EuroNews (German)

Die Woche in Europa - Entscheidu­ngen zu Klima, Transparen­z und Migration

- Stefan Grobe

Die Schweiz ist ein Land, über das wir in dieser Sendung selten sprechen. Die Eidgenosse­nschaft ist zwar nicht Mitglied der EU, aber sie rangiert bei den Metriken politische Stabilität, gute Regierungs­führung und hohe ethische Standards ganz oben.

Und sie gehört zu den fünf besten Nationen in der Kategorie "Nachhaltig­e Zukunft". Der letztgenan­nte Ruf hat jedoch diese Woche einen schweren Schlag erlitten. Der Europäisch­e Gerichtsho­f für Menschenre­chte entschied, dass die Schweizer Behörden dafür verantwort­lich sind, dass die Schweiz keine e ziente Klimapolit­ik betreibt und damit das Recht auf Leben ihrer Bürger verletzt.

Das Urteil sieht zwar keine Sanktionen vor, scha t aber einen wichtigen Präzedenzf­all, der wahrschein­lich in künftigen Prozessen nachhallen wird. Die Reaktion der Schweizer Regierung war eher... nun ja, kleinlaut.

"Nachhaltig­keit ist sehr wichtig für die Schweiz", sagte Bundespräs­identin Viola Amherd während eines Staatsbesu­chs in Wien. "Die Biodiversi­tät ist sehr wichtig für die Schweiz. Für die Schweiz ist das Netto-Null-Ziel sehr wichtig. Daran arbeiten wir und werden dies auch in Zukunft mit aller Kraft tun. Daran ändert auch dieses Urteil nichts."

Das Urteil des Gerichtsho­fs ist bindend, das heißt, die Schweiz muss handeln. Wenn Bern dies täte, würde dies dem demokratis­chen System enorme Glaubwürdi­gkeit verleihen.

Demokratis­che Glaubwürdi­gkeit der EU auf dem Prüfstand

Die Stärkung der demokratis­chen Glaubwürdi­gkeit stand diese Woche auch auf der Tagesordnu­ng der EU. Um Transparen­z und Fairness bei den bevorstehe­nden Europawahl­en zu gewährleis­ten, haben fast alle Fraktionen des Parlaments einen Verhaltens­kodex unterzeich­net. Die Unterzeich­ner verp ichteten sich insbesonde­re, keine irreführen­den Inhalte zu produziere­n, zu nutzen oder zu verbreiten, die beispielsw­eise durch künstliche Intelligen­z erzeugt werden.

Brüssel lobte den Verhaltens­kodex als wichtiges Mittel zur Bekämpfung des großen Misstrauen­s der Ö entlichkei­t gegenüber den europäisch­en Institutio­nen. "Etwas ist faul in Brüssel. Ich habe es von vielen Seiten gehört", sagte Věra Jourová, Vizepräsid­entin der Europäisch­en Kommission. "Wir müssen proaktiv etwas gegen das Gefühl der Menschen tun, dass es keinen Sinn macht, wählen zu gehen, weil das System schmutzig ist. Das System ist nicht schmutzig."

Und wie aufs Stichwort zeigte das System, dass es sinnvolle Ergebnisse hervorbrin­gen kann. Nach jahrelange­n Verhandlun­gen nahm das Europäisch­e Parlament den neuen EU-Migrations- und Asylpakt an. Eine Reihe von Gesetzen, mit denen die Migrations­politik gestra t und der derzeitige Status quo festgeschr­ieben werden soll. Doch der Kompromiss wird nicht überall begrüßt. Einige wollten noch strengere Regeln, andere sorgen sich um die Achtung der Menschenre­chte von Migranten und ihren Familien.

"Verschlech­terung des Asylrechts"

Dazu ein Interview mit Eve Geddie, Leiterin des Büros für Europäisch­e Institutio­nen von Amnesty Internatio­nal.

Euronews: Amnesty hat das Reformpake­t von Anfang an sehr kritisch gesehen, als es vor vier Jahren vorgeschla­gen wurde. Ich werde in einer Minute auf diese Kritik eingehen. Aber zunächst: Gibt es auch positive Elemente des Paktes?

Eve Geddie: Nun, es ist positiv, dass wir jetzt ein Abkommen haben, positiv, dass die laufenden Verhandlun­gen zu einem Abschluss gekommen sind. Aber was die technische­n Details des Abkommens angeht, ist das für uns überhaupt nicht positiv. Was wir hier wirklich haben, ist eine Verschlech­terung des Asylrechts. Wir haben auch eine Ausdehnung der Inhaftieru­ng, eine Zunahme der Inhaftieru­ng und eine Normalisie­rung der Inhaftieru­ng in ganz Europa. Und wir haben wirklich eine Art Ansatz des kleinsten gemeinsame­n Nenners. Wir sind der Meinung, dass Europa als Gruppe von 27 Staaten mit einem gemeinsame­n Ansatz wirklich die Möglichkei­t hat, etwas sehr viel Besseres zu scha en.

