Lauter Einser, aber kein Platz im Gymnasium
In der Stadt Salzburg gibt es keine Restplätze an Gymnasien. Viele Schulen gehen bei der Aufnahme eigene Wege. Aufnahmetests sind aber verboten.
SALZBURG. Ihre Tochter sei immer eine gute Schülerin gewesen, sagt die Mutter eines zehnjährigen Mädchens aus der Stadt Salzburg. „Sie geht gern in die Schule und ich glaube, dass ein Gymnasium für sie das Richtige wäre.“Passend dazu konnte das Mädchen ein Semesterzeugnis mit lauter Einsern vorweisen. Für einen Platz im Gymnasium hat es bei ihm trotzdem nicht gereicht.
Gemeinsam hatten sie sich mehrere Schulen angesehen, ihrer Tochter habe das Akademische Gymnasium mit Abstand am besten gefallen. Die Schule hatte alle Interessenten schon vor der offiziellen Anmeldung zu einem „Kick-off-Nachmittag“geladen. Dabei absolvierten die Kinder mehrere Stationen, wo sie Rätsel lösen oder Gruppenarbeiten machen mussten. Danach folgten die offizielle Anmeldung und ein Gesprächstermin beim Direktor. Sie habe danach eigentlich ein gutes Gefühl gehabt, sagt die Mutter. Trotzdem kam für sie dann am Stichtag, dem 18. März, eine Absage. Er gebe sehr viele andere Kinder mit einem Einserzeugnis und außerdem auch viele Geschwisterkinder, habe ihr der Direktor gesagt.
Die Aufnahme an einem Gymnasium ist in Österreich gesetzlich klar geregelt. Wer keinen Dreier im Zeugnis der vierten Klasse hat, ist prinzipiell zur Aufnahme berechtigt, wer einen Dreier hat, muss eine Prüfung machen. Bei der Reihung der Interessenten sind das Semesterzeugnis der vierten Klasse und die Nähe zum Wohnort heranzuziehen, außerdem sollen Kinder bevorzugt werden, bei denen bereits Geschwister in der betreffenden Schule sind. Eignungstests sind unzulässig, bestätigt auf Nachfrage auch die Bildungsdirektion. Ausnahmen sind schulische Sonderformen, bei denen es um musische oder sportliche Begabungen geht.
Der Andrang zu den Gymnasien ist in der
Stadt Salzburg groß. Eigentlich sollte nach dem 18. März eine zweite Aufnahmerunde für alle laufen, die in ihrem Wunschgymnasium nicht genommen wurden. Allerdings fehlen dafür in der Stadt heuer die Restplätze.
Die städtischen Gymnasien haben jeweils unterschiedliche Methoden gefunden, um mit dem Andrang umzugehen. Am Akademischen Gymnasium wurde heuer besagter Kick-off-Tag eingeführt. Dieser solle vor allem den Eltern zur Orientierung dienen, sagt Direktor Klaus Schneider. „Das hat eine beratende Funktion, Tests sind das nicht.“Sollte jemand keinen guten Eindruck hinterlassen haben, spreche man mit den Eltern noch einmal über die Schulauswahl. Anmelden dürfe man sich aber dennoch. Bei der Auswahl gehe er dann genau nach den gesetzlichen Kriterien vor, sagt Schneider. „Bei uns ist das so: Wenn jemand ein Geschwisterkind
„Die Aufnahme an den Gymnasien ist rechtskonform durchzuführen.“Rudolf Mair, Bildungsdirektor (Bild: SN/RATZER)
hat, kann das einen Zweier im Zeugnis aufwiegen.“Bei den Europaklassen gebe es eine Eignungsfeststellung, die auch bei der Aufnahme stärker ins Gewicht falle. Heuer habe er nur Einserschüler oder Schüler mit Geschwisterkindern aufgenommen.
Das BRG Akademiestraße veranstaltet vor der offiziellen An
meldung eine Eignungsberatung, bei der Stationen durchlaufen werden. Die Mutter eines Buben bekam bereits Anfang März ein E-Mail, in dem mitgeteilt wurde, dass das Kind einen guten Eindruck hinterlassen habe und man ihm im Falle einer Anmeldung einen Platz in einer Schwerpunktklasse zuweisen werde. Es handle sich dabei lediglich um eine Reservierungszusage, sagt Direktor Johannes Schiendorfer. Prinzipiell könne man sich an seiner Schule auch ohne Eignungsberatung anmelden, diese sei kein Aufnahmetest. Eine Handvoll der 130 angemeldeten Schüler sei bei der Beratung auch negativ gewesen, aber trotzdem genommen worden, sagt Schiendorfer.
In der Bildungsdirektion sieht man das Vorgehen der Schulen auch kritisch. Es habe in diesem Jahr schon die eine oder andere Beschwerde über die Aufnahmeverfahren gegeben, sagt Bildungsdirektor Rudolf Mair. Dazu habe es bereits ein Gespräch mit der Arge der Schuldirektoren gegeben. „Wir haben die Direktoren daran erinnert, dass die Verfahren
rechtskonform durchzuführen sind, und ich gehe davon aus, dass das auch passiert.“Für das kommende Schuljahr wünsche er sich einheitliche Verfahren in den Schulen. Eine Schwierigkeit sei, dass die gesetzlichen Regeln für die drei Privatschulen (Borromäum, PG Liefering, Ursulinen) in der Stadt Salzburg nicht gelten. Diese würden bereits vor dem Stichtag im März Plätze zuweisen. „Wir werden versuchen, auch die Privatschulen einzubinden“, sagt Bildungsdirektor Mair.
Auch BRG-Direktor Johannes Schiendorfer wünscht sich ein einheitliches System bei der Aufnahme. „Da würde mir das Herz aufgehen“, sagt er. Er stelle sich etwa ein standardisiertes Testverfahren in der dritten Klasse Volksschule vor.
Die Mutter der abgewiesenen Einserschülerin wurde jedenfalls auf die Sprengelmittelschule verwiesen – eine der Brennpunktschulen in der Stadt Salzburg. Sie hofft aber noch auf einen Gymnasiumsplatz: Wegen des großen Andrangs wurde noch eine Klasse am BG Nonntal geöffnet.