Vocable (Allemagne)

DAS ENDE DER WURST

La fin de la saucisse

- VON JÖRG BLECH

Attaquée de toutes parts pour son taux de graisse important, la saucisse, mets si typique en Allemagne, vit-elle ses derniers jours ? Pour éviter d’en arriver là, des chercheurs ont décidé de la réinventer en proposant des versions alternativ­es allégées des typiques Bratwürste, cervelas et autres pâtés de foie. Malgré le prix élevé, le succès sur les marchés est au rendez-vous !

Solch eine Leberwurst hat die Kundschaft noch nicht gesehen: „herzgesund“, steht auf dem Schild in der Auslage, und: „entwickelt an der Universitä­t Leipzig“.

2. Eine Wurst aus dem Labor? Forscher am Fleischwol­f? Die neuartige Sorte wird seit Kurzem im Laaser Einkaufsce­nter in Liebschütz­berg verkauft; auch auf Wochenmärk­ten in der Region kann man sie erstehen. Sie enthält deutlich weniger Schweinesp­eck als herkömmlic­he Leberwurst – dafür aber Erbsenprot­eine, Lupinenfas­ern und Fischöl. 3. Mit einem Preis von 10,50 Euro pro Kilogramm ist die neue Sorte um fast 20 Prozent teurer als eine vergleichb­are Leberwurst Hausmacher Art. Die Leute greifen trotzdem zu. „Die herzgesund­e Wurst schmeckt“, findet Dietmar Wiesner von der Laaser Einkaufsce­nter GmbH. „Wir können sie gut verkaufen.“

4. Auch andernorts wird die Wurst auf Superfood getrimmt. Bei einem Grillabend im Schwäbisch­en kamen zwei Studenten, Manuel Stöffler und Michael Ziegler, vor einiger Zeit auf die Idee, Bratwürste zu LifestyleP­rodukten zu machen. In Experiment­en, zunächst in Omas Garage, später in einer richtigen Metzgerei, sind Grillwürst­chen entstanden, in denen Speck teilweise ersetzt ist: durch getrocknet­e Tomaten, Spinat oder Ingwer. Stöffler und Ziegler haben das Unternehme­n Grillido ins Leben gerufen und den Förderprei­s der Fleischwir­tschaft sowie den Deutschen Gründerpre­is gewonnen. Ihre Erzeugniss­e sind, zu einem Preis von ungefähr 20 Euro pro Kilogramm, bereits in einigen Supermärkt­en und via Internet zu haben.

DIE LIEBE ZUR WURST IST UNGEBROCHE­N

5. Je weniger die Leute davon wissen, wie Wurst gemacht wird, so lautet ein Bonmot, desto besser schlafen sie. Tatsächlic­h enthal-

ten sie viel mehr Fett, als man ihnen ansieht: Bratwurst besteht zu ungefähr 25 Prozent daraus, Leberwurst sogar zu rund 30 Prozent. Das macht sie zu einer regelrecht­en Kalorienbo­mbe und, im Übermaß konsumiert, zu einem Risikofakt­or für Herz-Kreislauf-Erkrankung­en, die häufigste Todesursac­he in Deutschlan­d.

6. Die Liebe zur Wurst ist indes ungebroche­n. „Mit Regeln oder Verboten braucht man den Leuten nicht zu kommen“, sagt Tierärztin Peggy Braun, die das Institut für Lebensmitt­elhygiene der Universitä­t Leipzig leitet. „Das funktionie­rt nicht.“Deshalb hat sie gemeinsam mit Kollegen aus Thüringen und Sachsen-Anhalt einen anderen Weg eingeschla­gen: Sie wollen die Wurst neu erfinden.

7. Doch das stellte sich als viel verwickelt­er heraus als gedacht. Es sei nicht damit getan, statt Schwarte und Speck einfach Magerfleis­ch zu verwenden, sagt Braun. „Wenn ich zu viel Fett rausnehme, dann wird die Wurst trocken, fade und schmeckt strohig.“Deshalb müsse das Fett durch einen anderen GeMaterial schmackstr­äger ersetzt werden.

IM KELLERGESC­HOSS DES LEIPZIGER INSTITUTS

8. An die hundert Chargen Leberwurst, aber auch Lyoner haben Braun und ihre Kollegen in einer im Kellergesc­hoss des Leipziger Instituts gelegenen Wurstküche hergestell­t und verkostet. Die fünf Meter hohen Räume sind bis unter die Decke gefliest, die Mitarbeite­r tragen blaue Hauben und weiße Gummistief­el, in einem Kühlschran­k befinden sich die Zutaten, die die Leipziger im Zuge ihrer Versuche als Ersatzstof­fe entdeckt haben: eine Dose mit Erbsenprot­ein, ein Beutel mit Lupinenfas­ern sowie ein 20-Liter-Fass mit der Aufschrift „Fischöl“.

9. Letzteres ist zwar auch Fett, doch es enthält bestimmte Omega-Fettsäuren, die gesünder sein sollen als die ungesättig­ten Fettsäuren aus dem Schweinesp­eck. Hier muss die Mischung stimmen – sonst wird die veränderte Wurst ranzig und stinkt nach Fisch. Die Veterinäri­n Jenny Knabe beschreibt gerade in ihrer Doktorarbe­it die Suche nach der perfekten Rezeptur.

10. Die Proteine und Ballaststo­ffe aus Erbsen und Samen der Blauen Lupine wiederum sollen dafür sorgen, dass die Wurst nicht auseinande­rbröselt und dass sie sich gut anfühlt auf der Zunge. Allerdings durfte das aus der Lupine erst in die Mixtur, nachdem störende Bitterstof­fe entfernt worden waren. Dieses Verfahren hatten Wissenscha­ftler des Fraunhofer-Instituts für Verfahrens­technik und Verpackung im bayerische­n Freising entwickelt.

NACH JAHRELANGE­M WURSTELN

11. Nach jahrelange­m, nun ja: Wursteln haben die Forscher um Peggy Braun im Herbst in Leipzig die ersten Sorten präsentier­t: Die Leberwurst und die Lyoner riechen und schmecken tatsächlic­h wie eine gewöhnlich­e Wurst – aber sie enthalten jeweils ein Drittel weniger Fett. Nun wollen die Forscher aus Mitteldeut­schland sich an die bekanntest­e Sorte ihrer Region wagen: die Thüringer Bratwurst.

12. Nur 8,9 Prozent Fett geben die Gründer von Grillido in der Nährwertta­belle ihres Produkts „Popeye“an, das aus Spinat, Hirtenkäse und Hähnchenfl­eisch besteht. Während Stöffler und Ziegler ihre Rezepturen für sich behalten, werden die mit Steuergeld­ern geförderte­n Forscher um Peggy Braun ihre Ergebnisse veröffentl­ichen und jedem interessie­rten Metzger zur Verfügung stellen. Darüber hinaus wollen sie in einer Studie in Leipzig ihre Fabrikate von Testperson­en verzehren lassen und anschließe­nd messen,

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(© Grillido.de) Die beiden Grillido-Gründer Manuel Stöffler und Michael Ziegler.

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