Kiffen Legales bei Nachbarn
Abwarten heißt es nach der Legalisierung von Cannabis in Deutschland in Salzburger Grenzorten. In der Bevölkerung herrscht Skepsis.
SALZBURG. Die Cannabislegalisierung in Deutschland beschäftigt auch die Menschen in Salzburg. Das zeigt ein SN-Besuch in der Grenzstadt Oberndorf. Während bei Älteren eher Sorgen vor Missbrauch, Drogenlenkern und zunehmendem Schmuggel groß sind, sehen Jüngere auch positive Aspekte. „Es gibt ja auf der Straße
Dealer, die schlechtes Zeug verkaufen, da ist es besser, man hat gutes Cannabis“, sagt ein Jugendlicher. Seine Begleiterin ergänzt, dass sie die mengenmäßig begrenzte Abgabe von Cannabis gut finde. Die 18-Jährige betont aber auch, dass Cannabiskonsum für sie nicht infrage komme. „Ich finde Rauchen generell ungesund“, sagt sie. Jugendliche fänden das Thema Cannabislegalisierung „spannend“, erklärt Alfred Frauenlob vom Streetwork-FlachgauTeam. Allerdings wüssten sie auch genau Bescheid, dass man 18 Jahre alt sein müsse, um in Deutschland Cannabis konsumieren zu dürfen. In Oberndorf sei die Legalisierung jenseits der Grenze kein großes Thema, sagt unterdessen Bürgermeister Georg Djundja (SPÖ). „Weder bei den Schulen noch bei Eltern oder
Jugendlichen – und wir haben hier funktionierende Strukturen“, meint er und verweist auf gute Kontakte zu Streetwork-Angeboten und Polizei.
Auch in anderen grenznahen Gemeinden wie Wals-Siezenheim, Grödig oder Großgmain sehen die Bürgermeister derzeit keinen Grund zur Aufregung. Djundja rechnet allerdings damit, dass es vermehrt zu Polizeikontrollen und daher auch zu vermehrten Aufgriffen von Drogenlenkern kommen wird.
Davon geht auch Polizeisprecher Hans Wolfgruber aus, der entsprechende Schwerpunktaktionen ankündigt.
Wer sich im Drogenrausch ans Steuer setze, begehe kein Kavaliersdelikt, sondern gefährde Menschenleben und müsse unter Umständen sogar mit dem dauerhaften Verlust des Führerscheins rechnen. Das sei dann der Fall, wenn ein Lenker über einen Zeitraum von 18 Monaten hinaus mittels Urinproben nicht nachweisen kann, dass er abstinent ist.
Die Salzburger Polizei sei jedenfalls vorbereitet und werde speziell im grenznahen Raum ein Augenmerk sowohl auf den Suchtmittelhandel als auch auf verkehrspolizeiliche Kontrollen legen, erklärt Wolfgruber.
In jüngster Zeit ist in Salzburg die Zahl der ertappten Lenkerinnen und Lenker unter Suchtgifteinfluss stark gestiegen. Bis 2020 wurden jährlich im Schnitt 50 bis 60 Drogenlenker angezeigt. 2021 waren es 228 und im Vorjahr 380. Tendenz steigend.
„Die Legalisierung von Cannabis in Deutschland wird an Salzburg nicht spurlos vorbeiziehen“, befürchtet LH-Stv. und Jugendreferentin Marlene Svazek (FPÖ). Sie fordert „ausgedehnte Grenzkontrollen und einen verstärkten Exekutivaufwand“. Eine Legalisierung
auch in Österreich lehnt Svazek strikt ab. Zum Schutz Jugendlicher brauche es Aufklärung und Prävention.
Gesundheits- und Bildungslandesrätin Daniela Gutschi (ÖVP) verfolgt die Legalisierung „mit Erstaunen, weil ich der Ansicht bin, dass jede Art von Suchtmittel reduziert statt legalisiert gehört“. Auch Gutschi plädiert dafür, stärker auf Aufklärung zu setzen und die negativen gesundheitlichen Folgen von Cannabiskonsum zur Sprache zu bringen. „Das ist im Gegensatz zu Alkohol oder Nikotin noch immer ein Ta
„Ich hoffe auf mehr Polizei, das hält nicht an der Grenze.“
„Ob man das braucht, kann ich echt nicht beurteilen.“
Pensionistin
buthema.“Sie versuche, das Thema psychische Gesundheit in die Schulen zu bringen. Zum Thema Drogenkonsum unterstützten Land und Bund die Schulen mit vielen Präventionsangeboten, die gut angenommen würden.
