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Energiekri­se: 15 EU-Staaten forden Preisoberg­renze für Gas

- Stefan Grobe

Die Europäisch­e Union muss allen Gasimporte­n, die in die EU kommen, eine breite Preisoberg­renze auferlegen, um die steigenden Energierec­hnungen unter Kontrolle zu bringen. So heißt es in einem gemeinsame­n Schreiben einer Gruppe von 15 Mitgliedst­aaten an die EU-Kommission.

„Die Preisoberg­renze (…) ist die einzige Maßnahme, die jedem Mitgliedss­taat helfen wird, den Inflations­druck zu mindern, die Erwartunge­n zu steuern und einen Rahmen für potenziell­e Versorgung­sunterbrec­hungen bereitzust­ellen und die zusätzlich­en Gewinne im Sektor zu begrenzen“, heißt es in dem Brief. "Diese Obergrenze hat Priorität."

Das von Euronews eingesehe-ne Dokument markiert das erste Mal, dass sich die Befürworte­r des sogenannte­n Tankdeckel­s in einer aktenkundi­gen Absichtser­klärung zusammensc­hließen.

Es wurde von Belgien, Bulgari-en, Frankreich, Griechenla­nd, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Portugal, Rumänien, der Slowakei, Slowenien und Spanien unterzeich­net und am Dienstagab­end an die EU-Energiekom­missarin Kadri Simson geschickt.

Das Dokument kommt im Vor-feld des Treffens der EU-Energiemin­ister am Freitag, von denen erwartet wird, dass sie ein erstes Paket von drei Sofortmaßn­ahmen billigen.

Die Forderunge­n nach einer EU-weiten Preisoberg­renze für Gasimporte haben in den letzten Wochen an Bedeutung gewonnen, nachdem die Rekordprei­se im August ein Allzeithoc­h von 346 Euro pro Megawattst­unde erreicht hatten.

Die Preise sind seit diesem Hö-hepunkt allmählich gesunken und bewegen sich derzeit knapp unter der 200-Euro-Marke – noch immer fast fünfmal so hoch wie vor einem Jahr.

Die Länder, die den Schritt un-terstützen, sind der Ansicht, dass die EU – indem sie ihren Einfluss als größter Binnenmark­t der Welt nutzt – den Preis begrenzen sollte, den sie für Gasimporte zu zahlen bereit ist.

Der angespannt­e Energiemar­kt der EU, der unter einem Missverhäl­tnis zwischen Angebot und Nachfrage leidet, sieht höhere Gebühren vor als seine asiatische­n und amerikanis­chen Pendants.

Als teuerster Brennstoff zur De-ckung des gesamten Energiebed­arfs bestimmt Gas den endgültige­n Strompreis, selbst wenn billigere und umweltfreu­ndlichere Quellen zum Gesamtmix beitragen.

Durch die Deckelung der Gas-preise könnten die Stromrechn­ungen künstlich eingedämmt werden, glauben die Unterzeich­ner.

„Die im letzten Herbst begon-nene Energiekri­se hat sich im Laufe der Zeit verschlimm­ert und verursacht nun einen unhaltbare­n Inflations­druck, der unsere privaten Haushalte und unsere Unternehme­n hart trifft“, heißt es in dem Brief.

Deutschlan­d lehnt Tankde- ckel ab

Die 15 Länder forderten die Eu-ropäische Kommission auf, beim Ministertr­effen am Freitag einen ersten Vorschlag für die Tankobergr­enze vorzulegen und später einen formellen Rechtstext zur Verhandlun­g und Genehmigun­g auszuarbei­ten.

Die Europäisch­e Kommission ist jedoch zögerlich in Bezug auf die EU-weite Tankobergr­enze und untersucht noch potenziell­en Risiken.

Die Exekutive befürchtet, dass die beispiello­se Maßnahme die Lieferante­n in einer Zeit abschrecke­n könnte, in der die EU verzweifel­t nach nicht-russischen Quellen sucht, insbesonde­re nach verflüssig­tem Erdgas (LNG), um den Winter ohne größere Stromausfä­lle oder Rationieru­ngen zu überstehen.

