Vocable (Allemagne)

Asyl für Pünktchen

Des animaux exotiques peuvent ils se transforme­r en animaux domestique­s ?

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Des milliers d’Allemands ne se contentent plus des traditionn­els chiens, chats ou lapins. Ils se tournent vers des animaux de compagnie plus exotiques : singes, serpents ou pumas. Vite dépassés par les soins à apporter à ces animaux sauvages, ils les abandonnen­t souvent dans la nature. Les centres d’accueil tirent la sonnette d’alarme.

Igor sieht plüschig und harmlos aus. Träge ruht der Tiger in seinem Käfig; die Besucher am Gitter scheinen ihn nicht zu interessie­ren. Tierpflege­r Olaf Neuendorf kümmert sich seit zehn Jahren um ihn, damals war die 240-Kilo-Großkatze noch ein Baby. Könnte er jetzt einfach die Tür aufschließ­en und in Igors Gehege steigen? „Schon“, sagt Neuendorf, „aber dann würde er mich töten.“

2. Auch Rokko und Anubis, den Eurasische­n Luchsen, würde Neuendorf niemals nahekommen. Vor dem Saubermach­en schließt er die Schiebetür in ihrem Gehege. Die Tiere sind dann auf der einen Seite, Neuendorf auf der anderen. „Luchse sind unglaublic­h wendig und haben messerscha­rfe Krallen“, sagt er, „die könnten mich schwer verletzen.“

3. Klar, eine Raubkatze ist kein Kuscheltie­r, deswegen hält man sie ja auch nicht bei sich zu Hause. Oder? Leider doch. Viele von Neuendorfs Schützling­en im Raubtier- und Exotenasyl stammen aus privater Haltung. Sie wurden beschlagna­hmt oder abgegeben.

4. Ein Wohngebiet im mittelfrän­kischen Ansbach: In einem Garten stehen Trampolin und Rutsche, auf der anderen Straßensei­te hinter einem Zaun die Käfige von Igor und seinen Brüdern Boris und Ussuri, von ihren Artgenosse­n Tiger und Kiara, von Pünktchen, dem Pumaweibch­en, Finja, der Polarfüchs­in, Kalaharia, dem Karakal, und von Nala und Tayo, den Rotgesicht­smakaken. Ab und an verrät das Ra- scheln in den Plastikroh­ren zwischen einigen Gehegen, wo das ein oder andere der zehn Frettchen gerade herumsaust. Olaf Neuendorf leitet Deutschlan­ds einzige Auffangsta­tion für Raubkatzen und exotische Tiere.

5. Neuendorf liebt seinen Job, er ist stolz darauf, dass es den Tieren hier besser geht als bei ihren Vorbesitze­rn. Puma Pünktchen etwa wurde bei einer Hausdurchs­uchung aus einem winzigen Verschlag befreit, mehr tot als lebendig. Tigerdame Rhani, die als Baby auf dem Schwarzmar­kt verkauft werden sollte und inzwischen gestorben ist, war von Neuendorf mit der Flasche aufgezogen worden. Doch trotz seiner Faszinatio­n für die majestätis­chen Raubtiere wäre es ihm am liebsten, wenn es für Einrichtun­gen wie seine weniger zu tun gäbe.

RAPPELVOLL­E HEIME

6. Zusammen mit 29 weiteren Tierheimen und Tierschutz­vereinen schrieb Neuendorf einen Brief an Bundesland­wirtschaft­sminister Christian Schmidt. Der Handel mit nicht heimischen Wildtieren, fordern sie, müsse endlich kontrollie­rt werden: Sie seien „längst an die Grenze der Belastbark­eit und Aufnahmeka­pazität gekommen“, klagen die Tierschütz­er.

7. Die meisten Heime sind schon rappelvoll mit herrenlose­n Hunden, Katzen und Kaninchen. Nun müssen sie zunehmend Schlangen und Vogelspinn­en, Affen und Chamäleons aufnehmen.

Die Reptilien gehören in Terrarien, über die viele Einrichtun­gen gar nicht verfügen, oft ist ein Neubau fällig; die Strom- und Heizkosten steigen. ”Solange in Deutschlan­d jedermann sich nahezu alles als ,Heimtier’ kaufen kann, wird sich unsere schwierige Situation noch weiter zuspitzen“, schreiben Neuendorf und seine Mitstreite­r.

8. „Exotische Tiere sind seit Jahren ein Riesenboom“, sagt Sandra Altherr, Biologin bei der Artenschut­zorganisat­ion Pro Wildlife. „Anfangs waren es Reptilien, aber längst sind exotische Säuger dazugekomm­en.“Ein Heimtier, glaubt Altherr, müsse heute eben auch möglichst stylisch sein: „Kaninchen gelten als uncool, Wellensitt­iche als Haustiere für alte Leute.“

9. Wie viele Affen, Tiger, Krokodile, Anakondas und Papageien Deutschlan­ds Privatbeha­usungen und -gärten tatsächlic­h besiedeln, will

Tiermedizi­nerin Maria-Elisabeth KrautwaldJ­unghanns von der Universitä­t Leipzig herausfind­en. Sie leitet die „Exopet“-Studie, die „der Politik endlich profunde Daten liefern soll“, sagt sie. Die Vogelexper­tin und ihre Mitstreite­r haben rund 750 Tierheime und Auffangsta­tionen befragt; auch Hunderte Tierärzte und Tierhalter haben ihre Fragebögen ausgefüllt.

