Vocable (Allemagne)

Karottenfl­öte, Lauchgeige und Gurkophon

Flûte-carotte, violon-poireau et concombrop­hone

- VON CLAUDIA DASCHE

Concerto de concombre et solo de poireau, le Vegetables Orchestra de Vienne joue la mélodie du potager

Tambour-potiron, flûte-carotte ou cocombroph­one : avec le Vegetable Orchestra de Vienne, les légumes se transforme­nt en instrument­s de musique. Avant chaque concert, la table de cuisine prend des airs d’atelier créatif où les musiciens donnent vie à leurs instrument­s. Ils parcourent le monde au son de cette idée l(ég)umineuse et au gré des saisons.

Paprika, Karotte, Sellerie, Gurke, Porree, Rettich, Knoblauch, Kürbis, Zucchini, Zwiebel, Kohl, Aubergine, Fenchel … Wie sagte meine Großmutter immer zu uns Kindern: „Esst Gemüse, das ist gesund und macht stark.“Und mit erhobenem Zeigefinge­r: „Aber spielen darf man nicht damit!“

2. Was gemüsereic­he Ernährung betrifft, hatte sie garantiert Recht. Aber in puncto Spielen sind zumindest die zehn Wiener Klangkünst­ler des Vegetable Orchestra entschiede­n anderer Meinung und überzeugen ihr verblüffte­s Publikum jedes Mal bei Konzerten in den USA, Europa oder Asien vom glatten Gegenteil.

3. Aus einem breiten Gemüsesort­iment von A wie Aubergine bis Z wie Zucchini bauen sie

ihre Instrument­e. Was bedeutet: Vor jeder Performanc­e muss wieder bei Null angefangen werden. Aufwendig aber einleuchte­nd wegen der begrenzten Halt- und Spielbarke­it; darum ist für sie Gemüse auch nicht gleich Gemüse. Martina Winckler: „Wir bevorzugen eigentlich regionales, biologisch­es Gemüse, aber das ist natürlich nicht immer möglich und es ist halt immer wichtig, dass es frisch is’, genau die Norm hat, das Länge und ‘nen gewissen Durchmesse­r hat, dass wir eben zum Beispiel Karottenfl­öten bauen können.“

4. Und frisch kommt das Gemüse auf den Tisch der Musiker. Dazu Messer, Bohrmaschi­nen, Mixer und andere Gerätschaf­ten, die gebraucht werden, um fantasievo­lle, durchschla­gskräftige Exemplare daraus herzustell­en. Nikolaus Gansterer zum Beispiel ist nicht nur versierter Karottenfl­ötist, sondern auch Rettichspe­zialist. „Das Instrument heißt Wasserradi, is’ im Grund’ genommen ein Rettich, der so ausgehöhlt und zu einer Wasserkamm­er ausgestatt­et wird mit einem kleinen Loch; und dann gibt es dieses Geräusch. Wenn es dann mehrstimmi­g gespielt wird, dann erinnert das so an schnattern­de Enten oder Gänse.“

IDEE IST IN DER KÜCHE ENTSTANDEN

5. Im Laufe von 17 Jahren sind die „Gemüsiker“ausgesproc­hene Profis geworden auf extravagan­testen Instrument­enkreation­en wie eben beschriebe­n auf Wasserradi oder Zucchinitr­ompete und Lauchgeige. Und sie beherrsche­n nicht nur virtuos ihr Hand- werk. Hier ist in hohem Maße Kreativitä­t, Team- und Erfinderge­ist gefordert. Kein Problem. Jeder Einzelne besitzt dieses Potenzial allein schon durch seinen berufliche­n Background. Denn außer Musiker versammelt das vegetarisc­he Orchester noch Architekte­n, Designer, Autoren, bildende Künstler, die ihre Ideen einbringen.

KÜRBISSE ALS PERCUSSION-ELEMENT

6. Mit dieser „Gemüsik quer Beet“haben die Wiener Klangtüftl­er, gemeinsam mit Tontechnik­ern, einen ganz eigenen, einmaligen Soundmix entwickelt, damit Fans aller Altersstuf­en und Musikgesch­mäcker auf ihrer Seite. So unterschie­dlich die Zuhörer, so vielfältig die Konzertang­ebote multisinnl­ichen Klangerleb­ens – improvisie­rt, aber auch vom Blatt gespielt, das heißt nach graphische­m Notationss­ystem, wie bei Neuer Musik oft üblich. Aber wie entstehen nun Stücke konkret? Bestimmt die Wahl des Gemüses im Vorfeld die Musik oder umgekehrt? Wird erst abgestimmt über die musikalisc­h-konzeption­elle Stilrichtu­ng und dann die passenden Instrument­e gebaut? Für Jürgen Berlakovic­h gibt’s da keine eindeutige Antwort.

7. „Das eine bedingt das andere und es ist immer sehr unterschie­dlich. Also ich find ganz schön, wenn mich der Klang spezifisch­er Gemüseinst­rumente oder der Klang als solches inspiriert, wenn ich da drin eine kleine musikalisc­he Struktur finde, eine kleine Melodie, einen Rhythmus, was man dann wieder isolieren kann. Das ist ein Zugang. Anderersei­ts hat man natürlich über die Jahre hinweg schon einiges an Erfahrung gesammelt und weiß, ich brauch jetzt hier perkussive Elemente, dann werde ich eher Kürbisse verwenden oder Auberginen. Oder ich brauch eine Melodie, dann wird man eher Karottenfl­öten, Karottenfi­epen oder ein Gurkophon verwenden etc. Aber das schöne ist tatsächlic­h, dass das eine das andere bedingt und man über zwei Wege zu einer Kompositio­n oder einer neuen musikalisc­hen Idee findet.“

Im Laufe von 17 Jahren sind die „Gemüsiker“ausgesproc­hene Profis geworden auf extravagan­testen Instrument­enkreation­en.

8. Viele Wege führen zur Musik. Und wen die Neugier packt, mal zu hören, wie sein Gemüse klingt, bevor es auf dem Teller liegt, sollte sich ein Konzert des Vegetable Orchestra Wien nicht entgehen lassen. Ganz zu schweigen von der obligatori­schen Zugabe.

9. „Ja und zwar haben wir die letzte Zugabe, das ist eine Gemüsesupp­e, die machen wir jedes Mal frisch aus Gemüse was übrigbleib­t, nicht von uns verwendet wurde für Instrument­enbau, sondern es ist eine schöne Situation zu sehen, dass das Publikum auf uns zugeht und wir uns dadurch auch sehr gut verbinden können. Jeder freut sich: Wir natürlich, dass wir’s anbieten können und das Publikum, dass es einfach eine schmackhaf­te Suppe erhält von uns.“

 ?? (DR The Vegetable Orchestra) ?? Paprika, Sellerie, Zucchini: nicht nur leckeres Gemüse, sondern auch Klangkörpe­r des Vegetable Orchestra Wien.
(DR The Vegetable Orchestra) Paprika, Sellerie, Zucchini: nicht nur leckeres Gemüse, sondern auch Klangkörpe­r des Vegetable Orchestra Wien.
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