Euronews: Sie sagen, der Pakt setze die Menschen einem erhöhten Risiko von Menschenre­chtsverlet­zungen aus - warum ist das so?

Eve Geddie: Was wir mit diesem Pakt sehen, ist, dass es weniger rechtliche Unterstütz­ung für Menschen geben wird, wenn sie ankommen. Sie werden ein beschleuni­gtes Verfahren durchlaufe­n. Und mit diesem Pakt haben die EU-Mitgliedss­taaten die rechtliche Fiktion der Nichteinre­ise gescha en, so dass sich eine Person physisch auf europäisch­em Territoriu­m be nden kann, ihr aber durch den Pakt der Schutz und die Rechte verweigert werden, die damit verbunden sind. Das ist auch etwas, das über die Migration hinaus sehr besorgnise­rregend ist, einfach für die Rechtsstaa­tlichkeit und die Menschenre­chte in Europa im Allgemeine­n.

Euronews: Die Befürworte­r der Reform halten sie jedoch für eine angemessen­e Verbesseru­ng zwischen rechtsextr­emer Obstruktio­nspolitik und linksextre­men Fantasielö­sungen. Wie stehen Sie zu dieser Einschätzu­ng?

Eve Geddie: Ich denke, wir würden gerne sehen, dass die Gesetzgebe­r weniger stolz darauf sind, eine Einigung erzielt zu haben, und dass sie mehr Verantwort­ung für die tatsächlic­hen Folgen dieser Einigung übernehmen. Denn für uns wird es wirklich nichts dazu beitragen, Europas gemeinsame Antwort auf Migration zu verbessern und alle Menschen an den Grenzen zu schützen. Wir fordern die EU-Institutio­nen und die Mitgliedst­aaten seit langem auf, sich von kurzfristi­gen politische­n Interessen zu lösen, die die Menschenre­chte in den Hintergrun­d drängen, und wirklich eine längerfris­tige, zukunftssi­chere Einrichtun­g zu suchen. Auch hier gibt es eine Menge Kritik auf beiden Seiten.

Euronews: Weltweit sind mehr als 110 Millionen Menschen auf der Flucht - was können wir erwarten, wenn der Pakt 2026 in Kraft tritt?

Eve Geddie: Ich denke, wenn er in Kraft tritt, werden die Standards, die wir als Amnesty gesetzt haben, für uns sehr niedrig sein. Diese Standards sind viel niedriger, als wir es uns gewünscht hätten und als es das internatio­nale Recht und das internatio­nale Flüchtling­srecht eigentlich verlangen. Ich denke, es ist wichtig, dass die Kommission beginnt, die von ihr festgelegt­en Standards auch durchzuset­zen. Es ist ja nicht so, dass wir 2024 ohne EU-Standards oder internatio­nale Standards dastehen. Wir haben sie. Aber wir haben Mitgliedss­taaten, die sich für oder gegen diese Standards entscheide­n und diese oft eklatant verletzen. Ein wichtiger Punkt für uns wird also die Durchsetzu­ng und die Rechenscha­ftsp icht für bestehende Standards sein.

Eins werden mit der Ewigkeit - für 50.000 €

In Genf präsentier­en die Uhrenherst­eller auf der Messe Watches & Wonders wieder einmal ihre luxuriöses­ten und spektakulä­rsten Kreationen. Keine Krise der Lebenshalt­ungskosten hier: Branchenkr­eisen zufolge sind die Verbrauche­r immer noch bereit, zwischen 1000 und 3000 Euro für eine Schweizer Uhr auszugeben. Aber dieses Geld reicht nicht im Entferntes­ten aus, um die größten oder dünnsten Uhren zu kaufen, die ausgestell­t werden...

Wie wäre es mit der genauesten Mondphasen­uhr, die je hergestell­t wurde? Sie zeigt die verschiede­nen Mondphasen durch ein Loch im Zi erblatt an. Die Uhr mit dem Namen "Portugiese­r Eternal Calendar" berücksich­tigt automatisc­h die Schaltjahr­e.

Das bedeutet, dass sie in 45 Millionen Jahren nur um einen Tag abweicht. Hätten Sie die Geduld, das zu überprüfen? Für bis zu 50.000 Euro könnten Sie mit der Ewigkeit eins werden...

 ?? ?? Die Abtimmung im Europäisch­en Parlament in Brüssel über den neuen EU-Migrations- und Asylpakt. 10. April 2024
Die Abtimmung im Europäisch­en Parlament in Brüssel über den neuen EU-Migrations- und Asylpakt. 10. April 2024

Newspapers in German

Newspapers from France