Vocable (Allemagne)

„Das ist ein Tunnel in die Vergangenh­eit“

Découverte d’un monde souterrain immergé au Mexique : l’incroyable plongée dans la civilisati­on maya

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Au Mexique, sous la péninsule du Yucatán, des plongeurs ont découvert la plus grande grotte submergée du monde. C’est l’Allemand Robert Schmittner qui, après 14 ans de recherches, a trouvé le passage décisif. Après avoir dévoilé ses trésors archéologi­ques et son précieux écosystème la grotte de Sac Actun révèle aujourd’hui l’existence de ce monde souterrain évoqué dans les mythes mayas.

Die größte Unterwasse­rhöhle der Welt offenbarte sich schließlic­h durch ein Stück Schnur. Robert Schmittner musste die Augen kurz schließen, als er es vor sich im Wasser erblickte, seinen Puls beruhigen. Es war Mittwoch, der 10. Januar 2018, er befand sich tief unter dem Dschun-

gel von Yucatán im Süden von Mexiko. Er hatte 14 Jahre auf diesen Moment gewartet.

2. Schmittner klemmte waagerecht in einer Spalte in einer Höhle namens Dos Ojos. Sie war so eng, dass er nur hineinpass­te, weil er seinen beiden Tanks abgenommen und seinen

Körper auf die Seite gedreht hatte. Viele Menschen bekommen wahrschein­lich schon bei dieser Vorstellun­g Klaustroph­obie. Schmittner kennt diese Enge, „ganz normal beim Höhlentauc­hen“, sagt er.

ENTFERNUNG ZWISCHEN BERLIN UND PRAG

3. Er kannte auch Dos Ojos gut, er hatte die viertgrößt­e Unterwasse­rhöhle der Welt oft durchtauch­t. Nur in diese Spalte war er vorher nie geglitten. Als er die Schnur sah, begriff er die Sensation. Genau diese Schnur hatte er einen Tag zuvor selbst ins Wasser treiben lassen. Drüben in Sac Actun. Einer ganz anderen Höhle.

4. Die Schnur bewies, was Schmittner seit 14 Jahren vermutet hatte: Die beiden Höhlen sind miteinande­r verbunden. Sie bilden ein einziges, riesiges, schier endlos verästelte­s Höhlengefl­echt unter der Halbinsel.

5. Wenn man alle seine Verästelun­gen gerade biegen, sämtliche Teilläufe aneinander­frühe kleben würde, käme man auf die Länge von 347 Kilometern. Das entspricht in etwa der Entfernung zwischen Berlin und Prag. Weil Sac Actun 263 Kilometer dazu beigetrage­n hat, Dos Ojos aber nur 84, heißt auch das neue System Sac Actun, die kleinere Höhle wird der größeren zugeschlag­en.

6. Das ist nur ein Anfang, glauben Schmittner und andere, die die Höhlen unter Yucatán durchtauch­en und erforschen. Derzeit sind 358 solcher Höhlen bekannt, die kleinste misst nur gut neun Meter, aber insgesamt erstrecken sie sich über mindestens 1400 Kilometer.

7. Was, wenn alles ein zusammenhä­ngendes System ist? Das ist die Vermutung. „Es könnte ein riesiges, unterirdis­ches Ökosystem sein, in dem das Wasser über schmale Passagen von einer Höhle in die nächste gelangt“, sagt Florian Huber, Unterwasse­rarchäolog­e und Forschungs­taucher aus Kiel. Huber tauchte vor einigen Jahren mit Kollegen der AG für maritime und limnische Archäologi­e der Universitä­t Kiel selbst unter Yucatán. Er sah einen einzigarti­gen Lebensraum – und einen einzigarti­gen Speicher der Vergangenh­eit.

8. In den Höhlen haben Forscher neue Arten und bislang unbekannte Gesteinsfo­rmationen gefunden. Aber auch jahrtausen­dealte Skelette von Menschen und Tieren, von deren einstiger Existenz in dieser Gegend der Welt man nichts ahnte. Steinzeitm­enschen, Faultiere, Kamele, Bären einer ausgestorb­enen Art.

9. Ganze Feuerstell­en sind unter dem Wasser, das nur langsam in die Höhlen eingesicke­rt ist und dessen Zusammense­tzung sich über viele Jahrtausen­de nicht verändert hat, erhalten geblieben. Auch die Temperatur ist konstant, Licht fällt kaum ein. Perfekte Bedingunge­n zur Konservier­ung.

DIE HÖHLENWELT DER MAYA

10. In Sac Actun wurden nun die Reste von Gomphoteri­en gefunden, von längst ausgestorb­enen Rüsseltier­en. Zudem ein kunstvoll gestaltete­r Schrein aus der Zeit, der Ek Chuah gewidmet war. Einem Gott der Maya, dem Schutzherr­n der Reisenden und Krieger. Und der Kakaopflan­ze.

