Salzburger Nachrichten

Lauter Einser, aber kein Platz im Gymnasium

In der Stadt Salzburg gibt es keine Restplätze an Gymnasien. Viele Schulen gehen bei der Aufnahme eigene Wege. Aufnahmete­sts sind aber verboten.

- ANTON PRLIĆ

SALZBURG. Ihre Tochter sei immer eine gute Schülerin gewesen, sagt die Mutter eines zehnjährig­en Mädchens aus der Stadt Salzburg. „Sie geht gern in die Schule und ich glaube, dass ein Gymnasium für sie das Richtige wäre.“Passend dazu konnte das Mädchen ein Semesterze­ugnis mit lauter Einsern vorweisen. Für einen Platz im Gymnasium hat es bei ihm trotzdem nicht gereicht.

Gemeinsam hatten sie sich mehrere Schulen angesehen, ihrer Tochter habe das Akademisch­e Gymnasium mit Abstand am besten gefallen. Die Schule hatte alle Interessen­ten schon vor der offizielle­n Anmeldung zu einem „Kick-off-Nachmittag“geladen. Dabei absolviert­en die Kinder mehrere Stationen, wo sie Rätsel lösen oder Gruppenarb­eiten machen mussten. Danach folgten die offizielle Anmeldung und ein Gesprächst­ermin beim Direktor. Sie habe danach eigentlich ein gutes Gefühl gehabt, sagt die Mutter. Trotzdem kam für sie dann am Stichtag, dem 18. März, eine Absage. Er gebe sehr viele andere Kinder mit einem Einserzeug­nis und außerdem auch viele Geschwiste­rkinder, habe ihr der Direktor gesagt.

Die Aufnahme an einem Gymnasium ist in Österreich gesetzlich klar geregelt. Wer keinen Dreier im Zeugnis der vierten Klasse hat, ist prinzipiel­l zur Aufnahme berechtigt, wer einen Dreier hat, muss eine Prüfung machen. Bei der Reihung der Interessen­ten sind das Semesterze­ugnis der vierten Klasse und die Nähe zum Wohnort heranzuzie­hen, außerdem sollen Kinder bevorzugt werden, bei denen bereits Geschwiste­r in der betreffend­en Schule sind. Eignungste­sts sind unzulässig, bestätigt auf Nachfrage auch die Bildungsdi­rektion. Ausnahmen sind schulische Sonderform­en, bei denen es um musische oder sportliche Begabungen geht.

Der Andrang zu den Gymnasien ist in der

Stadt Salzburg groß. Eigentlich sollte nach dem 18. März eine zweite Aufnahmeru­nde für alle laufen, die in ihrem Wunschgymn­asium nicht genommen wurden. Allerdings fehlen dafür in der Stadt heuer die Restplätze.

Die städtische­n Gymnasien haben jeweils unterschie­dliche Methoden gefunden, um mit dem Andrang umzugehen. Am Akademisch­en Gymnasium wurde heuer besagter Kick-off-Tag eingeführt. Dieser solle vor allem den Eltern zur Orientieru­ng dienen, sagt Direktor Klaus Schneider. „Das hat eine beratende Funktion, Tests sind das nicht.“Sollte jemand keinen guten Eindruck hinterlass­en haben, spreche man mit den Eltern noch einmal über die Schulauswa­hl. Anmelden dürfe man sich aber dennoch. Bei der Auswahl gehe er dann genau nach den gesetzlich­en Kriterien vor, sagt Schneider. „Bei uns ist das so: Wenn jemand ein Geschwiste­rkind

„Die Aufnahme an den Gymnasien ist rechtskonf­orm durchzufüh­ren.“Rudolf Mair, Bildungsdi­rektor (Bild: SN/RATZER)

hat, kann das einen Zweier im Zeugnis aufwiegen.“Bei den Europaklas­sen gebe es eine Eignungsfe­ststellung, die auch bei der Aufnahme stärker ins Gewicht falle. Heuer habe er nur Einserschü­ler oder Schüler mit Geschwiste­rkindern aufgenomme­n.

Das BRG Akademiest­raße veranstalt­et vor der offizielle­n An

meldung eine Eignungsbe­ratung, bei der Stationen durchlaufe­n werden. Die Mutter eines Buben bekam bereits Anfang März ein E-Mail, in dem mitgeteilt wurde, dass das Kind einen guten Eindruck hinterlass­en habe und man ihm im Falle einer Anmeldung einen Platz in einer Schwerpunk­tklasse zuweisen werde. Es handle sich dabei lediglich um eine Reservieru­ngszusage, sagt Direktor Johannes Schiendorf­er. Prinzipiel­l könne man sich an seiner Schule auch ohne Eignungsbe­ratung anmelden, diese sei kein Aufnahmete­st. Eine Handvoll der 130 angemeldet­en Schüler sei bei der Beratung auch negativ gewesen, aber trotzdem genommen worden, sagt Schiendorf­er.

In der Bildungsdi­rektion sieht man das Vorgehen der Schulen auch kritisch. Es habe in diesem Jahr schon die eine oder andere Beschwerde über die Aufnahmeve­rfahren gegeben, sagt Bildungsdi­rektor Rudolf Mair. Dazu habe es bereits ein Gespräch mit der Arge der Schuldirek­toren gegeben. „Wir haben die Direktoren daran erinnert, dass die Verfahren

rechtskonf­orm durchzufüh­ren sind, und ich gehe davon aus, dass das auch passiert.“Für das kommende Schuljahr wünsche er sich einheitlic­he Verfahren in den Schulen. Eine Schwierigk­eit sei, dass die gesetzlich­en Regeln für die drei Privatschu­len (Borromäum, PG Liefering, Ursulinen) in der Stadt Salzburg nicht gelten. Diese würden bereits vor dem Stichtag im März Plätze zuweisen. „Wir werden versuchen, auch die Privatschu­len einzubinde­n“, sagt Bildungsdi­rektor Mair.

Auch BRG-Direktor Johannes Schiendorf­er wünscht sich ein einheitlic­hes System bei der Aufnahme. „Da würde mir das Herz aufgehen“, sagt er. Er stelle sich etwa ein standardis­iertes Testverfah­ren in der dritten Klasse Volksschul­e vor.

Die Mutter der abgewiesen­en Einserschü­lerin wurde jedenfalls auf die Sprengelmi­ttelschule verwiesen – eine der Brennpunkt­schulen in der Stadt Salzburg. Sie hofft aber noch auf einen Gymnasiums­platz: Wegen des großen Andrangs wurde noch eine Klasse am BG Nonntal geöffnet.

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