Wie Jäger Kitze vor dem Tod retten wollen
Jedes Jahr sterben im Bundesland Salzburg 2500 Rehkitze bei der Mahd. Bei der Kitzrettung setzen Jäger in Wals heuer auf den Einsatz einer Drohne.
WALS-SIEZENHEIM. Genaue Zahlen gibt es nicht, denn wenn Rehkitze unter das Mähwerk kommen, bleibt das unbemerkt. Der Landwirt hat keine Chance, das Tier beim Mähen zu entdecken, denn sein Instinkt sagt ihm, sich möglichst regungslos ins Gras zu ducken. Österreichweit dürfte dieses tödliche Schicksal jährlich 25.000 Kitze treffen, salzburgweit 2500 Tiere, schätzt Georg Brötzner, der Jagdleiter in WalsSiezenheim. Auch in seiner Gemeinde bleiben im hohen Gras abgelegte Rehkitze immer wieder unentdeckt und geraten unter das Mähwerk. „38 waren es im Vorjahr“, sagt Hegemeister Martin Hasenöhrl. Ihm und seinen Jagdkollegen geht es darum, das damit verbundene Tierleid zu verhindern – jenes der Kitze, die einen grausamen Tod sterben, und jenes von deren Müttern, den Rehgeißen. Denn die würden tagelang nach ihren im hohen Gras abgelegten Kitzen suchen.
Bisher haben die 50 Jäger und 30 Raubwildjäger im rund 2000
Hektar großen Gemeindejagdgebiet von Wals-Siezenheim auf traditionelle Methoden zur Kitzrettung gesetzt. Das sind einerseits Vergrämungsmaßnahmen, die verhindern sollen, dass eine Rehgeiß ihr Kitz überhaupt in einem bestimmten Umfeld absetzt, andererseits das Durchkämmen der Wiesen vor Beginn der Mahd.
Für heuer haben die Jäger – mit Unterstützung der Gemeinde und privater Sponsoren – eine Drohne samt Wärmebildkamera angeschafft. Die Kitzrettung per Drohne gilt als effektiver, die Jäger hoffen, damit mehr Kitze retten zu können, als das bisher möglich war. „Wir haben drei Ersatzakkus angeschafft, denn mit einem kann man nur etwa 35 Minuten lang fliegen. Und wenn dann mehrere Bauern gleichzeitig mähen wollen, dann soll uns nicht der Saft ausgehen“, sagt Franz Hasenöhrl. Er und sein
Sohn Felix Hasenöhrl haben den Drohnenführerschein absolviert und zeigen beim Lokalaugenschein mit Bürgermeister Andreas Hasenöhrl, wie die Kitzrettung per Drohne funktionieren soll – wenn es dann so weit ist.
Bevor es losgeht, kontaktiert Franz Hasenöhrl die Austro Control. Wals-Siezenheim liegt in der Flughafen-Sicherheitszone. Die rund ein Kilo schwere Drohne darf nur nach vorheriger Freigabe starten und eine Flughöhe von 30 Metern nicht übersteigen. Sein Sohn Felix packt währenddessen die Drohne aus und macht
sie auf einer mitgebrachten Spanplatte startklar. Nach dem Okay der Austro Control geht es los. Felix Hasenöhrl lässt das Hightech-Gerät aufsteigen. „Es gibt drei Fluggeschwindigkeiten, wobei wir zur Kitzrettung den Langsamflugmodus wählen werden“, erklärt Franz Hasenöhrl. Auf dem Display sieht er neben dem normalen Kamerabild auch eines aus der Wärmebildkamera. Die Drohnenpiloten und ihre Begleiter heben sich aufgrund ihrer Körpertemperatur farblich deutlich von der Umgebung ab. Etwa zehn Übungsflüge haben die beiden Drohnenpiloten bereits absolviert. „Begonnen haben wir mit einer Flasche, die wir mit heißem Wasser gefüllt haben“, schildert Franz Hasenöhrl. „Wir haben auch Flüge gemacht, bei denen wir Hasen im Feld ausgemacht haben – weil die Rehkitze sind ja noch nicht da“, erklärt Felix Hasenöhrl.
Üblicherweise kommen sie im Mai auf die Welt – wobei das auch von der Vegetation abhängt. „Im Dezember und Jänner tritt eine
Eiruhe bei den trächtigen Rehgeißen ein. Das heißt, die Schwangerschaft bleibt quasi stehen – und je früher die Vegetation dann dran ist, umso früher geht die Eiruhe zu Ende und umso früher kommen die Kitze auf die Welt“, erklärt Georg Brötzner.
Eine Herausforderung werden auch die zunehmend höheren Temperaturen. Denn wenn die Sonne erst einmal richtig vom Himmel strahlt, dann erwärmt sich auch die Umgebung so sehr, dass es immer schwieriger wird, lebende Tiere mittels Wärmebildkamera zu erkennen. Die Drohnenflüge zur Kitzrettung werden daher in den frühen Morgenstunden stattfinden – etwa von fünf bis neun Uhr. „Wir sind natürlich auf die Zusammenarbeit mit den Landwirten angewiesen und hoffen, dass sie uns möglichst rechtzeitig verständigen“, sagt Georg Brötzner. Er ist selbst Landwirt und weiß, dass die Entscheidung, ob und wann gemäht wird, aufgrund des oft wechselhaften Wetters häufig sehr kurzfristig getroffen werden muss. Und dass dann wahrscheinlich alle oder viele Landwirte gleichzeitig mähen wollen.
Bei der Kitzrettung braucht es dann nicht nur einen Drohnenpiloten, sondern auch Helfer, die die gefundenen Rehkitze dann fachgerecht – das heißt mit Handschuhen oder Grasbü
„Jedes einzelne Kitz, das gerettet werden kann, ist ein Erfolg.“Georg Brötzner, Jagdleiter (Bild: SN/SCHENKER)
scheln – anfassen und in vorbereitete Kisten setzen. Und die Tiere, sobald fertig gemäht ist, wieder zurücksetzen, wo die Rehgeißen sie dann wieder finden.