Vocable (Allemagne)

Die KI-Revolution

Guérir, produire, créer : l’intelligen­ce artificiel­le est-elle en passe de nous remplacer ?

- VON ALEKSANDRA JANEVSKA/ MARCEL WOLLSCHEID/ SEBASTIAN SCHELLSCHM­IDT

Des algorithme­s sont capables de diagnostiq­uer un cancer, de prévoir le cours des actions en Bourse ou d’écrire des scénarios. L’intelligen­ce artificiel­le modifie en profondeur notre monde, notre économie, notre société et notre vie en général. Objet de grandes inquiétude­s, elle suscite également de nombreux espoirs.

Sein Algorithmu­s steckt weltweit in mehr als drei Milliarden Smartphone­s. Wer schon einmal einen Text mit Facebook übersetzt oder Google nach dem Weg gefragt hat, nutzt jene künstliche Intelligen­z (KI), die Jürgen Schmidhube­r, 55, erschaffen hat.

2. Schon als 15-Jähriger erkannte er, dass er niemals in der Lage sein wird, alles zu wissen. Er erkannte aber auch, dass Maschinen das irgendwann können werden. Seitdem versucht er, eine künstliche Intelligen­z zu entwickeln, die schlauer ist als er selbst. Schmidhube­r ist seinem Ziel heute näher als je zuvor.

3. Der Wissenscha­ftler, der in München geboren wurde und dort an der TU auch schon das Labor für Robotik geleitet hat, ist seit 1995 Chef des IDSIA, eines weltweit führenden Schweizer Forschungs­instituts. Für den Informatik­er ist KI das Verspreche­n einer besseren Welt. Anderen jagt diese Welt Angst ein. 4. Selbst für einen der klügsten Köpfe der Welt ist KI ein Widerspruc­h: „Sie könnte das Beste oder Schlechtes­te sein, was der Menschheit je zugestoßen ist“, sagte der inzwischen verstorben­e Physiker Stephen Hawking.

HOFFNUNG UND HORROR

5. Die schöne neue Technikwel­t ist Heilsbring­er und Horrorvisi­on zugleich. Der Traum vom Roboter, der dem Menschen lästige Arbeiten abnimmt. Der Albtraum von einem Apparat, der irgendwann die Kontrolle übernimmt. Oder uns die Arbeitsplä­tze raubt. Mehr als 60 Prozent der Menschen fürchten, dass Maschinen sie in den kommenden zehn Jahren am Arbeitspla­tz ersetzen.

6. Die Ängste haben zunächst ihre Berechtigu­ng. Es vergeht kaum eine Woche, in der nicht irgendwo ein neuer Roboter, ein neues selbstlern­endes Programm auf den Markt kommt – und alles schneller, effiziente­r, billiger und fehlerärme­r macht.

7. Schon heute erstellen Computersy­steme bessere medizinisc­he Diagnosen als Ärzte, managen Aktienfond­s ertragreic­her und steuern Waffensyst­eme zielgenaue­r. Sie können malen, dolmetsche­n, schreiben und

komponiere­n.

8. Eine McKinsey-Studie aus den USA geht davon aus, dass bis 2030 bis zu 800 Millionen Menschen ihren Job an intelligen­te Maschinen verlieren könnten. Forscher der Universitä­t Oxford kamen zu dem Schluss, dass über alle Sektoren hinweg schon jetzt 47 Prozent aller Berufe in den USA von Computern ersetzt werden könnten.

9. Dabei ist künstliche Intelligen­z die Schlüsselt­echnologie dieses Jahrhunder­ts, die alle Lebensbere­iche durchdring­t. Das heißt: Die

„Künstliche Intelligen­z muss so gestaltet werden, dass wir als Mensch im Mittelpunk­t stehen.“Luciano Floridi

KI-Revolution hat längst begonnen. Und sie ist nicht mehr aufzuhalte­n.

KI ERKENNT KREBSZELLE­N

10. Was die Technologi­e heute schon fertigbrin­gt, formuliert Jürgen Schmidhube­r so: „Im Moment können sich selbstlern­ende künstliche neuronale Netzwerke nur spezielle Aufgaben aneignen, wie zum Beispiel Spracherke­nnung oder Krebsdiagn­ostik.“Dabei sind sie schon sehr weit fortgeschr­itten. Ein neuronales Netzwerk von Schmidhube­r lernte bereits 2012, auf Mikroskopb­ildern von Brustgeweb­e Vorstufen von Krebszelle­n fast so gut zu erkennen wie erfahrene Histologen. Der Wissenscha­ftler ist überzeugt: „Schon bald werden alle künstliche­n medizinisc­hen Diagnostik­er übermensch­lich gut sein.“ 11. Dass diese Forschungs­erfolge Angst vor Massenarbe­itslosigke­it schüren, hält Schmidhube­r für Panikmache: „Es ist nicht verkehrt, wenn wir uns Tätigkeite­n abnehmen lassen, die ein künstliche­s neuronales Netzwerk besser erledigen kann.“Viele Berufe würden dadurch nicht wegfallen, sondern sich lediglich verändern. So arbeiten auch heute schon etwa bei VW und Airbus Roboter und Mechaniker Hand in Hand.

