EuroNews (German)

Polens "Rückkehr" in die EU wird mit einem warmen Geldregen belohnt

- Jorge Liboreiro

Die nun bestätigte Zahlung beendet ein langes Warten für das Land. Sämtliche Zahlungen waren wegen anhaltende­r Bedenken ob mangelnder Unabhängig­keit der Justiz und Rückschrit­ten bei der Demokratie blockiert.

Der Niedergang wurde der Partei "Recht und Gerechtigk­eit" (PiS) zugeschrie­ben, die Polen acht Jahre lang regierte und weitreiche­nde Reformen durchdrück­te. Die Folge: Die PiS übernahm faktisch die politische Kontrolle über die Justiz und besetzte die Gerichte mit Regierungs­treuen.

Die umstritten­ste Reform ermächtigt­e die Disziplina­rkammer des Obersten Gerichtsho­fs, Richter entspreche­nd dem Inhalt ihrer Urteile zu bestrafen. Die Änderungen führten zu einer langwierig­en Auseinande­rsetzung zwischen Brüssel und Warschau, an deren Ende ein bahnbreche­ndes Urteil des Europäisch­en Gerichtsho­fs (EuGH) stand, das die Reform aufhob.

Reform der Reform gibt Gelder frei

Der Anteil des Landes am Konjunktur­programm - insgesamt 34,5 Mrd. € in Form von zinsgünsti­gen Darlehen und 25,3 Mrd. € in Form von nicht rückzahlba­ren Zuschüssen - blieb jedoch eingefrore­n, bis Donald Tusk das Amt des Premiermin­isters übernahm und Gesetze erließ, die das Erbe der PiS-Ära rückgängig machten.

Die Europäisch­e Kommission gab die Gelder Ende Februar o - ziell frei, wenige Tage nachdem die Regierung Tusk einen neun Punkte umfassende­n "Aktionspla­n" zur Wiederhers­tellung der Unabhängig­keit der Justiz vorgelegt und einen Ministerer­lass zur Einstellun­g ungerechtf­ertigter Verfahren gegen Richter verabschie­det hatte.

Das neue polnische Kabinett verp ichtete sich auch, das EuGHUrteil zu befolgen und den Vorrang des EU-Rechts zu respektier­en. Das hatte die PiS abgelehnt, was den Streit verschärft­e.

Die Kommission erachtete Warschaus Reformen als ausreichen­d, um die beiden übergreife­nden Bedingunge­n oder "Super-Meilenstei­ne" in Bezug auf das Justizwese­n zu erfüllen und Polen zu ermögliche­n, schrittwei­se Zahlungen aus dem gemeinsame­n Topf der EU in Höhe von 750 Milliarden Euro zu erhalten.

Damit wurde der Weg für die Auszahlung von 6,3 Milliarden Euro geebnet, die sich aus 3,6 Milliarden Euro an Darlehen und 2,7 Milliarden Euro an Zuschüssen zusammense­tzen und unter anderem für die Diversi zierung der Energiever­sorgung, die Bekämpfung der Luftversch­mutzung und die Modernisie­rung der landwirtsc­haftlichen Produktion bestimmt sind.

Bislang hatte Polen nur 5,1 Milliarden Euro an Vor nanzierung­en" erhalten, die jedoch an keine Bedingunge­n geknüpft waren und für alle Mitgliedss­taaten gleich waren.

"Ein wichtiger Tag für Polen"

"Ein wichtiger Tag für Polen", sagte die Präsidenti­n der Europäisch­en Kommission, Ursula von der Leyen, am Montag, "das ist erst der Anfang." "Gute Zusammenar­beit bringt Ergebnisse", sagte Tusk. Katarzyna Pełczyńska, Polens Ministerin für Regionalpo­litik, bezeichnet­e die Summe als den "größten Transfer von der EU in der Geschichte unserer Mitgliedsc­haft."

Es wird erwartet, dass Warschau in diesem Jahr zwei weitere Anträge auf zusätzlich­e 23 Milliarden Euro stellen wird. Alle Auszahlung­en hängen von der Fertigstel­lung von Investitio­nen und Projekten ab und könnten auf Eis gelegt werden, wenn Tusks Justizplän­e einen Rückschlag erleiden.

Die neun Gesetzentw­ürfe im Rahmen des "Aktionspla­ns" bedürfen der Unterschri­ft von Präsident Andrzej Duda, der politisch mit der PiS-Partei verbunden ist und in der Vergangenh­eit von seinem Vetorecht Gebrauch gemacht hat, um Gesetze zu blockieren, die seiner Ansicht nach sein präsidiale­s Vorrecht verletzen.

Seit ihrem Ausscheide­n aus der Regierung haben PiS-Vertreter die EU-Kommission beschuldig­t, stets Parteipoli­tik gemacht zu machen und die Gelder zurückzuha­lten, um einen Regierungs­wechsel herbeizufü­hren.

 ?? ?? Ministerpr­äsident Donald Tusk hat versproche­n, den gesamten Betrag der Polen zugewiesen­en Konjunktur­mittel freizugebe­n.
Ministerpr­äsident Donald Tusk hat versproche­n, den gesamten Betrag der Polen zugewiesen­en Konjunktur­mittel freizugebe­n.

Newspapers in German

Newspapers from France