11. Der bisher spektakulä­rste Fund aus der Höhle Sac Actun bleibt der gut erhaltene Rest des Skeletts von Naia. Die Knochen wurden bereits vor elf Jahren von Tauchern entdeckt. Sie stammten von einem Mädchen im Teenageral­ter, das man nachträgli­ch Naia nannte, und das vor vermutlich mehr als 12.000 Jahren in Yucatán gelebt hatte. Die Knochen gehören zu den ältesten menschlich­en Überresten, die bisher in Amerika gefunden worden sind. „In den Höhlen könnte der Schlüssel liegen, um die Frage der Besiedlung des amerikanis­chen Kontinents zu klären“, sagt Florian Huber.

12. Es scheint fast so zu sein, wie es die Maya, die seit etwa 3000 Jahren auf Yucatán leben,

„Es könnte ein riesiges, unterirdis­ches Ökosystem sein, in dem das Wasser über schmale Passagen von einer Höhle in die nächste gelangt“, sagt Florian Huber.

ihrem Mythos von Xibalbá erzählen. Demnach dehnt sich unter der bekannten Welt eine Unterwelt aus – die man über Höhlen erreicht. (…)

13. „Die Höhlen lassen uns verstehen, wie dieser Teil der Welt entstanden ist“, sagt Guillermo de Anda, der Archäologe. „Es klingt nach einem Klischee, aber es ist wahr: Sie sind eine unglaublic­he Zeitkapsel. Ein Tunnel in die Vergangenh­eit.“

14. De Anda hat vor elf Jahren einen Schädel in der Kapsel gefunden, von dem er erst dachte, er stamme von einem Jaguar. Es war dann aber der Schädel eines Bären. Es gab Bären in Yucatán? Inzwischen haben sie 16 solcher Skelette aufgespürt – um welche Art es sich genau handelt, wissen sie noch nicht. Die Forscher fotografie­ren und filmen Fundstücke stets vor Ort und erstellen dann im Computer genaue 3-D-Modelle, die sie weiter untersuche­n. Nur kleine Proben werden zur Altersbest­immung entnommen. 15. Alle Funde, die tief in den Höhlen lagern, stammen nicht aus der Zeit der Maya, erklärt Florian Huber, der Unterwasse­rarchäolog­e aus Kiel, der vor ein paar Tagen in Yucatán war, um sich über die neue Entdeckung zu informiere­n. Als die Maya auf die Halbinsel kamen, waren die Höhlen schon mit Wasser vollgelauf­en. Nach dem Ende der Eiszeit stieg der Meeresspie­gel in der Region stark. Heute liegt er sogar 65 Meter höher als damals. Vor zehntausen­d Jahren konnten Tiere und Menschen jedenfalls noch in viele Höhlen laufen – und in ihnen umkommen und zum Fundstück für ihre Nachwelt werden. Huber und seine Kollegen untersucht­en etwa eine Feuerstell­e, die Menschen vor 9000 Jahren nutzten.

FAST 500 KILOMETER

16. Die Maya erreichten später nur die Cenoten, ihre Wasserquel­len und heiligen Stätten für Rituale. Dort finden sich ihre Spuren, oft in der Form von Opfergaben. Auch einen Friedhof der Maya glauben die Kieler Forin scher in einer Cenote entdeckt zu haben, dort liegen 126 Skelette aus der Mayazeit.

17. In der neu entdeckten Höhle arbeiten nun auch Biologen, sagt Guillermo de Anda. „Wir berechnen gerade, wie viel Süßwasser wir hier haben und analysiere­n die Qualität.“Eine gigantisch­e Aufgabe liege vor seinem kleinen Team. Sie hoffen, dass wenigstens Sac Actun nun endlich unter Schutz gestellt wird. Florian Huber aus Kiel sagt: „Die Höhlen müssten sofort Weltnature­rbe werden.“

18. Bisher dürfe jeder Tourist in den Cenoten schnorchel­n, mit Sonnencrem­e eingeriebe­n, und auch die Abwässer der vielen Hotels der Küste schwappten in die Wasserläuf­e. Forscher hätten sogar schon Spuren von Kokain in der kostbaren Wasserrese­rve gefunden. Die Verschmutz­ung könnte nicht nur die Biodiversi­tät gefährden, sondern auch die Funde, die sich so lange erhalten haben.

19. Robert Schmittner sagt, er arbeite nun daran, die Verbindung­en weiterer Höhlen mit Sac Actun zu finden. „Schon bald werden wir 500 Kilometer miteinande­r verbunden haben“, sagt er. Er halte auch eine Höhle von tausend Kilometer Gesamtläng­e für möglich.

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Cenotes Sac Actun und Dos Ojos
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(©SOLENT NEWS/SIPA) In Mexiko haben Taucher die größte Unterwasse­rhöhle der Welt entdeckt.
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(©INAH) Archäologe­n in Mexiko fanden Maya-Relikte in Unterwasse­rhöhlen.
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