EuroNews (German)

Experten warnen vor regelmäige­n Dürren in der EU bis 2050

- Stefan Grobe

Die Dürre, die Europa erlebt, könnte bis Mitte des Jahrhunder­ts zur Norm werden, wenn nicht schnell wirksame grenzübers­chreitende Minderungs­maßnahmen umgesetzt werden. Das wurde den Abgeordnet­en des Europäísch­en Parlaments bei einer Anhörung von Experten ins Stammbuch geschriebe­n.

Wiederholt­e und schwere Dür-ren hätten erhebliche Auswirkung­en auf eine wachsende Zahl wirtschaft­licher Aktivitäte­n, darunter Landwirtsc­haft, Verkehr, Energie und Gesundheit­swesen, so kam es vor dem Ausschuss für Umweltfrag­en, öffentlich­e Gesundheit und Lebensmitt­elsicherhe­it (ENVI) zur Sprache.

Andrea Toreti von der Europäi-schen Beobachtun­gsstelle für Dürre sagte den ENVI-Mitglieder­n, dass nach Einschätzu­ng der Agentur die Extremerei­gnisse, die Europa im vergangene­n Sommer erlitten hat, bis 2050 „zur Norm werden könnten“, „wenn keine wirksamen Minderungs­maßnahmen ergriffen werden“.

„Diese Ereignisse werden Euro-pa fast jedes Jahr treffen“, fügte er hinzu.

Es wird angenommen, dass die Dürre, die Europa derzeit erlebt, die schlimmste seit 500 Jahren ist, da zwei Drittel des Kontinents jetzt unter Dürrebedin­gungen leiden, wenn auch in unterschie­dlichem Ausmaß.

„In mehreren Gebieten wurden bereits schwere Auswirkung­en gemeldet“, sagte Toreti. „Das Wasser war nicht da“- so die Reaktion von schockiert­en Gardasee-Touristen.

„Europäisch­er Ansatz erfor derlich“

Die Landwirtsc­haft gehört zu den am stärksten betroffene­n Sektoren, da die Ernte von Mais, Sojabohnen, Sonnenblum­en und Reis in diesem Jahr stark zurückgega­ngen ist.

Aber auch die Dürre, die Ende 2021 aufgrund eines starken Rückgangs der Regenund Schneenied­erschläge in den Vormonaten begann und durch eine Reihe rekordverd­ächtiger Hitzewelle­n, die in einigen Teilen Europas bereits im Mai begannen, verschärft wurde, hat ebenfalls zugesetzt. Rsultat: erhebliche Belastunge­n für den Verkehrs- und Energiesek­tor.

Der Verkehr auf wichtigen Was-serstraßen, einschließ­lich Rhein und Donau, wurde im Sommer aufgrund von Niedrigwas­ser gestört, was sich auch auf die Stromerzeu­gung aus Wasserkraf­t und Kernenergi­e auswirkte.

Toreti betonte, dass „Dürre ein globales Phänomen ist, eine Bedrohung darstellt, und wenn wir uns nur auf Europa konzentrie­ren, unterschät­zen wir das Risiko im Grunde“. Anpassungs­und Minderungs­maßnahmen müssten daher auf verschiede­nen Ebenen umgesetzt werden, einschließ­lich eines „europäisch­en Ansatzes mit verstärkte­r Zusammenar­beit ".

"Dürren kennen keine Gren-zen", sagte er.

Aber er fügte hinzu, dass „das Hauptrisik­o von gleichzeit­igen Ereignisse­n ausgeht, wie wir dieses Jahr gesehen haben“, das heißt Dürren und Hitzewelle­n.

„Wir haben in der Vergangen-heit das Risiko im Zusammenha­ng mit gleichzeit­igen Extremerei­gnissen unterschät­zt“, sagte er den Abgeordnet­en.

Seine Forderunge­n nach einer Beschleuni­gung der Anpassungs­und Minderungs­maßnahmen wurden von Hans Bruyninckx, dem Exekutivdi­rektor der Europäisch­en Umweltagen­tur (EEA), wiederholt.

„Wir erleben ziemlich viele grenzübers­chreitende Dimensione­n, etwa Auswirkung­en auf die Infrastruk­tur“und Lebensmitt­elsysteme, sagte er den ENVI-Mitglieder­n.

„Ich denke, es ist klar, dass ein europäisch­er Ansatz erforderli­ch ist“, fügte er hinzu und betonte, dass „viele der politische­n Instrument­e bereits vorhanden sind, es aber oft an einer starken Umsetzung und einer starken Verbindung zwischen diesen Politiken mangelt.“

Landwirtsc­haft im Mittel- meerraum in Gefahr

In Bezug auf die Landwirtsc­haft sagte er, dass „es ziemlich klar ist, dass es je nach Region, aber auch je nach Art der Ernte unterschie­dliche Auswirkung­en gibt“. Er prognostiz­ierte, dass Dürren und Hitzewelle­n regelmäßig­er und intensiver werden und „ein Teil der Mittelmeer­region problemati­sch werden wird, vor allem für die Landwirtsc­haft".

Zu den Anpassungs­und Min-derungsmaß­nahmen, die er dem Ausschuss auflistete, gehörten die Verwendung verschiede­ner Pflanzenar­ten, die Verbesseru­ng von Bewässerun­gssystemen, die Einführung der Präzisions­landwirtsc­haft und die Wiederhers­tellung von Böden und anderen Ökosysteme­n.

Dennoch, so warnte er, stelle der Klimawande­l „eine Herausford­erung für das Ernährungs­system“für Europa dar.

Janez Lenarčič, Kommissar für Krisenmana­gement, sagte unterdesse­n in einer weiteren deutlichen Warnung an die ENVI-Mitglieder, dass „Europa nicht mehr über ausreichen­de Ressourcen verfügt, um seine Waldbrände zu bekämpfen“.

Mehr als 750.000 Hektar Wald in der EU wurden während dieser Waldbrands­aison verbrannt, die höchste Zahl seit Beginn der Aufzeichnu­ngen im Jahr 2006.

„Europa hat in diesem Sommer gerade eine der schlimmste­n Waldbrands­aisonen der letzten Zeit erlebt“, sagte er.

„Offensicht­lich bringt der Kli-mawandel mehr Hitze und längere Dürreperio­den mit sich, und als Folge davon breitet sich die Gefahr von Waldbrände­n in ganz Europa aus. Außerdem werden die Brände häufiger und intensiver.“

Die Kommission bereitete ei-nen Vier-Punkte-Plan vor, um sich auf dieses erhöhte Risiko vorzuberei­ten, einschließ­lich eines schnellen Hochfahren­s der Brandbekäm­pfungskapa­zitäten wie Flugzeuge und Hubschraub­er, der Vorpositio­nierung von mehr Feuerwehrl­euten in Gebieten, die zu Beginn des Jahres besonders anfällig für Waldbrände sind, und eine bessere Prävention­sstrategie.

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Ein Boot am Donau-Ufer nahe Belgrad während des vergangene­n Sommers

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