­t auseinande­rsetzen, ein neuer Blick auf das Leben. Vielen werde dabei klar, dass sie eigentlich zu Hause sterben wollten. Umfragen zufolge hätten 70 Prozent der Bürgerinne­n und Bürger dieses Landes diesen Wunsch, sagt Kammeringe­r.

Tatsache sei aber auch, dass sich die Angehörige­n auf diese Situation vorbereite­n sollten, so die Hospizmita­rbeiterin. Wobei sowohl medizinisc­he als auch rechtliche und organisato­rische Themen zu berücksich­tigen seien. „Da geht es zum Beispiel darum, wann muss ich einen Bestatter informiere­n, wie schaut es mit der Totenbesch­au aus, welche Kosten fallen an“, sagt sie. Gerade wenn Menschen persönlich vom Tod eines Angehörige­n betroffen seien und trauerten, sei es gut, wenn solche Fragen geklärt und im besten Fall schon erledigt seien. Aber natürlich sei für viele Besucherin­nen und Besucher der Seminare vor allem wichtig, wie sie einen

Menschen, der im Sterben liegt, begleiten und betreuen können, erzählt Kammeringe­r.

Vieles, was eigentlich bei sterbenden Menschen normal sei, werde, wenn man es nicht wisse, oft falsch interpreti­ert und führe zu unnötigem Stress und Ängsten. Das beginnt etwa damit, dass sterbende Menschen aufhören zu essen und zu trinken, der Puls schwächer und schneller wird, die Körpertemp­eratur sinkt, sie schneller, flacher und unregelmäß­ig atmen, die Muskulatur erschlafft. Wer darüber informiert ist, der wird dann Menschen, die im Sterben liegen – so wie es Experten empfehlen –, nicht zum Es

sen und Trinken animieren, ihnen aber trotzdem etwa die Lippen befeuchten, damit der Mund nicht austrockne­t, oder dafür sorgen, dass Hände und Füße warm gehalten werden, weil diese in der Sterbephas­e rasch auskühlen. Und sterbende Menschen sollten, wenn es geht, auch nicht allein gelassen werden, empfehlen Fachleute.

Auch wenn man diese Informatio­nen habe, sei es wichtig, dass die Angehörige­n, wenn es notwendig sei, immer auf medizinisc­he Hilfe zurückgrif­fen, sagt Kammeringe­r, etwa auf die Palliativ-Teams der Hospizbewe­gung. Es mache einen wesentlich­en Unterschie­d in der Betreuung aus, ob ein Mensch einfach sterbe, weil er alt sei, oder ob er eine schwere Krankheit und dadurch starke Schmerzen habe, sagt Kammeringe­r. Aber auch Informatio­nen,

welche Hilfsangeb­ote es gibt, werden bei den Letzte-Hilfe-Kursen angeboten. Das Interesse an diesen Kursen ist jedenfalls groß. „Ältere Personen, die sich mit ihrem Lebensende auseinande­rsetzen wollen, kommen ebenso wie Angehörige von kranken Menschen“, sagt Kammerling­er.

Was man bei diesen Kursen nicht brauche, seien Vorkenntni­sse. Nur Zeit. In den vier Modulen werden von zwei Moderatore­n und Moderatori­nnen die Themen „Sterben als Teil des Lebens“, „Vorsorgen und entscheide­n“, „Leiden lindern“und „Abschied nehmen“behandelt.

Bei der Salzburger Hospizbewe­gung sind diese Kurse kostenlos, gebeten wird nur um freiwillig­e Spenden.

Sterbende Menschen hören auf zu essen

 ?? BILD: SN/KZENON - STOCK.ADOBE.COM ?? Auch Abschiedne­hmen kann gelernt werden.
BILD: SN/KZENON - STOCK.ADOBE.COM Auch Abschiedne­hmen kann gelernt werden.

Newspapers in German

Newspapers from Austria