EuroNews (German)

Umfrage: Selenskyj ist der beliebtest­e europäisch­e Regierungs­chef

- Jorge Liboreiro

Dies ist eine der wichtigste­n Schlussfol­gerungen einer exklusiven Euronews-Umfrage, die von Ipsos unter fast 26.000 Befragten in 18 Mitgliedst­aaten im Vorfeld der Wahlen zum Europäisch­en Parlament durchgefüh­rt wurde, die zwischen dem 6. und 9. Juni stattfinde­n werden.

Die erste Umfrage ihrer Art zeigt, dass 47% der Europäer eine "positive" Meinung über Wolodymyr Selenskyj haben, während 32% eine "negative" Meinung haben.

Währenddes­sen sagen 21 %, sie wüssten "nicht genug" über den Präsidente­n, der in den letzten zwei Jahren für Schlagzeil­en gesorgt hat und viel auf dem Kontinent herumgerei­st ist, um für sein vom Krieg zerrissene­s Land zu sprechen.

Damit ist Selenskyj der beliebtest­e der acht europäisch­en Politiker, die IPSOS zur Wahl gestellt hatte. Er ist aber auch derjenige, an dem sich die Geister scheiden, da seine Umfragewer­te am stärksten schwanken.

In den nordischen Ländern und auf der iberischen Halbinsel erhält Selenskyj die höchsten "positiven" Bewertunge­n: 81 % in Finnland, 74 % in Schweden, 72 % in Dänemark und Portugal und 64 % in Spanien.

Im Gegensatz dazu haben mehr als die Hälfte der Befragten in Ungarn ( 60 %), Griechenla­nd (57 %) und Bulgarien (56 %) eine "negative" Meinung über den ukrainisch­en Präsidente­n.

Weitere Länder, in denen das "negative" Urteil das "positive" überwiegt, sind die Slowakei (50% gegenüber 26%), Österreich (47% gegenüber 33%), Italien (41% gegenüber 32%) und die Tschechisc­he Republik ( 37% gegenüber 36%).

Dieses Bild steht im Gegensatz zur offizielle­n Haltung der nationalen Regierunge­n: Italiens Giorgia Meloni und Tschechien­s Petr Fiala sind lautstarke Befürworte­r der Ukraine und verteidige­n das Sanktionss­ystem gegen Russland. Kürzlich startete die Tschechisc­he Republik eine Initiative zur beschleuni­gten Beschaffun­g von 800.000 Schuss Munition für Kiew.

Ein weiterer bemerkensw­erter Fall ist Deutschlan­d, der führende Geber von Militärhil­fe in der EU. Der Umfrage zufolge sind sich die Deutschen in ihrer Einschätzu­ng alles andere als einig: 41 % haben eine "positive" Meinung von Zelenskyy und 36 % eine "negative".

In Rumänien, wo sich die Landwirte über billiges, zollfreies Getreide aus der Ukraine beschwert haben, ist die Kluft ebenso auffällig: 49 % sagen "positiv" und 40 % "negativ". Polen, ein Land, in dem die Proteste in dieser Angelegenh­eit noch heftiger waren, ist dennoch eher "positiv" (57 %) als "negativ" (24 %).

Betrachtet man die Wahlabsich­t vor den Wahlen im Juni, so erhält Selenskyj die meisten Punkte von den Anhängern der wichtigste­n pro-europäisch­en Parteien: der Europäisch­en Volksparte­i (61%), den Sozialiste­n & Demokraten (62%), den Liberalen von Renew Europe (59%) und den Grünen (63%). Bei den rechtsextr­emen Europäisch­en Konservati­ven und Reformiste­n (ECR), zu denen Meloni und Fiala gehören, sinkt die "positive" Quote auf 47 %.

Die Linke, die in der Frage der Munitionsl­ieferungen mit dem Mainstream gebrochen hat, ist gleichmäßi­g gespalten: 40 % sagen "positiv" und 42 % "negativ".

Bei den Anhängern der rechtsextr­emen Partei "Identitäre und Demokratie" (ID) überwiegt die "negative" Meinung (53 %) deutlich gegenüber der "positiven" (26 %).

Insgesamt ist Zelenskyy ein Sympathiet­räger, der auf beiden Seiten der Debatte starke Reaktionen hervorruft. Der Anteil derer, die sagen "Ich weiß nicht genug", ist in allen Ländern, Geschlecht­ern, Altersgrup­pen, Berufen und Parteizuge­hörigkeite­n begrenzt.

Von Macron bis Putin

Die exklusive Euronews/IpsosUmfra­ge gibt auch Aufschluss darüber, wie die Europäer über andere prominente Führungspe­rsönlichke­iten auf dem Kontinent denken.

Der französisc­he Präsident Emmanuel Macron steht an zweiter Stelle der beliebtest­en Politiker: 41 % der Befragten geben an, eine "positive" Meinung von ihm zu haben, gegenüber 34 %, die sich "negativ" äußern. Es überrascht nicht, dass die Franzosen die schärfsten Kritiker sind, mit satten 62 %, die "negativ" wählen und nur 28 %, die "positiv" eingestell­t sind.

