Es prickeln die Piwis
Die Weingärten am Kaiserstuhl in Baden-Württemberg liegen terrassenförmig auf einem ehemaligen Vulkan mit vielen Kratern. Philipp Rottmann ist Gründer des Piwi Kollektivs, das Kürzel steht für „pilzwiderstandsfähig“. Er vergleicht die Gegend mit Reisfeldern in Bali oder Indonesien. Außerdem sei es die wärmste Region Deutschlands, also jene mit den meisten Sonnenstunden.
Die Gegend ist kleinstrukturiert. 84 Prozent arbeiten als Minibetriebe im Nebenerwerb. „Ein Stückle Grauburgunder, das der Lehrer und der Schreiner am Wochenende bewirtschaften“, sagt Rottmann. Er selbst kommt aus dem Start-up-Bereich, wollte als Hobbywinzer Schaumwein machen und lernte den Biowinzer Martin Schmidt kennen. Gemeinsam gründeten sie das Piwi Kollektiv mit großen Zielen: mehr bio, weniger Pestizide und die Kleinteiligkeit erhalten. Denn von den Nebenerwerbswinzern geben mehr und mehr auf. „Die Jungen haben keinen Bock, am Samstag noch im Weingarten zu arbeiten“, erläutert Rottmann. Zudem wird der Auszahlungspreis pro Kilo niedriger und das Klima herausfordernder: viel
Sonne, Hitze, trotzdem Niederschlag, ergo Pilzproblem. Einen Teil der Lösung liefert das nahe Freiburger Weinbauinstitut. Es ist führend in der Zucht bei Souvignier gris, Muscaris und Co. Diese pilzwiderstandsfähigen Sorten sind weniger arbeitsaufwendig, weil sie weniger gespritzt werden müssen. Sie eignen sich daher optimal für die biologische Bewirtschaftung. „Wir begleiten Erzeugerinnen bei der Umstrukturierung auf Piwis und sparen somit bis zu 80 Prozent an Pflanzenschutz“, erzählt mir Rottmann. Bio-Förderung gebe es erst ab einer Betriebsgröße von einem Hektar. Die meisten besitzen nur einen halben Hektar, vielen seien Kosten und Aufwand einer Umstellung zu hoch. Piwi Kollektiv pachtet als Fördergemeinschaft die Flächen, erledigt die Zertifizierung und verarbeitet die Piwi-Trauben, die rund 20 Kleinbauern liefern, zu frischem, eleganten Sprudel, Pardon, Crémant (das Elsass ist nicht weit weg). Solche Initiativen und Schaumwein aus Piwis: unverständlich, dass es das nicht öfter gibt!