Österreich sagt illegalen Wildtierjägern den Kampf an
Gemeinsam mit Deutschland will man bis 2028 gegen Wildtierkriminalität systematisch vorgehen. Tierschützer, Wissenschaft und Polizei aus beiden Ländern erwartet keine leichte Aufgabe.
Mehr als 1600 Fälle illegaler Greifvogelverfolgung wurden seit 2005 in Deutschland nachgewiesen. 13 Luchse – ein Zehntel des Bestandes im Nachbarland – gelten als verschwunden. Dazu kommen 79 illegal erlegte Wölfe seit dem Jahr 2000. Die Zahlen stammen vom WWF. Dieser weist auch für Österreich mehr als 200 getötete Wildvögel sowie 16 streng geschützte Säugetiere aus, die zwischen 2016 und 2022 Opfer illegaler Verfolgung wurden. Die Dunkelziffer dürfte weit höher liegen. Denn viele Fälle bleiben nach wie vor unentdeckt. Oder werden nicht gemeldet.
Ein grenzüberschreitendes EULife-Projekt, das bis 2028 läuft und unter dem Begriff „wildLIFEcrime“firmiert, soll diesen Zustand deutlich verbessern. Tierschutzorganisationen, Universitäten, Institute und Polizei aus beiden Ländern arbeiten dabei Hand in Hand. Das Projektteam setzt sich aus dem WWF Deutschland, WWF Österreich, BirdLife Österreich, Universität Bremen, Polizeipräsidium Niederbayern, Polizeipräsidium Oberpfalz, österreichischem Bundeskriminalamt, Leibniz-Institut für Zoound Wildtierforschung, Veterinärmedizinischer Universität Wien, Ökobüro – Allianz der Umweltbewegung, Luchs Bayern e. V., dem Komitee gegen den Vogelmord e. V. sowie dem Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr Nordrhein-Westfalen zusammen.
Leicht dürfte es allerdings nicht werden, mehr Tätern als bisher das Handwerk zu legen, erklärt Chefinspektor Karl Frauenberger, Leiter der Abteilung Umweltkriminalität im Bundeskriminalamt. Ausgeforschte Verdächtige waren bislang eher die Ausnahme. Verurteilungen gab es kaum eine Handvoll. „Wir haben europaweit ein großes Zahlenproblem. Strafrechtliche Delikte sind in diesem Bereich kaum darstellbar.“
Hierzulande gelten Ober- und Niederösterreich (Hotspot: Weinviertel) sowie das nördliche Burgenland (besonders der Seewinkel) als
Schwerpunktgebiet umweltkriminalistischer Arbeit. Vor allem, was die Vergiftung von Greifvögeln betrifft. Angaben der Organisation BirdLife zufolge wurden rund um den Jahreswechsel 2023/24 im Bezirk Grieskirchen (OÖ) zwei Mäusebussarde und im Bezirk Neusiedl am See (B) ein Seeadler vergiftet. Chefinspektor Frauenberger will zusätzlich auch Kärnten unter die Lupe nehmen: „In Slowenien und Italien hat die Jägerschaft die Wiederansiedlung von Luchsen initiiert. Sobald die ausgewilderten Tiere aber nach Kärnten kommen, werden sie abgeschossen. Das finde ich unglaublich.“
Was erschwerend hinzukommt: Die Personaldecke bei der Polizei ist nicht allzu dick. Insgesamt stehen in neun Bundesländern 28 Ermittlungsbeamte in den Landeskriminalämtern für den Bereich Umweltkriminalität zur Verfügung. Hinzu kommen rund 400 sogenannte umweltkundige Organe. Das sind Streifenpolizisten, die sich nebst ihren üblichen Tätigkeiten auch um Umweltdelikte kümmern. Frauenberger und sein langjähriger Kollege Klaus Lipp haben im Vorjahr zwei Kolleginnen dazubekommen. „Darüber bin ich sehr froh. Ich würde sie am liebsten nie wieder hergeben“, sagt Frauenberger. Ob er das kann, ist aber ungewiss. Denn die beiden sind dienstzugeteilt – und fehlen somit auf einem Polizeiposten.
Nächstes Manko: Es gibt in ganz Österreich nur einen einzigen Hund, der auf das Aufspüren von Wildtierkadavern und Giftködern spezialisiert ist. „Die Polizei hat leider keinen“, sagt Frauenberger. Man borgt sich den Vierbeiner vom FIWI, dem Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie. Dieser sei bereits fix in das Life-Projekt integriert und werde bei jedem Fall mit von der Partie sein. Die Finanzierung sei gesichert. Dabei wären mehrere solcher Hunde vor allem in puncto Prävention von großer Bedeutung. Stichwort: Präsenz zeigen. Vor allem im flachen Land könnten nicht anlassbezogene Polizeistreifen abschreckende Wirkung zeigen.
Was in den kommenden vier Jahren besonders wichtig sei: „Gemischte Workshops, in denen Vertreter der Regionen, Landesorgane und natürlich auch die Jägerschaft zusammenkommen“, sagt Umweltkriminalist Karl Frauenberger. „Es geht vor allem darum, das Bewusstsein zu schärfen. Damit Wildtieren erst gar nicht nachgestellt wird.“
„Bewusstsein muss geschärft werden.“Karl Frauenberger, Bundeskriminalamt