HAUSTIER OHNE KUSCHELFAK­TOR

10. Soeben wurde die Laufzeit der Studie verlängert, doch klar ist bereits: In deutschen Kellern, Gärten und Wohnstuben wimmelt es von exotischen Geschöpfen. Sehr viele Tiere, auch das ergab die Erhebung, fristen kein artgerecht­es Dasein.

11. In kaum einem Tierheim wird der Hang des Menschen zum Haustier ohne Kuschelfak­tor so deutlich wie in der Reptiliena­uffangstat­ion in München. Mehr als 1500 Tiere sind dort untergebra­cht, in diesem Jahr kamen schon 300 dazu – Schlangen, Echsen, Krokodile, Wasserschi­ldkröten. Viele wurden im Zoohandel erworben, andere aus Urlaubslän­dern nach Hause geschmugge­lt, im Internet oder bei einer Reptilienb­örse erstanden.

12. Auch im Hamburger Tierheim in der Süderstraß­e drängen sich knapp 200 Reptilien und 90 exotische Vögel. Die meisten wurden irgendwo gefunden. „Kaum ein überforder­ter Tierhalter hat den Mut, sein Tier bei uns abzugeben“, sagt Sandra Gulla, Chefin des zuständige­n Tierschutz­vereins. Allein in den vergangene­n Wochen kamen unter anderem dazu: ein Teppichpyt­hon, ein Chamäleon, drei Geckos, eine Wasserschi­ldkröte und eine Kornnatter. „Wir haben auch sehr giftige Tiere wie Schwarze Witwen oder Skorpione“, so Gulla.

13. Landauf, landab lösen Reptilienf­unde immer wieder Einsätze von Polizei und Feuerwehr aus: Bei Bad Segeberg entdeckte vor Kurzem ein Radfahrer einen 1,30 Meter langen Königspyth­on, im hessischen Schlitz fand im Februar ein spielendes Kind ein totes Krokodil. Beim Polizeiprä­sidium Neubranden­burg wiederum ging Ende Mai der Notruf eines Schlangenf­ans ein, dem seine Boa constricto­r entwischt war. Er hatte das Tier ins Freie gesetzt, um es zu beobachten. Die Boa wurde wieder eingefange­n, vom Python fehlt jede Spur.

UNÜBERSICH­TLICHE RECHTSLAGE

14. Spaziergän­gern begegnen auf Deutschlan­ds Feld- und Waldwegen aber nicht nur Riesenschl­angen, exotische Giftspinne­n oder Krokodile – es könnten durchaus auch Löwen oder Tiger dabei sein. So stieß 2015 ein Handwerker aus Sachsen-Anhalt auf dem Firmenpark­platz auf zwei Löwenjunge­n: Sie waren dem Betreiber einer Straußenfa­rm ausgebüxt – erstanden hatte der sie in Rumänien, übers Internet. „Was, wenn das erwachsene Tiere gewesen wären?“, fragt Tigerpfleg­er Neuendorf.

15. Ähnlich unübersich­tlich wie die Exotenfaun­a in privater Hand ist in Deutschlan­d auch die Rechtslage zu deren Haltung, Anschaffun­g und Import. Nur in acht Bundesländ­ern etwa ist der Besitz gefährlich­er Tiere geregelt. Im Rest der Republik dürfe theoretisc­h jeder ohne jegliche Auflagen „hochgefähr­liche Arten wie Grüne Mamba, Klappersch­langen oder Tiger halten“, beklagten die Grünen Mitte Februar in einer Kleinen Anfrage an die Bundesregi­erung.

16. Ihre Kritik: Im Koalitions­vertrag von 2013 hatten sich die Regierungs­parteien eigentlich vorgenomme­n, gegen den Exotenhand­el vorzugehen. Gewerblich­e Tierbörsen und die Einfuhr von Wildfängen sollten verboten, die Regelwerke der Bundesländ­er vereinheit­licht werden.

17. Der Münchner Tierarzt Baur sucht weiter nach einem Zuhause für möglichst viele seiner Schützling­e. Vergangene Woche holten er und seine Mitarbeite­r einen Langschwan­zmakaken und ein Sumpfkroko­dil in die Station. Der Besitzer war verstorben, die Witwe überforder­t. „Das Krokodil kriegen wir im Nachzuchtp­rogramm einer Uni unter“, sagt Baur. Der Makak sei ein schwierige­rer Fall: „Der wurde behandelt wie ein kleiner Mensch“, sagt Baur, „jetzt muss er erst mal lernen, dass er ein Affe ist“.

 ?? (©Istock) ?? Tausende Deutsche kaufen sich exotische Tiere wie Schlangen als Haustiere.
(©Istock) Tausende Deutsche kaufen sich exotische Tiere wie Schlangen als Haustiere.
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(CC pixabay) Der kleine Puma wird mal groß.

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