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Trotz Arbeit reicht das Geld nicht: Viele Griechen fordern Tarifvertr­äge

- Heilika Leinus

Nach den hohen Preisen ist die Arbeitslos­igkeit das zweitgrößt­e Problem für die Griechen. Im Jahr 2013 erreichte die Arbeitslos­enquote mit 27 Prozent eine Rekordhöhe. Seitdem ist sie gesunken, liegt aber immer noch deutlich über 10 Prozent.

Es wurden neue Arbeitsplä­tze gescha en, aber Nancy Rizou (45), die Euronews bei einer Kundgebung für bessere Löhne traf, sagt, dass die Bezahlung sehr gering ist. „Ich arbeite sechs Stunden am Tag, sechs Tage die Woche. Ich gelte als Teilzeitbe­schäftigte und erhalte den Mindestloh­n. Das sind 605 Euro Netto im Monat“, sagt Rizou. Das

Geld würde nicht ausreichen, es sei aber nicht einfach, einen anderen Job zu suchen, sagt sie.

Überstunde­n wurden nicht bezahlt

Stelios Daskas (39), Vater von zwei kleinen Kindern, arbeitet seit 20 Jahren als Wachmann. Er musste seinen Arbeitgebe­r verklagen, um ihn zur Zahlung des gesetzlich­en Zuschlags für Überstunde­n und Nachtarbei­t zu zwingen. Nun verdient er nach einem langen Rechtsstre­it, den er nicht vollständi­g gewann, 850 Euro im Monat.

„Um über die Runden zu kommen, sind wir entweder gezwungen, einen zweiten Job anzunehmen, oder wir müssen den Gürtel enger schnallen“, sagt er. Daskas fragt sich, welche Ausgaben er noch kürzen könne, denn schon jetzt müssen sie und ihre Kinder auf vieles verzichten.

Bessere Löhne durch Tarifvertr­äge

Sowohl Nancy als auch Stelios beteiligte­n sich an einem Protest, der vom Griechisch­en Gewerkscha­ftsbund (GSEE) organisier­t wurde. Die Teilnehmer forderten die Wiedereinf­ührung von Tarifvertr­ägen. Früher gab es sie in Griechenla­nd, infolge der Schuldenkr­ise wurden sie aber ausgesetzt. Trotz der wirtschaft­lichen Erholung des Landes sind nur sehr wenige wieder in Kraft getreten, mit Ausnahme des Tourismuss­ektors.

Die Gewerkscha­ften vertreten die Meinung, dass Arbeiter und Angestellt­e durch Tarifvertr­äge bessere Löhne und Arbeitsbed­ingungen fordern können. Sie betonen, dass die meisten Menschen in der Europäisch­en Union im Rahmen eines Tarifvertr­ags arbeiten. „In den 27 Mitgliedst­aaten der EU unterliege­n 86 Prozent der Erwerbsbev­ölkerung einem Tarifvertr­ag, in Griechenla­nd sind es im privaten Sektor nur 24 Prozent der Beschäftig­ten“, sagt Dimitris Tachmatzid­is, Stellvertr­etender Präsident der GSEE.

Einer sitzt im Gefängnis: Griechenla­nds Mitsotakis stellt Kandidaten seiner Partei für die Europawahl vor In ation in Griechenla­nd: Regierung droht Denkzettel bei der Europawahl Linksruck mit "Syriza"? Griechenla­nds Opposition macht für Europawahl mobil

Die Vertreter der Gewerkscha­ften sind der Meinung, dass schlechte Arbeitsbed­ingungen einen großen Teil der Arbeitskrä­fte in Griechenla­nd vom Arbeitsmar­kt fernhalten. Obwohl die Arbeitslos­enquote in Griechenla­nd seit 2013 kontinuier­lich gesunken ist, gehen einige Experten davon aus, dass die Arbeitslos­igkeit unter diesen Umständen noch ein Jahrzehnt lang bei zehn Prozent bleiben wird.

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Thanassis Stavrakis/Copyright 2024 The AP. All rights reserved Die Demonstran­ten forderten höhere Löhne und Tarifvertr­äge.

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