Salzburger Nachrichten

Kroatien ohne rosarote Sonnenbril­le betrachtet

- Markus Schönherr AUSSEN@SN.AT

Tausende Österreich­erinnen und Österreich­er wird es in den kommenden Monaten wieder an die Adria nach Kroatien ziehen. Und egal, ob Camping, Hotel oder Airbnb: Die Ortstaxe ist Pflicht. Aber wen finanziere­n wir damit? Regierende, die seit Erlangung der Unabhängig­keit von Jugoslawie­n 1991 erstaunlic­h viel weitergebr­acht haben? Oder eine korrupte Elite? Die Antwort lautet: beide.

Die Parlaments­wahl am Mittwoch hat den Fokus auf die vielen Missstände in Kroatien gelenkt. Wenn er die aktuelle Regierung ablöse, würden „90 Prozent des Korruption­sproblems ein für alle Mal verschwind­en“, verkündete Staatspräs­ident Zoran Milanović. Er will nächster Premiermin­ister werden. Tatsächlic­h ist die Amtszeit von seinem Erzfeind, Premier Andrej Plenković, gezeichnet von Skandalen um EU-Gelder und Postenscha­cher.

Allerdings: Milanović bietet kaum Alternativ­en dazu. Dafür eine enge Verbindung zu Russland, Balkan-Nationalis­mus und nicht weniger Vetternwir­tschaft. Das lässt zweifeln, ob das jüngste EU-Land in der Union angekommen ist.

Mit unseren Urlaubseur­os finanziere­n wir nicht nur die Aufhübschu­ng unseres geliebten Dubrovniks, Rijekas oder Lošinjs. Sondern auch den ein oder anderen Politclown in Zagreb. Jene, die sich im Wahlkampf „Gangster“und „primitiv“schimpften. Und jene, die eine eigentlich edle demokratis­che Übung in eine Clownsshow verwandelt haben.

Aber bittere Wahrheit ist auch: Was den Schritt Richtung Nationalis­mus und unlautere Regierungs­führung angeht, liegt Kroatien gar nicht so weit von der EU-Mitte entfernt. Auch Österreich und andere Nachbarlän­der mussten sich in den vergangene­n Jahren – und müssen sich in den kommenden Jahren – auf Politiker à la Donald Trump oder Viktor Orbán einstellen. Von daher: Auf nach Kroatien, in ein durch und durch europäisch­es Land!

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