„Ich mag die Provinz“
Rita Falk, une auteure bavaroise qui pratique le thriller régional avec humour
Les polars de la bavaroise Rita Falk se vendent comme des petits pains. Avec malice elle croque ces personnages et chronique la vie d’un village universel dans lequel chacun reconnaît son voisin avec son caractère de cochon et ses basses intentions.
Schwäbische Zeitung: In Ihrem aktuellen Krimi tauchen zwei Leichen auf. Haben Sie selbst schon einmal eine gesehen? Rita Falk: Gleich mehrere sogar. Die Münchner Kriminalpolizei hat mich im vergangenen Jahr durch ihre Büros geführt und gemeint, als Krimiautorin müsste ich schon auch mal bei einer Obduktion dabei sein. Also bin ich mit zur Gerichtsmedizin, und habe den Mitarbeitern dort beim Sägen und Schneiden zugeschaut. Die sind wirklich mit Werkzeug zugange, das man im Baumarkt kaufen könnte! Was mich erstaunt hat: Dort arbeiteten überwiegend junge Frauen, und die machten ständig Witze und lachten. Das war eine total lockere Arbeitsstimmung.
2. S. Z.: Klingt so, als ob auch Sie den Anblick ganz gut vertragen haben. Falk: Im Gegensatz zu meinem Mann schon, ja. Der ist schneeweiß im Gesicht geworden und lieber wieder rausgegangen. Ich fand das Optische gar nicht am schlimmsten, sondern den Geruch. Es roch wie in einer Metzgerei nach einer frischen Schlachtung, ganz übel. Danach konnte ich wochenlang kein Fleisch essen.
3. S. Z.: Basiert Ihr fiktives Dorf Niederkaltenkirchen eigentlich auf einem realen Ort? Falk: Nicht auf einem bestimmten. Aber die Dörfer rund um Landshut sind schon sehr ähnlich, und die Leute dort ticken so ähnlich wie meine Figuren. Wenn ich einen echten Ort genommen hätte, wären bestimmt viele sauer gewesen, so nach dem Motto: So durchgeknallt, wie du uns beschreibst, sind wir doch gar nicht! Und ich hätte geantwortet: Doch, so seid ihr! Dadurch, dass ich Niederkaltenkirchen erfunden habe, läuft es genau umgekehrt: Niemand fühlt sich auf die Füße getreten und viele glauben, dass ich über ihr Dorf schreibe.
4. S. Z.: Funktioniert diese Identifikation auch außerhalb Bayerns? Falk: Erstaunlicherweise schon. Neulich bekam ich eine Mail von einem Mann, der in einem Dorf in der Nähe von Hamburg lebt. Er schrieb: „Ich wohne in Niederkaltenkirchen und mein Nachbar ist der Flötzinger.“Das ist eine meiner Figuren.
5. S. Z.: Meinen Ihre Leser, dass Sie ein realistisches Bild von Bayern vermitteln? erfinden inventer / es läuft umgekehrt c’est l’inverse qui se produit / jdm auf die Füße treten(a,e,i) fouler qqn aux pieds, offenser qqn. 4. außerhalb + gén. en dehors de / erstaunlicherweise schon étonnamment oui / neulich récemment / in der Nähe von dans les environs de. 5. vermitteln donner /
Falk: Und wie! Sie glauben gar nicht, wie viele Exilbayern mir schreiben und sich für meine Krimis bedanken. Die lesen sie nämlich überall – in Kanada, auf Hawaii und in Neufundland, und sie freuen sich darüber, in der Ferne ein Stück vertraute Welt zu haben. Die finden sich total in meinen Figuren wieder. Aber natürlich wissen meine Leser, dass ich alles mit einem Augenzwinkern erzähle. Eher satirisch als völlig realistisch.
6. S. Z.: Stimmt es, dass Sie Ihre Hauptfigur aus den Erzählungen ihres Ehemannes, eines ehemaligen Polizisten, geformt haben? Falk: Als Robert noch bei der Polizei gearbeitet hat, haben mich tatsächlich viele seiner Geschichten inspiriert. Damals bin ich auch oft auf Weihnachtsfeiern und Sommerfeste der Polizei mitgegangen – die Erzählungen der Kollegen wurden immer schräger, je mehr Bier geflossen war. 7. S. Z.: Schreiben Sie Ihre Krimis nach einem festgelegten Plan? Falk: Früher habe ich mehr drauflos geschrieben, und einmal ist es mir deswegen passiert, dass ich erst im 20. Kapitel merkte, noch keinen Mörder zu haben. Daraufhin musste ich alles umschreiben, eine Wahnsinnsarbeit. Seitdem lege ich den Krimiplot fest, bevor ich anfange. Andererseits geschieht noch immer sehr viel spontan, wenn ich schreibe. Manchmal verarbeite ich auch Dinge, die ich an diesem Tag gerade erlebe.
8. S. Z.: Was denn zum Beispiel? Falk: Wenn mich eine Nachbarin ärgert oder ein Handwerker Mist baut, dann kann es vorkommen, dass ich das gleich verwurstle. Einmal kam mein Sohn total verärgert von der Schule, knallte seinen Ranzen in die Ecke und meinte: „Den Rek-
tor bring ich um.“Meine Antwort war: „Lass das mal lieber, mein Schatz. Das erledige ich schon“. In „Dampfnudelblues“habe ich dann wirklich einen Schuldirektor umbringen lassen.
9. S. Z.: Warum schreiben Sie ihre Krimis aus der Perspektive von Franz Eberhofer — wäre eine weibliche Figur nicht viel einfacher für Sie? Falk: Ach, ich weiß doch ganz gut, wie Männer ticken! Schließlich sitzen ja einige von dieser Spezies bei mir daheim rum und ich kann sie beobachten. Aber das allein war nicht ausschlaggebend. Ich glaube, dass ich mich unterbewusst für die Franz-Perspektive entschieden habe, weil dann noch ein bisschen Abstand zu mir selbst da ist. Ich gebe grundsätzlich viel von mir preis in den Büchern, und so bleibt mir noch eine kleine Distanz.