Österliche Wunder lassen sich nachbauen und gestalten
Die rührigsten Krippenbauerinnen sind offenbar im Pinzgau, insbesondere in Unken und Leogang. Mitglieder des dortigen Krippenbauvereins hegen sogar die rare Tradition der Fastenkrippe. Auf Anregung des einstigen Unkener Pfarrers
Ernst Mühlbacher und nachdem sie die Fastenkrippe im Tiroler Nachbarort Waidring – „übern Pass Strub drüber“– angeschaut hätten, seien fünf Frauen 2008 und 2009 ans Werk gegangen, erzählt Obfrau Heidi Scheul.
Statt wie für eine Weihnachtskrippe zunächst einen Krippenberg zu entwerfen, sei zufällig ein alter Kleiderkasten zur Verfügung gestanden. „Der Kramerwirt, das große Gasthaus in Unken (mittlerweile großteils Wohnungen, Anm.), ist ausgeräumt worden, das Mobiliar ist verscherbelt worden, da haben wir den Kasten bekommen.“
Dank tischlerischer Hilfe beim Einsetzen von Fächern bauten Heidi Scheul, Traudi Fernsebner, Angelika Seidl,
Gerti Stabauer und Herta Stephan jene Szenen, die mit dem Pfarrer abgesprochen waren: In der Mitte – chronologisch von unten nach oben – sind das letzte Abendmahl und die Kreuzigung.
Auf der linken Seite sind Ereignisse, die auf Gründonnerstag und Karfreitag hinführen: Jesus am Berg Tabor, Erweckung des Lazarus und Einzug Jesu in Jerusalem. Rechts sind Begebenheiten, die der Auferstehung folgen: Begegnung Maria Magdalenas mit dem Auferstandenen, weiters dessen Begegnung mit den Jüngern von Emmaus sowie Pfingsten.
Egal ob für Weihnachten oder Fastenzeit und Ostern: Auch wenn eine Krippe die Heilsgeschichte so zu erzählen hat, wie sie in der Bibel steht, erlaubt sie fantasievolles, eigenwilliges Gestalten. So seien alle Figuren der Unkener Krippe orientalisch angezogen, berichtet Heidi Scheul. „Sogar der Herrgott und die zwei Gekreuzigten sind selber gemacht“, erzählt die Krippenbauerin und gesteht ein Malheur: „Wie Jesus fertig war, ist er mir hinuntergefallen. Da hab ich ihm die Hand gebrochen!“Mit Modelliermasse sei das zu richten gewesen, „es ist trotzdem schön geworden“.
Der Kasten rechts hinten in der Unkener Kirche wird jedes Jahr am Aschermittwoch aufgemacht und bleibt bis Pfingsten geöffnet. Wenn die Kirche offen sei, könne man die Krippe jederzeit anschauen, sagte Heidi Scheul. „Es ist ein Bewegungsmelder dabei, dass das Licht angeht, dass man es schön sieht.“