18. Dem tschechischen Sport „zdar“!
Immer wenn ich nachmittags Markéta im Hausflur treffe, sie die und hat keine Zeit anzuhalten. „Ich muss Lukáš vom Chor abholen,“ruft sie, bevor sie verschwindet. An anderen Tagen hat ihr Sohn Fußball, Schach, Fechten und weitere Aktivitäten nach der Schule, die Markéta als „kroužky“bezeichnet. In Deutschland nennt man sie Arbeitsgemeinschaften oder einfach AGs.
Ich bin beeindruckt, wie gut die Aktivitäten in Tschechien organisiert sind. Man kann sich entweder für AGs im Hort oder für Kurse an der Volkshochschule für Kunst und anderen Institutionen entscheiden. Lukáš hat mindestens eine AG pro Tag, manchmal aber zwei oder drei. Der arme Junge ist ein denke ich heimlich und habe mit ihm Mitleid. „Ist er nicht überfordert?“frage ich Markéta, wenn sie
Pechvogel,
abends mit ihrem erschöpften Sohn „Na ja, aber er muss doch sagt sie etwas entsetzt. Auf ihre Frage, was meine Kinder nach der Schule machen, antworte ich beschämt: „Sie spielen einfach.“Markéta
„Sie gehen nicht einmal in den Sokol?!“
Eine Woche danach ich in einer Turnhalle. Neben mir sehe ich andere ambitionierte Eltern und ihre Kinder. Die Instruktorin ruft „nazdar“und alle antworten im Chor „zdar“. Nur ich bleibe stumm. Ich habe gelesen, dass der 1862 gegründete Turnverein Sokol einer der ältesten Sportvereine Europas ist. Und wenn ich mich umsehe, habe ich tatsächlich den Eindruck, dass die Ausstattung aus dem 19. Jahrhundert stammt. Sprossenwände, Ledermatten und Barren – all das kenne ich aus Schwarzweißfilmen. Der Enthusiasmus der Übungsleiterin ist dagegen ganz frisch. Nach einer Stunde bin ich total fertig. Um Punkt 17 Uhr müssen wir die Turnhalle verlassen. Nach uns turnt hier „die alte Garde“. Eine der Frauen begrüßt mich mit einem schwungvollen „nazdar“. Die Begeisterung in ihren Augen ist ansteckend. „Zdar!“antworte ich souverän.