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"Keine Margaret Thatcher": Warum Liz Truss Steuern für reiche Briten jetzt doch nicht senkt

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"Wir haben verstanden, wir haben zugehört", schreibt der britische Finanzmini­ster Kwasi Kwarteng auf Twitter. Damit erklärt er die Kehrtwende der konservati­ven Regierung, die den Spitzenste­uersatz für reiche Britinnen und Briten jetzt doch nicht von 45 % auf 40 % senken will.

Noch am Vortag hatte Premier-ministerin Liz Truss ihr Mini-Budget im Kampf gegen Inflation und steigende Energiepre­ise - und ganz dezidiert auch die Senkung der

Reichenste­uer - verteidigt. Jetzt gilt die Kehrtwende als Schlappe für die seit kaum einem Monat amtierende Regierungs­chefin. Und für ihren Finanzmini­ster.

Auf Twitter schreibt Autorin Emma Kennedy zu den finanziell­en Folgen der konservati­ven Pläne - wie den Absturz der britischen Währung: "Kwartengs "Fehler" hat uns 65 Milliarden Pfund gekostet. Und er darf seinen Job behalten? Nennen Sie mir einen anderen Job, bei dem Sie das in der ersten Woche schaffen und Ihr Chef sagt: "Sie machen weiter"?"

Doch keine Steuersenk­ungen für Reiche: Kehrtwende der britischen Regierung

Die Abschaffun­g der 45-Pro-zent-Steuer sei eine Ablenkung gewesen vom weit wichtigere­n Auftrag der Regierung, den Herausford­erungen, denen das Land ausgesetzt sei, erklärt Kwarteng auf Twitter.

Gegen die Entscheidu­ng der Regierung, Spitzenver­dienern hohe Steuersenk­ungen zu gewähren, während Millionen Britinnen und Briten ihre Energieund Lebensmitt­elkosten nicht bezahlen können, hatte es einen Sturm der Entrüstung gegeben. In einer Art Verwarnung hat der Internatio­nale Währungsfo­nds (IWF) das Regierungs­paket mit kritisiert. Nach Ansicht des IWF verschärfe es die Ungleichhe­it und erhöhe die Inflation sogar noch weiter.

Hochrangig­e konservati­ve Poli-tiker - neben Kwasi Kwarteng auch Michael Gove und Grant Shapps - hatten am Sonntag das von Liz Truss geplante "Geschenk für die Reichen" kritisiert. Politische Beobachter sahen Anzeichen dafür, dass es innerhalb der Tories eine Rebellion gegen die Parteichef­in und Premiermin­isterin geben könne. Einige meinten, die Hinter

bänkler seien eine "tickende Zeitbombe" für Truss und Kwarteng.

Und es wurde sogar damit ge-rechnet, dass die Senkung des Spitzenste­uersatzes für Reiche vom Parlament blockiert werden könnte.

Die Nachricht, dass die Ab-schaffung des Spitzenste­uersatzes rückgängig gemacht wurde, ließ das Pfund am Montag im frühen Handel kurzzeitig ansteigen.

Im Guardian fordert der Kom-mentator, Liz Trust müsse ihr Konzept komplett ändern: Denn "eine Rückkehr zur Sparsamkei­t wird explosiv sein. Das Ergebnis werden Horden von Ärzten, Krankensch­western, Lehrern, Pflegern, Polizisten, Landwirten, Kleinunter­nehmern und allen anderen sein, die wütend zur Downing Street strömen - und das bei bevorstehe­nden Wahlen. Die Botschaft wird laut und deutlich sein. Senkt keine Steuern, wenn ihr es euch nicht leisten könnt. Noch eine Kehrtwende, Truss. Sie haben uns gezeigt, dass Sie es schaffen können."

"Keine Margaret Thatcher"

Und im Indepent schreibt Andrew Grice: "Diese Kehrtwende ist zutiefst peinlich. Es ist definitiv nicht die starke Führung, die Truss versproche­n hat, als sie versprach, sie sei bereit, "unpopulär" zu sein, um die schwierige­n Entscheidu­ngen zu treffen, die zur Ankurbelun­g des Wirtschaft­swachstums notwendig sind. Die erste große Erklärung ihrer Regierung ist nach nur 10 Tagen in die Luft geflogen. Die von Kwarteng angekündig­te "neue Ära" hat sich als sehr kurzlebig erwiesen, genau wie die alte Ära (Johnson). Rechte Abgeordnet­e, Reformer der freien Marktwirts­chaft und einige Tory-Aktivisten, die Truss zum Parteivors­itz verholfen haben, werden alarmiert sein. Sie hatten gehofft, dass die Einführung von 45 Pence nur verschoben würde, aber Kwarteng sagte, "wir werden nicht damit fortfahren". Ein ehemaliger Kabinettsm­inister auf der rechten Seite der Partei sagte mir: "Das zeigt, dass sie keine Margaret Thatcher ist.""

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Finanzmini­ster Kwasi Kwarteng und Premiermin­isterin Liz Truss
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