Die Software auf der Spur des Verbrechens
Livraison de drogue à domicile : sur le Darknet, on trouve de tout
UmalsWis sens ch aftler in Neuland zu betreten, muss man nicht auf dem Mars land en. Doches passiert ni ch talle Tage, dass man wie Meropi Tzanetakis Erkenntnisse in einem fast unerforschten Feld gewinnt. Die Politik wissens chaftlerin untersucht am Wiener Zentrum für sozial wissens chaftliche Sicherheit sforschung die Strukturen des virtuellen Drogenhandels und den Einfluss der organisierten Kriminalität – finanziert über das vom Technolo gieministerium geförderte Sicherh eitsforsch ungsprogramm Kiras. „Als wir begonnen haben, gab es 1. Neuland betreten(a,e,i) fouler une terre inconnue, toucher à des domaines nouveaux / landen atterrir / Erkenntnisse gewinnen(a,o) acquérir de nouvelles connaissances / unerforscht inexploré / das Feld(er) le terrain, le domaine / die Politikw issen schaftlerin la diplômée en sciences politiques / untersuchen étudier / die Sicherhe itsforschung la recherche en matière de sécurité / der Drogenhandel le trafic, la vente de drogue / der Einfluss l’influence / fördern subventionner /
weltweit drei bis vier Forschung sarbeiten zu dem Thema“, so Tzanetakis. „Mittlerweile dürften es 15 sein.“
2. Dass es so wenig Forschung gibt, liegt an der Neuartigkeit des Phänomens. Der erste bekannte Drogen marktplatz des Internets, Silk Road I, ging im Februar 2011 online. „Obwohl der Drogenhandel im Internet nicht gänzlich neu ist, hat der systematische virtuelle Drogenhandel durch anonymisierte Netzwerke wie TOR einen erheblichen Aufschwung erlebt.“
3. Mit dem TOR-Browser, einem Programm zum Surfen im Internet ähnlich dem Internet Explorer, hinterlässt man keine Spuren. Auch Journalisten, Netz-Aktivisten oder um ihre Privatsphäre besorgte Menschen nutzen ihn. Tzanetakis: „Die Internet verbindung wird über mehrere Knoten so umgeleitet, dass die Webseite, die ich ansurfe, am Ende nicht weiß, wo ich physisch lokalisiert bin.“
KUNDEN: MÄNNER, JUNG, GEBILDET
4. Mit TOR oder ähnlichen Programmen öffnet sich aber auch die sonst verborgene Welt des Darknets, des „dunklen Netzes“also. Das muss nichts Illegales bedeuten. Hier kommunizieren
etwa chinesische oder syrische Regierung skritiker. Es blüht auch der Handel mit allem, was man im Netz sonst vergeblich sucht. „Drogenhändler und Käufer treten im Darknet anonym in Kontakt, gezahlt wird mit virtuellen Währungen wie Bitcoin, und der Warenaustausch wird via Postweg abgewickelt.“
5. Derzeit seien etwas mehr als 20 große Darknet-Drogenmärkte über TOR erreichbar, auf dem größten davon mehr als 18.000 Drogenangebote. Im Prinzip funktionieren sie ähnlich wie Amazon, inklusive Bewertungs- und Kommentar funktionen, um Händler und Waren zu beurteilen. Seit zwei Jahren prüfen Wissenschaftler einer österreichisch-deutschen Kooperation mögliche Verbindungen des konventionellen und des virtuellen Drogenmarkts zur organisierten Kriminalität. Das österreichische Projekt Vidro untersuchte drei Online-Drogenmärkte. Ziel war, eine Software zu entwickeln, die relevante Daten von den Marktplätzen absaugt und per Daten visualisierung analysiert.
6. In bunten Farben und Formen dargestellte Daten lassen Zusammenhänge erkennbar werden, die beim Anblick nackter Zahlen keinem Menschen aufgefallen wären. Es geht dabei um Variablen wie angebotene Drogenarten, Preise, Mengen, Zustellorte oder Kunden bewertungen. Zudem arbeiteten die Forscher mit anonymen Befragungen und Interviews mit Kunden und Händlern.
7. Die Ergebnisse sind vielfältig: die Kunden sind zu 80 Prozent männlich, Anfang bis Ende 20 und gut gebildet. Viele sind Gelegen heits konsumenten. 70 Prozent des Umsatzes werden mit Cannabis, Ecstasy und Kokain erzielt. Und wie viel Mafia spielt dabei mit? „Zwei Prozent der Händler können tendenziell mit organisierter Kriminalität in Verbindung gebracht werden“, schließt Tzanetakis aus Umsatzzahlen oder Verkaufsmengen der Händler.
HÖHERE TRANSPARENZ
8. Die Forscherin sieht das Darknet keinesfalls als Rückzugsort von Drogenhändlern, denen die Polizei im Straßengeschäft zu sehr auf die Füße gestiegen wäre. Vielmehr spiegle sich hier der gesell schaftliche Wandel in Richtung Digitalisierung und Globalisierung wieder. „Der Wandel hat einen neuen Typ von technikaffinem Drogenhändler hervorgebracht – und von relativ mündigen Konsumenten, die sich genau über Drogenarten und Händler informieren, bevor sie anonym bestellen.“So würden sich Konsumenten gegenseitig vor gepanschter Ware warnen oder Händler chemische Tests posten. „Diese höhere Transparenz in Bezug auf Produkt und Händler ist ein wesentlicher Unterschied zum Straßenhandel, wo der Käufer nicht weiß, ob die Qualität stimmen wird oder nicht.“
9. So gesehen könnte der virtuelle Drogenhandel dem Konzept der Schaden sminimierung in die Hände spielen. Seine Verfechter stehen – im Gegensatz zur Null-Toleranz-Politik – für Drogener satzprogramme oder die Ausgabe steriler Spritzen. Dabei geht es um die Realität, in der Menschen Drogen konsumieren mit dem Ziel, Gesundheits- und soziale Risiken zu minimieren. Dass das Darknet den Einstieg in den Drogenkonsum erleichtere, kann Tzanetakis nicht bestätigen: Der Anteil derer, die zuvor nie Drogen genommen haben und online erstmals kaufen, sei relativ gering.
10. Übrigens: Gänzlich sicher vor Ermittlung sbehörden ist auch der Internet drogenhandel nicht. „Momentan ist ein Marktplatz im Durchschnitt ein halbes Jahr online.“Sobald ein Marktplatz geschlossen wird, weichen die Händler auf einen anderen aus. Tzanetakis: „Das Katz-und-Maus-Spiel der physisch-materiellen Welt setzt sich im Darknet fort.“