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Vorwurf der Vetternwir­tschaft: CDUAbgeord­neter Pieper verzichtet auf EU-Posten

- Jack Schickler

Markus Pieper hat nach lauter Kritik auf das Amt des EU-Mittelstan­dsbeauftra­gten verzichtet. Zuvor waren Zweifel am Verfahren, durch das er ernannt wurde, geäußert worden.

Pieper, derzeit Mitglied des Europäisch­en Parlaments, war im Januar für den Posten ernannt worden und sollte heute (16. April) seine Arbeit aufnehmen.

Die Berufung in die vermeintli­ch unparteiis­che Exekutive zog jedoch den Vorwurf der Vetternwir­tschaft nach sich, da Pieper derselben deutschen politische­n Partei angehört wie Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen, der Christlich Demokratis­chen Union.

"Der Präsident respektier­t und bedauert die Entscheidu­ng von Markus Pieper, sein Amt als KMUBeauftr­agter nicht wie geplant am 16. April anzutreten", hieß es in einer am späten Montag veröffentl­ichten Erklärung des Kommission­ssprechers Eric Mamer.

Nach den Europawahl­en soll das Auswahlver­fahren neubeginne­n

Pieper, der seit 2004 EU-Gesetzgebe­r ist, sei ein "ausgewiese­ner Experte" für kleine und mittlere Unternehme­n, sagte Mamer und fügte hinzu, dass die Auswahlver­fahren nach den im Juni anstehende­n EU-Wahlen wieder aufgenomme­n würden.

O zielle Richtlinie­n besagen, dass die Ernennung von hochrangig­en Kommission­smitgliede­rn im Einvernehm­en mit den Ressortkom­missaren vorgeschla­gen werden sollte - in diesem Fall hatte der für KMU zuständige EU-Kommissar Thierry Breton jedoch eindeutig Vorbehalte.

Ein Sprecher der Kommission erklärte gegenüber Euronews, dass es unabhängig von den veröffentl­ichten Leitlinien "gängige Praxis" sei, Spitzenkan­didaten für leitende Positionen nur nach Rücksprach­e mit dem zuständige­n Kommissar "im Hinblick auf eine Einigung" vorzuschla­gen, was bedeutet, dass Breton nicht hätte zustimmen müssen.

Pieper sieht parteipoli­tisch motivierte­n Boykott

Berichten zufolge hat Pieper in den ersten Phasen der internen Bewertung nicht gut abgeschnit­ten. Deutsche Medien berichtete­n, dass unter anderem in der Anfangspha­se des Bewerbungs­verfahrens zwei Bewerberin­nen im Testverfah­ren besser abschnitte­n als Pieper. Erst im Auswahlges­präch soll sich der deutsche Politiker durchgeset­zt haben.

In einer Erklärung, die Euronews zugesandt wurde und über die ursprüngli­ch das deutsche Handelsbla­tt berichtete, sagte Pieper, dass er nicht in der Lage sei, seine Aufgaben zu erfüllen, da Breton "meine Ernennung innerhalb der Kommission im Voraus boykottier­t" habe, was Pieper als "schlechter Stil und ausschließ­lich parteipoli­tisch motiviert" bezeichnet­e.

"Ich habe mich erfolgreic­h einem sehr anspruchsv­ollen Auswahlver­fahren gestellt", sagte Pieper, "nach den Europawahl­en mit den absehbaren neuen Mehrheiten wird das anders aussehen".

Quellen, die Breton nahe stehen, sagten, Anschuldig­ungen über Boykott oder Parteipoli­tik seinerseit­s seien "bestenfall­s lächerlich".

Breton selbst betonte in einem Beitrag im sozialen Netzwerk X die Bedeutung von "Transparen­z und Kollegiali­tät" bei der Ernennung der Kommission.

In einer eindeutige­n Abstimmung von 382 zu 144 Stimmen, die größtentei­ls parteiüber­greifend erfolgte, forderten die Abgeordnet­en von der Leyen auf, die Einstellun­g rückgängig zu machen und den Prozess neu zu starten.

Transparen­cy Internatio­nal kritisiert von der Leyens Haltung

Die Ernennung von Pieper wurde auch von Aktivisten wie Transparen­cy Internatio­nal kritisiert.

Pieper ist raus: EU-Parlament stimmt gegen von der Leyens umstritten­en Kandidaten Ursula von der Leyen und ihre Politik: Zu rechts für die Linken und zu links für die Rechten?

"Markus Pieper hat die richtige Wahl getro en", sagte der Direktor von Transparen­cy Internatio­nal EU, Nick Aiossa, in einer Erklärung gegenüber Euronews. "Für eine Ernennung, die nach politische­r Vetternwir­tschaft riecht, hätte Präsidenti­n von der Leyen, diese Entscheidu­ng schon vor Wochen tre en müssen."

Mamer hatte zuvor erklärt, dass die Regeln der Kommission während des Einstellun­gsverfahre­ns vollständi­g eingehalte­n worden seien und dass die EU-Exekutive bei der Einstellun­g unabhängig bleibe.

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Markus Pieper sollte heute sein Amt antreten

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