Das Team der Fachstelle Suchtprävention bei Akzente Salzburg hält auf Einladung von Schulen pro Jahr rund 40 Workshops zum Thema Alkohol, Nikotin und Cannabis. Die Schulen würden unterschiedlich mit dem Thema umgehen, sagt Fachstellenleiter Gerald Brandtner. „Am besten wäre es, wenn das Lehrpersonal das Thema im Unterricht einbringt.“Mitunter würden sich Schulen scheuen, einen Workshop anzubieten, „weil sie Angst haben, dass dadurch nach außen und bei den Eltern der Eindruck entsteht, dass es ein Drogenproblem an der Schule gibt“.
Laut dem „Bericht zur Drogensituation 2023“ist Cannabis die am häufigsten konsumierte illegale Droge in Österreich. 30 bis 40 Prozent aller 15- bis 24-Jährigen haben demnach mindestens ein Mal Cannabis konsumiert. 17 Prozent konsumieren die Droge ein Mal im Jahr und 7 Prozent ein Mal im Monat. Auf Jugendlichen laste nicht zuletzt durch die vielen Krisen und Kriege derzeit viel Stress, betont Brandtner. Zum Stressabbau werde Cannabis konsumiert. „Jugendliche, die schon vor Corona konsumiert haben, tun das nun stärker.“Dasselbe gelte für Alkohol.
Es bleibe abzuwarten, ob es in Deutschland tatsächlich gelinge, durch das Cannabisgesetz den Schwarzmarkt zurückzudrängen und den Jugendschutz zu erhöhen. Viele Fragen seien noch offen. „Wer soll in Haushalten, wo Cannabis angebaut wird, kontrollieren, ob Kinder und Jugendliche Zeugen des Konsums werden oder davor geschützt sind, selber Cannabis zu konsumieren?“Diese Frage stelle sich allerdings auch bei Alkohol und Nikotin. Unklar sei zudem, wie es gelingen soll, die in Deutschland vorgeschriebene Schutzzone vor Schulen, Kindergärten und Sportstätten zu kontrollieren.
Brandtner glaubt nicht, dass durch die Legalisierung in Deutschland der Cannabiskonsum in Salzburg zunehmen wird. „Wer in Salzburg Cannabis konsumieren will, bekommt es auch.“Es könnte allenfalls sein, dass Salzburger versuchen werden, über Bekannte, die in Deutschland leben, an Cannabis zu kommen. Die Weitergabe wäre allerdings strafbar, weil Cannabis nur für den Eigenkonsum legalisiert wurde. Brandtner wagt auch keine Prognose, ob es zu einem Konsumtourismus in der Grenzregion kommen wird.
Brandtner weist darauf hin, dass Cannabis vom Schwarzmarkt meist einen hohen THCGehalt
(Tetrahydrocannabinol ist der Stoff mit der Rauschwirkung) hat und weniger CBD enthält, das entspannend wirkt. Dieses Ungleichgewicht könne bei starkem Konsum Psychosen auslösen. Unter diesem Aspekt sei kontrolliert abgegebenes Cannabis, das in Deutschland für 18- bis 21-Jährige maximal 10 Prozent THC enthalten darf, weniger gefährlich als jenes vom Schwarzmarkt. Brandtner wirft jedoch eine Frage auf: „Welche Signalwirkung hat es bei uns auf Jugendliche, wenn ein so großes Land wie Deutschland Cannabis freigibt?“
Die monatlich 50 Gramm Cannabis, die Erwachsene über Anbauvereinigungen kaufen dürfen, sind eine beträchtliche Menge. Aus einem Gramm Cannabis können zwei bis drei Joints gedreht werden. 50 Gramm entsprechen also bis zu 150 Joints.