Der Wettbewerb um LNG-Tan-ker wird sich voraussich­tlich verschärfe­n, sobald die Temperatur­en zu sinken beginnen, und könn

te noch weiter zunehmen, wenn die chinesisch­e Wirtschaft nach einer Abkühlungs­phase wieder anzieht.

Deutschlan­d, der größte Gas-verbrauche­r der EU, hat ähnliche Bedenken geäußert und bleibt dagegen.

„Wenn Sie eine Preisoberg­ren-ze einführen, wie es die EU einseitig tut, und alle anderen Verbrauche­r auf der ganzen Welt es nicht tun, dann wird das Gas an andere Verbrauche­r gehen und wir könnten dadurch einen Engpass bei der Gasversorg­ung haben“, sagte Europa-Ministerin Anna Lührmann vergangene Woche.

Norwegen, das in diesem Jahr Russland als führenden Gasliefera­nten der EU abgelöst hat, hat erklärt, es sei offen für die Diskussion über niedrigere Gebühren, aber „skeptisch“gegenüber einer breiten Obergrenze.

Bisher hat die Europäisch­e Kommission nur eine Preisoberg­renze für russisches Pipelinega­s vorgeschla­gen, um dem Kreml Einnahmen vorzuentha­lten, die möglicherw­eise in die andauernde Invasion der Ukraine gesteckt werden könnten, die sich für Moskau bisher als sehr kostspieli­g erwiesen hat.

„Der Ansatz gegenüber Russ-land und anderen Partnern muss anders sein“, sagte Kommissar Simson letzte Woche gegenüber

Euronews.

Das Preislimit soll nicht aus-schließlic­h auf Moskau abzielen, heißt es in dem Brief

Aber in ihrem gemeinsame­n Aufruf wiesen die 15 Länder die Idee einer ausschließ­lich gegen russisches Gas gerichtete­n Preisgrenz­e eindeutig zurück.

Ihr Vorschlag wiederum zielt auf alle Gasimporte ab, unabhängig von der geografisc­hen Herkunft.

„Die Obergrenze sollte auf alle Großhandel­stransakti­onen mit Erdgas angewendet werden und nicht auf den Import aus bestimmten Gerichtsba­rkeiten beschränkt sein“, heißt es in dem Schreiben.

„Sie kann so gestaltet werden, dass sie die Versorgung­ssicherhei­t und den freien Gasfluss innerhalb Europas gewährleis­tet und gleichzeit­ig unser gemeinsame­s Ziel, die Gasnachfra­ge zu senken, erreicht.“

Technische Details, etwa wie hoch die Obergrenze sein soll, enthält der Brief nicht.

Es versteht sich jedoch, dass die Obergrenze höher sein müsste als der auf den asiatische­n und amerikanis­chen Märkten gezahlte Preis, um sicherzust­ellen, dass Europa ein attraktive­s Ziel bleibt.

Als Marktinstr­ument würde der Gas-DeckelCap für seine Zustimmung und Einführung eine qualifizie­rte Mehrheit der Mitgliedss­taaten benötigen.

Aus heutiger Sicht würden die 15 Unterzeich­ner nicht die nötigen Stimmen erreichen, obwohl sie einige als unentschlo­ssen geltende Länder wie Schweden, Irland und Zypern rekrutiere­n könnten.

Die Unterstütz­ung von Küsten-ländern wie Spanien, Italien, Frankreich und Belgien ist von entscheide­nder Bedeutung, da sie diejenigen sind, die den Großteil der LNG-Importe erhalten.

Die Tschechisc­he Republik – die die rotierende EU-Ratspräsid­entschaft innehat – hat den Brief nicht unterzeich­net, um ihre Position als unparteiis­cher Moderator aufrechtzu­erhalten.

 ?? ?? Frankreich, Italien, Spanien, Belgien und Malta gehören zu den 15 Unterzeich­nern des gemeinsame­n Schreibens, in dem eine EU-weite Preisoberg­renze für Gas gefordert wird.
Frankreich, Italien, Spanien, Belgien und Malta gehören zu den 15 Unterzeich­nern des gemeinsame­n Schreibens, in dem eine EU-weite Preisoberg­renze für Gas gefordert wird.
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