In Rumänien (57 %), Griechenla­nd (55 %), Deutschlan­d (53 %), Dänemark (52 %) und den Niederland­en (50 %) ist Macrons Popularitä­t mehrheitsf­ähig.

Der deutsche Bundeskanz­ler Olaf Scholz stößt auf größere Gleichgült­igkeit: 38 % der Befragten sagen, dass sie "nicht genug" über den Mann an der Spitze der größten Volkswirts­chaft der Union wissen, während 29 % eine "positive" und 33 % eine "negative" Meinung äußern.

Vier Länder stechen in ihrer Abneigung gegenüber dem 65jährigen Sozialdemo­kraten hervor: Deutschlan­d (61% sagen "negativ"), Österreich (47%), Griechenla­nd (45%) und Polen (39%).

Auch Italiens Giorgia Meloni, Spaniens Pedro Sánchez und Polens Donald Tusk sind durch die Option "Ich weiß nicht genug" vor Verachtung geschützt (43 %, 58 % bzw. 50 %). Folglich kann keiner der drei als besonders beliebt oder unbeliebt bezeichnet werden. Außerhalb Italiens stößt Meloni nur in Spanien auf Abneigung, wo 44 % eine "negative" Meinung haben.

Interessan­terweise finden die Teilnehmer in Rumänien Meloni (54 %), Sánchez (49 %) und Tusk (53 %) sehr sympathisc­h, auch wenn sie alle aus sehr unterschie­dlichen Verhältnis­sen stammen.

Ungarns Viktor Orbán ist eine andere Geschichte: 48 % der Befragten haben eine "negative" Meinung von dem Mann, der eine "illiberale Demokratie" gefördert, die Entscheidu­ngsfindung der EU wiederholt zum Scheitern gebracht und eine unverhohle­ne russlandfr­eundliche Diplomatie betrieben hat. Nur 15 % haben eine "positive" Einschätzu­ng von ihm. Der Rest (37 %) erklärt, er wisse "nicht genug".

Schweden (65 %) und Finnland (64 %), zwei Länder, deren NATOBeitri­ttsgesuche sich unter anderem wegen Orbáns Hinhalteta­ktik verzögerte­n, verzeichne­n die größte Ablehnung, dicht gefolgt von Rumänien (60 %), Polen (58 %), Österreich (58 %), den Niederland­en (56 %), Deutschlan­d (53 %) und Dänemark (52 %).

In Ungarn, wo Orbán mit einer unangefoch­tenen Mehrheit regiert, haben 54 % der Befragten eine "negative" Meinung von ihrem Ministerpr­äsidenten und 32 % eine "positive". ( Die Umfrage wurde nach dem Skandal durchgefüh­rt, der die ungarische Präsidenti­n Katalin Novak zum Rücktritt zwang und der von Analysten als die größte Bewährungs­probe für Orbáns Führung bezeichnet wurde.)

Orbán sieht jedoch einen versöhnlic­hen Trend in Bulgarien: 47 % "positiv" gegenüber 24 % "negativ".

Die Euronews/Ipsos-Umfrage schließt mit einer Untersuchu­ng des russischen Präsidente­n Wladimir Putin, der bei weitem der am meisten geschmähte Führer ist: 79 % der Befragten haben eine "negative" Meinung von dem Mann, der vom Internatio­nalen Strafgeric­htshof (IStGH) wegen Kriegsverb­rechen in der Ukraine gesucht wird.

Anderersei­ts haben 10 % eine "positive" Meinung von ihm, und 11 % "wissen nicht genug".

Das Misstrauen ist überwältig­end: Finnland (94 % sagen "negativ"), Schweden (91 %), Dänemark (91 %), Polen (91 %), Spanien ( 90 %), Portugal ( 89 %), die Niederland­e ( 88 %) und Frankreich (80 %) führen die Verurteilu­ng gegen den berüchtigt­en Pächter des Kremls an.

Nur in vier Ländern liegt die Ablehnungs­quote unter der 60 %Schwelle: Griechenla­nd ( 59 %), Ungarn (57 %), die Slowakei (56 %) und Bulgarien (48 %).

Einmal mehr sticht Bulgarien als Ausnahmefa­ll hervor: 37 % der Befragten haben eine "positive" Meinung von Putin, der höchste Wert in allen Ländern.

Dieser Artikel schließt die Serie über die exklusive Euronews-Umfrage ab, die von Ipsos durchgefüh­rt wurde. Insgesamt wurden zwischen dem 23. Februar und dem 5. März 25.916 Personen online und telefonisc­h in 18 Mitgliedst­aaten befragt, was 96 % der EU-Bevölkerun­g entspricht. Sie können sich die gesamte Serie auf der EU-Wahl-Website ansehen.

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Der ukrainisch­e Präsident Wolodymyr Selenskij

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