Kroatien ohne rosarote Sonnenbrille betrachtet
Tausende Österreicherinnen und Österreicher wird es in den kommenden Monaten wieder an die Adria nach Kroatien ziehen. Und egal, ob Camping, Hotel oder Airbnb: Die Ortstaxe ist Pflicht. Aber wen finanzieren wir damit? Regierende, die seit Erlangung der Unabhängigkeit von Jugoslawien 1991 erstaunlich viel weitergebracht haben? Oder eine korrupte Elite? Die Antwort lautet: beide.
Die Parlamentswahl am Mittwoch hat den Fokus auf die vielen Missstände in Kroatien gelenkt. Wenn er die aktuelle Regierung ablöse, würden „90 Prozent des Korruptionsproblems ein für alle Mal verschwinden“, verkündete Staatspräsident Zoran Milanović. Er will nächster Premierminister werden. Tatsächlich ist die Amtszeit von seinem Erzfeind, Premier Andrej Plenković, gezeichnet von Skandalen um EU-Gelder und Postenschacher.
Allerdings: Milanović bietet kaum Alternativen dazu. Dafür eine enge Verbindung zu Russland, Balkan-Nationalismus und nicht weniger Vetternwirtschaft. Das lässt zweifeln, ob das jüngste EU-Land in der Union angekommen ist.
Mit unseren Urlaubseuros finanzieren wir nicht nur die Aufhübschung unseres geliebten Dubrovniks, Rijekas oder Lošinjs. Sondern auch den ein oder anderen Politclown in Zagreb. Jene, die sich im Wahlkampf „Gangster“und „primitiv“schimpften. Und jene, die eine eigentlich edle demokratische Übung in eine Clownsshow verwandelt haben.
Aber bittere Wahrheit ist auch: Was den Schritt Richtung Nationalismus und unlautere Regierungsführung angeht, liegt Kroatien gar nicht so weit von der EU-Mitte entfernt. Auch Österreich und andere Nachbarländer mussten sich in den vergangenen Jahren – und müssen sich in den kommenden Jahren – auf Politiker à la Donald Trump oder Viktor Orbán einstellen. Von daher: Auf nach Kroatien, in ein durch und durch europäisches Land!