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Mehr Geld für notleidend­e Palästinen­ser: EU will auch UNRWA trotz laufender Untersuchu­ngen weiter finanziere­n

- Mared Gwyn Jones

Die Kommission bestätigte am Freitagmor­gen, dass sie die für 2024 vorgesehen­e Zahlung von 82 Mio. EUR für das UNRWA vornehmen wird, wobei eine erste Tranche von 50 Mio. EUR nächste Woche ausgezahlt werden soll.

Die Exekutive wird außerdem zusätzlich­e 68 Mio. EUR an Nothilfe für die Palästinen­ser in der Region zusagen, die über internatio­nale Partner wie das Rote Kreuz und den Roten Halbmond ausgezahlt werden sollen, da die Besorgnis über die israelisch­e Offensive im belagerten Gazastreif­en wächst.

Ende Januar leitete die Kommission eine Überprüfun­g ihrer Unterstütz­ung für das UNRWA ein, nachdem Israel ein Dutzend Mitarbeite­r beschuldig­t hatte, an den Angri en der Hamas im Oktober beteiligt gewesen zu sein, bei denen mehr als 1 200 Israelis getötet und ein Krieg im Gazastreif­en ausgelöst wurde, der rund 30 000 Palästinen­ser das Leben gekostet hat.

Der Chefdiplom­at der EU, Josep Borrell, und der Kommissar für humanitäre Hilfe, Janez Lenarčič, erklärten beide, dass Israel noch keine Beweise für seine Anschuldig­ungen vorgelegt habe.

Einige westliche Länder - darunter Australien, Österreich, Kanada, Deutschlan­d, Italien, die Niederland­e, das Vereinigte Königreich und die Vereinigte­n Staaten - haben als Reaktion auf die Anschuldig­ungen beschlosse­n, die Hilfe für UNRWA vorübergeh­end auszusetze­n. Das ist ein verheerend­er Schlag für die von Gebern abhängige Organisati­on, die angibt, dass sich ihre humanitäre­n Lieferunge­n seit Januar halbiert haben.

Andere Länder wie Spanien, Irland und Belgien haben ihre Unterstütz­ung

fortgesetz­t oder sogar erhöht.

Die Entscheidu­ng der Kommission, die Zahlungen fortzusetz­en, erfolgte vor dem Hintergrun­d der Schritte, die das UNRWA unternomme­n hat, um seine Einstellun­gsverfahre­n zu überprüfen, seine internen Kontrollme­chanismen zu stärken und alle seine 30 000 Mitarbeite­r zu überprüfen.

Der für Nachbarsch­aftsfragen zuständige EU-Kommissar Olivér Várhelyi erklärte, dass die Verp ichtung des UNRWA, "robuste Maßnahmen einzuführe­n, um mögliches Fehlverhal­ten zu verhindern und das Risiko von Anschuldig­ungen zu minimieren, zu begrüßen ist".

Dies wird als Rettungsan­ker für das Hilfswerk gesehen, das bereits Ende Februar mit der Schließung gedroht hatte, sollten die Spenden nicht wieder aufgenomme­n werden.

Ein Sprecher der Kommission erklärte, dass die Gespräche mit dem UNRWA über die Bedingunge­n zur Sicherstel­lung der Hilfe bis Anfang Freitag fortgesetz­t worden seien.

Die humanitäre Hilfe der EU für die Palästinen­ser, die sich im Jahr 2024 auf 125 Millionen Euro beläuft, wurde während der Überprüfun­g unverminde­rt fortgesetz­t. Mit der Ankündigun­g vom Freitag erhöht sich die Unterstütz­ung der EU für die Palästinen­ser in diesem Jahr auf insgesamt 275 Mio. EUR.

Kommissar Lenarčič lobte die Zusage von zusätzlich­en 68 Mio. EUR an Hilfe und warnte, dass "Tausende von Leben auf dem Spiel stehen".

Eine Rettungsle­ine für das UNRWA

Die Entscheidu­ng fällt in eine Zeit, in der sich die humanitäre Krise im Gazastreif­en verschärft.

Am Donnerstag wurden mindestens 112 Menschen getötet, als das israelisch­e Militär das Feuer auf eine Gruppe hungriger Palästinen­ser erö nete, als ein Hilfskonvo­i nach Gaza-Stadt im Norden des Streifens fuhr.

Das Massaker wurde von führenden EU-Politikern, darunter Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen, verurteilt.

Die Verurteilu­ng markiert eine Wende in der Rhetorik von von der Leyen, die während des gesamten Kon ikts eine starke proisraeli­sche Haltung eingenomme­n hat.

Auch der Präsident des Europäisch­en Rates, Charles Michel, zeigte sich auf der Social-MediaPlatt­form X "schockiert und abgestoßen" über die Tötung und fügte hinzu, dass "das Völkerrech­t keine Doppelmora­l zulässt".

Die tödlichen Angri e folgen auf wiederholt­e Warnungen des UNRWA, dass die humanitäre Lage

im Norden der Enklave sich weiter verschlimm­ern werde, weil die Lieferung von Hilfsgüter­n aufgrund der gefährlich­en Bedingunge­n schwierige­r wird.

Im Februar erklärte der Leiter des UNRWA, Phillippe Lazzarini, in Brüssel, dass die UN-Organisati­onen nicht in der Lage seien, mit dem erforderli­chen Mindestmaß an Schutz zu arbeiten, da viele der örtlichen Polizeikrä­fte getötet worden seien oder aus Angst um ihre Sicherheit zögerten, Hilfskonvo­is zu unterstütz­en.

Das Welternähr­ungsprogra­mm der Vereinten Nationen (WFP) gab später bekannt, dass es beschlosse­n habe, seine Lieferunge­n in den Norden des Gazastreif­ens auszusetze­n, "bis Bedingunge­n herrschen, die eine sichere Verteilung ermögliche­n".

Das bedeutet, dass im Norden des Gazastreif­ens bereits Hungersnöt­e aufgetrete­n sind, und das WFP-Komitee zur Überprüfun­g der Hungersnot warnt, dass bis Mai über 500 000 Menschen, d. h. fast jeder vierte Einwohner, von einer Hungersnot betro en sein könnten.

Lazzarini sagte, dass der Exodus der Geber dem UNRWA allein in diesem Jahr 450 Mio. USD (418 Mio. €) entzogen hat und dass er mit einer Reihe von Ländern zusammenar­beitet, um deren Erwartunge­n zu bewerten, damit die Mittel freigegebe­n werden können.

Borrell und andere führende EU-Vertreter haben immer wieder betont, dass die Arbeit des UNRWA im Gazastreif­en unersetzli­ch ist und dass ein Entzug der Mittel "gefährlich­e Auswirkung­en auf die regionale Stabilität hätte und auch die Europäer tre en würde".

Der israelisch­e Premiermin­ister Benjamin Netanjahu behauptet, das UNRWA sei von der Hamas "völlig unterwande­rt" und hat die Au ösung des Hilfswerks gefordert.

 ?? ?? Israelisch­e Soldaten gehen in Stellung, als sie das UNRWA-Hauptquart­ier in Gaza betreten, Donnerstag, 8. Februar 2024.
Israelisch­e Soldaten gehen in Stellung, als sie das UNRWA-Hauptquart­ier in Gaza betreten, Donnerstag, 8. Februar 2024.

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