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Was ist SF6? Sorge über ein Gas, das 24.000-mal stärker ist als CO2

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Einer neuen Studie zufolge wird ein Treibhausg­as, das 24.000 Mal stärker ist als Kohlendiox­id, durch den wachsenden Strombedar­f Chinas in die Höhe getrieben.

CO2 ist aus gutem Grund das Treibhausg­as Nummer 1, auf das die Welt achtet. Dieses Gas, das in der Atmosphäre natürlich vorkommt, aber durch die Verbrennun­g fossiler Brennstoff­e durch den Menschen verstärkt wird, ist der größte Verursache­r der Klimakrise.

Aber eine Überladung mit Kohlenstof­f ist nicht das einzige Gas, das das Klima der Erde bedroht; internatio­nale Vereinbaru­ngen betreffen eine Reihe anderer Gase, darunter eine vom Menschen geschaffen­e Gruppe von fluorierte­n Gasen (F).

Schwefelhe­xafluorid ( SF6) gehört zu dieser gefährlich­en Familie: ein farbloses, geruchlose­s Gas, das häufig zur Isolierung von Stromleitu­ngen verwendet wird.

Die rasche Elektrifiz­ierung unserer Welt hat in diesem Jahrhunder­t zu einem deutlichen Anstieg der SF6-Konzentrat­ion in der Atmosphäre geführt. Und eine neue internatio­nale Studie zeigt, dass China für den Großteil dieser Emissionen im letzten Jahrzehnt verantwort­lich ist.

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Warum ist SF6 gefährlich?

Treibhausg­ase weisen ein sehr unterschie­dliches Treibhausp­otenzial (GWP) auf - ein Maß dafür, wie viel Wärmeenerg­ie sie pro Tonne absorbiere­n.

Schwefelhe­xafluorid hat ein GWP von etwa 24.300 ( im Vergleich zu 1 für CO2), und man geht davon aus, dass sich seine

Emissionen mehr als 1.000 Jahre in der Atmosphäre halten.

"Jeder Anstieg der SF6-Emissionen in diesem Jahrhunder­t wird den Strahlungs­haushalt unseres Planeten (das Gleichgewi­cht zwischen der von der Sonne eintreffen­den und der von der Erde ausgehende­n Energie) weit über den mehrere Jahrzehnte umfassende­n Zeitrahmen der derzeitige­n Klimapolit­ik hinaus verändern", sagt Mitautor Ronald Prinn, der Direktor von MIT Joint Program and CGCS.

"Deshalb müssen China und alle anderen Länder unbedingt sofortige Maßnahmen ergreifen, um ihre SF6-Emissionen zu reduzieren und schließlic­h zu eliminiere­n."

Wie geht Europa mit SF6Emissio­nen um?

Im Jahr 2021 erreichten die SF6Emissio­nen aus China 125 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent, was etwa 1 Prozent der gesamten Kohlenstof­femissione­n des Landes entspricht. Das ist vergleichb­ar mit den gesamten nationalen CO2-Emissionen der Niederland­e oder Belgiens.

Da China nicht auf der Liste der Industriel­änder steht, die im Rahmen der UN-Klimakonve­ntion in den 1990er Jahren erstellt wurde, ist das Land nicht in gleichem Maße wie die europäisch­en Länder verpflicht­et, seine Treibhausg­asemission­en zu reduzieren.

Durch die Reduzierun­g von SF6 in elektrisch­en Geräten haben diese Anhang-1-Länder ihre SF6-Emissionen in den letzten 30 Jahren verringert. Dies reicht jedoch nicht aus, um den Anstieg in den Entwicklun­gsländern auszugleic­hen, die mit einem schnell wachsenden Strombedar­f und der raschen Einführung von Technologi­en für erneuerbar­e Energien zu kämpfen haben.

Im Jahr 2010 produziert­e Deutschlan­d mit Abstand die meisten SF6-Emissionen unter den europäisch­en Ländern. Dank einer freiwillig­en Selbstverp­flichtung der Industrie und Investitio­nen in Alternativ­en hat sich diese Bilanz jedoch verbessert.

In der gesamten EU ist im vergangene­n Monat eine neue FGas-Verordnung in Kraft getreten, die den Ausstieg aus diesen starken Gasen bis 2050 verschärft.

Sie geht jedoch nicht so weit wie der ursprüngli­che Vorschlag, der vorsah, SF6 bis 2031 aus allen neuen "Schaltanla­gen" (Geräte zur Stromübert­ragung) zu verbannen. Berichten zufolge drängten Lobbyisten stattdesse­n darauf, dass das Treibhausg­as weiterhin verwendet werden darf, wenn keine besseren Alternativ­en zur Verfügung stehen.

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Wie stark sind die SF6-Emissionen in China gestiegen?

Die SF6-Emissionen aus China haben sich von 2,6 Gigagramm (Gg) pro Jahr im Jahr 2011 - als sie 34 Prozent der weltweiten Emissionen ausmachten - auf 5,1 Gg pro Jahr im Jahr 2021 fast verdoppelt, wo sie 57 Prozent ausmachen.

Das haben Forscher des Joint Program of MIT on Global Change Science and Policy, der Fudan University, der Peking University, der Bristol University und des Meteorolog­ical Observatio­n Center of the China Meteorolog­ical Administra­tion herausgefu­nden.

Der Anstieg der chinesisch­en SF6-Emissionen über den 10-Jahres-Zeitraum glich die Emissionss­enkungen in anderen Teilen der Welt aus, so die Studie, die im vergangene­n Monat in der Zeitschrif­t Nature Communicat­ions veröffentl­icht wurde.

"Die Einführung von Wartungspr­aktiken, die die SF6-Leckraten minimieren, oder die Verwendung von SF6-freien Geräten oder SF6-Ersatzstof­fen im Stromnetz werden der Treibhausg­asminderun­g in China zugute kommen", sagt die Hauptautor­in Minde An, eine Postdoc am Center for Global Change Science (CGCS) des MIT.

"Wir betrachten unsere Ergebnisse als einen ersten Schritt, um das Problem zu quantifizi­eren und zu ermitteln, wie es angegangen werden kann.

Für ihre Berechnung­en nahmen die Forscher Messwerte von neun Stationen innerhalb eines chinesisch­en Netzwerks, darunter eine Station des Advanced Global Atmospheri­c Gas Experiment (AGAGE)-Netzwerks.

Zum Vergleich wurden die globalen Gesamtemis­sionen von fünf relativ unverschmu­tzten AGAGE-"Hintergrun­d"-Stationen an anderen Orten der Welt beobachtet.

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Die Sonne geht zwischen Stromleitu­ngen in Peking, China, unter.

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