Vocable (Allemagne)

Wie der König der Selleriekn­olle zum besten Koch der Welt wurde

Un Suisse à New York : Daniel Humm est le chef du « meilleur restaurant du monde »

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En mars 2017, à la surprise générale, le chef Daniel Humm et son restaurant „Eleven Madison Park“de New York s’imposaient en tête des World’s 50 Best

Restaurant­s. Après la cuisine moléculair­e de Ferran Adrià et les expériment­ations extravagan­tes de René Redzepi, retour avec le chef suisse aux fondamenta­ux de la cuisine.

Daniel Humm spricht langsam und präzise, schließlic­h ist er Schweizer, das R aber rollt er so weich wie ein Amerikaner. Was er kann, sieht man dem 41-Jährigen nicht an: Hier, im Eingangsbe­reich des „Eleven Madison Park“, dem derzeit besten Restaurant der Welt, sitzt der beste Koch der Welt auf einem geschwunge­nen grünen Samtsofa – und erzählt von seiner Karriere, seiner Heimat im Aargau, seinem Wunsch, Profi-Radsportle­r zu werden, und warum das dann doch nicht geklappt hat.

2. Humm hat Küchenstar­s wie den Italiener Massimo Bottura und den mit seinem Kopenhagen­er „Noma“lange führenden Dänen René Redzepi vom Spitzenpla­tz der „World’s 50 Best Restaurant­s“verdrängt. „Ich liebe es zu gewinnen“, sagt Humm. „Diese Wettkampfm­entalität hatte ich schon immer in mir.“Der kulinarisc­he Wettkampf ist jetzt wieder eröffnet.

DER WETTSTREIT DER SUPERKÖCHE

3. Mit Humms Aufstieg zum weltbesten Koch rückt die Kunst des Kochens wieder ins Zentrum der Spitzengas­tronomie. Redzepi hatte vor allem durch die Idee des „Foraging“, des Sammelns von Zutaten in der Natur, Furore gemacht. Davor hatte der Spanier Ferran Adrià mit seiner Molekulark­üche im „El Bulli“an der Costa Brava mit chemischen Prozessen und raffinier- ten Techniken, mit Schäumchen und dampfenden Flüssigkei­ten die Food-Szene begeistert. Humm sammelt nicht, seine Küche ist kein Labor. Er kocht traditione­ll französisc­h. „Back to the basics“, nennt er das.

das Schäumchen la mousse / dampfen fumer / die Flüssigkei­t le liquide / die Food-Szene les milieux de la gastronomi­e / begeistern enthousias­mer.

4. Humm liebt Minimalism­us in der Küche. Mit wenigen Zutaten erzeugt er eine Geschmacks­explosion im Mund. Oft sind seine Gerichte monochroma­tisch weiß. Sein Signature Dish ist ein unscheinba­rer Ball von heller Selleriekn­olle auf weißem Mus. Die Knolle wird in der Schweinebl­ase gegart und mit Trüffel zubereitet: „Es ist die perfekte Mischung aus einfachste­r Zutat, der Selleriekn­olle, und größtem Luxus, der Trüffel“, sagt Humm. „Es ist ein komplexes Gericht, das einfach aussieht, aber den schwierigs­ten Kochprozes­s benötigt, den ich je probiert habe. Ich war glücklich, als ich dieses Gericht kreiert habe.“

5. So sensatione­ll war die Selleriekn­olle, dass sie Humm vor ganz neue Herausford­erungen stellte: „Zum ersten Mal in 20 Jahren wusste ich, wer ich als Koch bin. Aber zugleich stand ich wieder ganz am Anfang – denn alles, was ich davor gekocht hatte, erschien mir unzureiche­nd. Ich musste es wieder tun, mit anderen Zutaten.“Eine Foie-gras-Terrine in einem Kohlblatt zum Beispiel. Ein Stör-Käsekuchen mit Kaviar.

6. „Ich will, dass die Leute auf den ersten Blick schockiert sind, wenn sie mein Gericht sehen, und sich sagen: ‚Das ist alles?‘ Aber wenn sie es essen, verstehen sie es plötzlich. Dafür müssen Optik, Geschmack, Textur, Kreativitä­t und die Geschichte hinter dem Gericht stimmen.“Humm ist Perfektion­ist, mit schweizeri­scher Gründlichk­eit macht er sich an den schöpferis­chen Prozess. Die Weiterentw­icklung eines Gerichts dokumentie­rt er fotografis­ch und archiviert alles sorgfältig in Aktenordne­rn. Aktuell stöbern er und seine Mitarbeite­r in den Unterlagen aus Humms ersten Jahren als Koch: „Ich finde es schön, zu alten Rezepten zurückzuke­hren, ihre Essenz wiederzuen­tdecken. Das hat etwas Pures.“

MIT DER ZÄHIGKEIT DES RADSPORTLE­RS

7. Als Kind ging er mit seiner Mutter im Heimatdorf frühmorgen­s zum Markt. Nach der Schule ließ sie ihn am Duft erraten, was es zu essen gab. Was für einen Musiker das absolute Gehör ist, ist für einen Spitzenkoc­h die Fähigkeit, sich genau an Aromen zu erinnern. Allerdings gelangte Humm erst über Umwege zur Spitzengas­tronomie.

8. Mit 14 schmiss er die Schule und wollte RadProfi werden. Sein Vater war dagegen, strich ihm das Taschengel­d, also jobbte Humm als Küchenhilf­e. Ein Unfall beendete seine Radsport-Karriere, 21 war er da. Auch seine Idee, nun Koch werden zu wollen, fand der Vater daneben. Humm machte es trotzdem: „Die harte Arbeit 16 Stunden am Tag hat mir nichts ausgemacht. Der Sport hat mich sehr viel gelehrt. Als Athlet wusste ich, wie man an sein Limit geht – und darüber hinaus.“Drei Jahren später erkochte er sich im Gasthaus „Zum Gupf“nahe St. Gallen den ersten Michelin-Stern. Er war der bis dato jüngste Schweizer, dem diese Auszeichnu­ng verliehen wurde.

9. Die Mischung aus Schweizerd­eutsch und US-Akzent, mit der er seine Geschichte erzählt, eignete er sich in seinen Jahren in San Francisco an. „Die Schweiz war mir schon immer zu klein“, sagt er.

10. New York aber war auch für ihn eine Herausford­erung: „Diese Stadt kann dich groß rausbringe­n, aber auch auffressen.“Ganz oben ist er jetzt, selbstgefä­llig macht ihn das aber nicht: „Von hier aus kann’s ja nur nach unten gehen.“Er lacht: „Das zu vermeiden ist mein Ansporn.“

„Optik, Geschmack, Textur und Kreativitä­t müssen stimmen“

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(©Marco Grob) Der Schweizer Chef Daniel Humm.
 ??  ?? Pochierter Steinbutt mit Zucchini, wildem Safran und Estragon.
Pochierter Steinbutt mit Zucchini, wildem Safran und Estragon.
 ??  ?? Knollensel­lerie „en Vessie“mit schwarzen Trüffeln.
Knollensel­lerie „en Vessie“mit schwarzen Trüffeln.
 ??  ?? Schokolade­nPalette mit Erdnuss und Popcorn.
Schokolade­nPalette mit Erdnuss und Popcorn.
 ??  ?? Confit von der Spanferkel­schulter mit Zwiebeln und Rhabarber.
Confit von der Spanferkel­schulter mit Zwiebeln und Rhabarber.

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