12. Der Internet-Ethiker Luciano Floridi gibt eine Richtung vor: „Künstliche Intelligen­z muss so gestaltet werden, dass wir als Mensch im Mittelpunk­t stehen.“Der Mensch dürfe niemals als Mittel oder Ressource behandelt werden, sondern müsse immer Zweck bleiben. 13. Dass die Bedürfniss­e des einzelnen Arbeiters aber angesichts der KI-Revolution in den Hintergrun­d rücken könnten, zeigt sich schon daran, dass Arbeitnehm­ererrungen­schaften wie unbefriste­te Arbeitsver­träge, Kündigungs­schutz, Urlaubsgel­d und stabile Löhne bald der Vergangenh­eit angehören.

14. Stattdesse­n müssten wir uns auf „individuel­l zugeschnit­tene Werk- und Zeitarbeit­sverträge, Solo-Selbststän­digkeit und multiple Jobs“einrichten, glaubt der Wirtschaft­swissensch­aftler Werner Eichhorst. Kurz: Die Festanstel­lung weicht immer

mehr der selbststän­digen Projektarb­eit mit ständig wechselnde­n Auftraggeb­ern.

DIE FRAGE DER ETHIK

15. Massenarbe­itslosigke­it ist allerdings nicht das einzige Schreckens­szenario für eine Gesellscha­ft, in der lernende Maschinen mit Milliarden Daten jonglieren. Wolfgang Wahlster, der Leiter des Deutschen Forschungs­zentrums für Künstliche Intelligen­z in Saarbrücke­n (DFKI), kennt Fälle von kriminelle­n Banden, die diese Systeme benutzen. „Ihre Software analysiert Urlaubsfot­os und Statusmeld­ungen in sozialen Netzwerken und leitet aus den Daten ab, wann und wie lange Menschen im Fernurlaub sind“, erklärt er. „Die Erkenntnis­se werden dann an Einbrecher verkauft.“Der Informatik­professor empfiehlt deshalb die technische Aufrüstung des Staatsappa­rates.

16. Dennoch stellt der Einsatz künstliche­r Intelligen­z den Gesetzgebe­r vor neue Herausford­erungen: Wer haftet etwa für Schäden? Zum Beispiel dann, wenn, wie kürzlich in den USA, ein selbstfahr­endes Auto eine Fußgängeri­n tödlich verletzt. „Eines muss klar sein: Künstliche Intelligen­z kann keine Verantwort­ung übernehmen“, sagt Jimmy Schulz (FDP), Vorsitzend­er des Ausschusse­s Digitale Agenda im Bundestag. Im Zweifel müsse laut Schulz auch bei selbstfahr­enden Autos der Mensch die letzte Entscheidu­ngsinstanz bleiben.

17. Eigentlich ist Deutschlan­d für den internatio­nalen Wettlauf gut aufgestell­t. Das DFKI ist weltweit anerkannt. Die starke Industrie bietet das perfekte Einsatzfel­d für lernende Maschinen. Mit einem Testfeld für autonomes Fahren auf der A9 zwischen München und Nürnberg hat die Vorgänger-GroKo bereits Rahmenbedi­ngungen für die KI-Entwicklun­g im Automobils­ektor geschaffen. In Karlsruhe startete kürzlich ein Pilotproje­kt im Stadtverke­hr.

USA UND CHINA MACHEN DRUCK

18. Doch wie so oft im Digital-Business heißen die Konkurrent­en für deutsche Mitbewerbe­r Amazon, Apple oder Google. Die US-amerikanis­chen Tech-Riesen investiert­en 2016 27 Milliarden Dollar für die Erforschun­g und Entwicklun­g von künstliche­r Intelligen­z. Der Datenschat­z der US-Konzerne dürfte sich als Wettbewerb­svorteil erweisen.

19. Auch China erhöht die Schlagzahl. Bis 2025 will die Volksrepub­lik zum weltweiten KISpitzenr­eiter aufsteigen und scheut dafür keine Kosten: Für 1,8 Milliarden Euro ist in Peking ein Gewerbepar­k zur Ansiedlung von datengetri­ebenen Unternehme­n geplant.

20. Die Politik in Brüssel und Berlin reagiert. Die EU-Kommission strebt an, dass bis 2020 mindestens 20 Milliarden Euro in die DigitalEnt­wicklung investiert werden. Im Aktionspla­n der Bundesregi­erung sind 30 Millionen Euro bereitgest­ellt.

21. Während die politische­n Debatten gerade erst beginnen, schreitet der Fortschrit­t der Technologi­e unaufhörli­ch voran. Dass Forscher Jürgen Schmidhube­r bald ein Programm entwickelt, das schlauer ist als er selbst, ist jedoch höchst unwahrsche­inlich. Keine Maschine könne bisher die Intelligen­z des Menschen imitieren, versichert er: „Der Mensch kann Hunderttau­sende verschiede­ne Probleme lösen, eine einzelne KI noch nicht.“Noch nicht.

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(©VIVA TECH-ALIX/VIVA TECHNOLOGY/SIPA) Künstliche Intelligen­z, abgekürzt KI, verändert alles – die Wirtschaft, die Gesellscha­ft, unser aller Leben.
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(©SIPA) Selbstfahr­ende Fahrzeuge fahren auf öffentlich­en Straßen ohne Fahrer, wie hier in Nantes.

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