Der Papst unter Frauen im Gefängnis
Besuch und warnende Wort bei der Biennale: Als erster Papst reiste Franziskus nach Venedig.
Papst Franziskus hat davor gewarnt, die Kunst allein den Gesetzen des Marktes zu überlassen. „Gewiss, der Markt fördert und kanonisiert, aber es besteht immer das Risiko, dass er die Kreativität ,vampirisiert‘, die Unschuld raubt und am Ende kalt entscheidet, was zu tun ist“, sagte das Oberhaupt der katholischen Kirche am Sonntag bei der 60. Ausgabe der Kunstbiennale in Venedig bei einer Ansprache vor Künstlern.
Es war das erste Mal, dass ein Papst die Biennale besuchte, die alle zwei Jahre Hunderttausende Besucher aus aller Welt anzieht.
Zuvor war der Papst auf der venezianischen Insel Giudecca
mit rund 80 Gefangenen zusammengetroffen. Dort befindet sich der Pavillon des Vatikans für die Kunstbiennale, den der 63-jährige Künstler Maurizio Cattelan gestaltete. Der Pavillon ist nicht – wie andere Länderpavillons außerhalb der Giardini – in einem ehrwürdigen Pa
lazzo angesiedelt, sondern im Frauengefängnis auf der Insel Giudecca.
Die auf der Giudecca gezeigten Kunstwerke waren im Dialog mit den gefangenen Frauen entstanden. Die vom Vatikan beauftragten Künstler hatten sich bemüht, deren Realität einem Publikum begreifbar zu machen, das noch nie in einer Haftanstalt war. „Con i miei occhi“(„Mit meinen Augen“) heißt der Pavillon. Er kann per Voranmeldung im Internet besucht werden.
Der Papst hat bei seinem Besuch auch auf das Problem der Überfüllung vieler Haftanstalten hingewiesen. Zugleich betonte er die Chancen, die die Haft für einen Neuanfang biete. „Paradoxerweise kann der Aufenthalt in einem Gefängnis den Beginn von etwas Neuem darstellen, die Wiederentdeckung ungeahnter Schönheiten in uns und den anderen, wie es das künstlerische Ereignis symbolisiert, das ihr beherbergt und zu dessen Projekt ihr aktiv beitragt“, sagte der 87-jährige Papst.