Und wer kümmert sich um die Bürgerrechte?
Wenn der Staat die Überwachung der Menschen verschärfen will, muss er sich an strenge Regeln halten.
Wer „zum Nachteil der Republik Österreich“eine Spionagetätigkeit ausübt, macht sich strafbar. Wer dies böse Unterfangen zum Nachteil beispielsweise Deutschlands oder Italiens betreibt, bleibt straffrei. Diese wohl nicht absichtslos ins Strafgesetzbuch geschriebene Gesetzeslücke, die mit dazu beitrug, dass unser Land zu einem Dorado für Spione aller Art wurde, soll auf Veranlassung der grünen Justizministerin Alma Zadić geändert werden. Gut so.
Es ist verständlich, dass Innenminister Gerhard Karner die Gelegenheit nutzen will, auch seine langjährige Forderung in der bevorstehenden Reform unterzubringen. Die Forderung nämlich, neben dem Telefonund SMS-Verkehr auch verschlüsselte Messengerdienste wie Signal oder WhatsApp überwachen zu können. Karners Argument, dass die Sicherheitsbehörden in kommunikationstechnischer Hinsicht Waffengleichheit (man verzeihe das kriegerische Wort) mit der organisierten Kriminalität und mit Terroristen brauchen, ist nicht von der Hand zu weisen.
Nicht von der Hand zu weisen sind freilich auch die Argumente des Verfassungsgerichtshofs. Dieser hat den staatlichen Einsatz jener Spitzelsoftware, mit der die verschlüsselten Nachrichten ausgelesen werden können („Bundestrojaner“), vor mehr als vier Jahren ausdrücklich untersagt. Und zwar mit dem
Argument, dass es „unverhältnismäßig“sei, einen derartig „schwerwiegenden Eingriff in die Privatsphäre“zuzulassen. Denn der Bundestrojaner könnte ja nicht nur die verschlüsselte Kommunikation auslesen, sondern auch alles, was sich an sonstigen Daten auf dem Handy befindet.
Man sollte davon ausgehen, dass – wie auch in anderen Ländern – eine Lösung möglich ist, die sowohl den Sicherheitsinteressen des Landes als auch den Bedenken der Verfassungsrichter Rechnung trägt. Theoretisch. Praktisch ist auf die Tatsache hinzuweisen, dass in diesem Land nichts geheim bleibt, auch das nicht, was geheim bleiben sollte; dass Handys immer noch viel zu leicht von den Ermittlungsbehörden konfisziert und ausgewertet werden können (ganz ohne Bundestrojaner); dass sich alles, was sich auf ausgelesenen Handys findet, alsbald auch in der Öffentlichkeit wiederfinden würde. Es ist ein schlechter Scherz, dass die ÖVP diesem Umstand mit einem strafrechtlichen „Zitierverbot“für Journalisten begegnen will. Wie wäre es mit staatlichen Behörden, die den Schutz der Bürgerrechte ernst nehmen?
Dann wäre gegen mehr Kompetenzen für den Innenminister nichts einzuwenden.