Vocable (Allemagne)

Was die Hitze mit unserem Körper anstellt

Ni chaud ni froid – une étude sur la températur­e corporelle

- VON JULIA FRIESE

Die Idealtempe­ratur für den Menschen gibt es nicht.

Une ambiance tropicale règne sur Berlin. Lorsqu’il y a de l’humidité dans l’air la sensation de chaleur augmente. Andreas Matzarakis nous explique pourquoi notre perception de la températur­e ambiante varie grandement selon notre pays d’origine et notre sexe.

Haben Sie sich nicht auch schon gefragt, was wäre, wenn andere Wesen, also Wesen, die noch nicht aufgetauch­t sind, den Menschen als Haustier halten würden, wie wir Tiere als Haustiere halten, wie diese Wesen uns dann halten würden?

2. Sie würden uns aller Wahrschein­lichkeit nach in einem Terrarium behausen. Gefliest wäre es vermutlich und hätte in der Mitte einen schönen dickflorig­en Teppich. Dazu: Fenster zu allen Seiten. Das Dach wäre lichtundur­chlässig. Man würde den Menschen halten, ganz so, wie er sich in etwa selber hält. Bestimmt. Nur welche Temperatur würde man dem Menschen angedeihen lassen? Gibt es eine Idealtempe­ratur für das Wesen Mensch?

IM MENSCHENTE­RRARIUM

3. Das ist eine Frage für Andreas Matzarakis. Er ist der Leiter des Zentrums für MedizinMet­eorologisc­he Forschung des Deutschen Wetterdien­stes in Freiburg. Und er redet nicht lange drum herum. Er sagt sofort: Die Ideal- temperatur für den Menschen gibt es nicht. Denn: Nicht alle Menschen empfinden dieselben Temperatur­en gleich.

4. „Es fängt schon damit an, dass Frauen weniger Möglichkei­ten haben zu schwitzen als Männer“, sagt Matzarakis. Frauen hätten in etwa nur 70 Prozent der Schweißdrü­sen, die Männer haben, und im Verhältnis zu ihrem Körpergewi­cht insgesamt eine größere Oberfläche als der Mann, wodurch sie mehr Wärme abgeben und somit leichter frieren.

5. „Aber“, sagt Matzarakis, „die Durchschni­ttstempera­tur, bei der der Mensch am wenigsten Energie verbraucht, um seine ideale, durchschni­ttliche Körpertemp­eratur von 37 Grad zu halten, ist 27 Grad Lufttemper­atur.“

6. Idealerwei­se ist diese Luft trocken. Die Fenster des Menschente­rrariums sollten also am besten geschlosse­n bleiben. Denn Feuchtigke­it ist nicht so richtig gut für den Menschen. „Wasser auf der Haut führt dazu, dass es zur Verdunstun­g kommt, und wenn es dann zusätzlich windet, kommt es zur schnellere­n Abkühlung.“

7. Sommer, also so richtig satte 31 Grad, ist für den Menschen auch besser zu ertragen, wenn er trocken ist. Feuchte 31 Grad, also Schwüle, sorgten gerne dafür, dass der Mensch einen Hitzekolla­ps bekommt. 8. „Wenn es zum Beispiel 31 Grad warm ist und feucht, dann schwitzt der Mensch. Und schwitzen ist nur dann zielführen­d, wenn der Schweiß in der Luft verdunsten

kann. Das kann er aber nicht, wenn in der mich umgebenden Luft noch mehr Feuchtigke­it ist als auf meiner Haut. Der Körper kann die überschüss­ige Wärme nicht loswerden, schwitzt aber immer mehr und kann doch nicht abkühlen“, sagt Matzarakis.

9. Ein Hitzekolla­ps ist also nichts anderes als die pure Verzweiflu­ng des Körpers. Er arbeitet und arbeitet und erreicht nichts. Ein Hitzekolla­ps ist also fast ein Sinnbild für das Leben.

BEI KRANKEN ÄNDERT SICH DAS TEMPERATUR­EMPFINDEN

10. Apropos Arbeit, das muss man Matzarakis auch noch fragen, gibt es eigentlich eine Temperatur, bei der der Mensch am besten arbeitet? Wie kühl muss das Terrarium sein, wenn man einen fleißigen Menschen darin beobachten will?

11. Der Meteorolog­e sagt: „Also meine ideale Arbeitstem­peratur liegt bei 18 Grad. Freunde sagen mir: Du bist kein Mensch, mehr ein Eisblock. Dabei ist es so, der Mensch mag es allgemein zum Arbeiten etwas kälter, da der Kreislauf des Körpers bei 17, 18 Grad in Schwung kommt. Diese kühleren Temperatur­en wirken insgesamt anregend.“

12. Irritieren­derweise sind 17, 18 Grad im Übrigen auch die ideale Temperatur zum Schlafen, da der Körper seine Temperatur dabei herunterfä­hrt und eine kühlere Umgebung ihm dabei hilft.

13. Welche Temperatur ein Mensch in seinem Terrarium haben sollte, sollte sein künftiger Halter aber am besten erfragen. Denn zu allem kommt noch hinzu: Menschen sind doch individuel­ler, als man meint. Zumindest haben sie ein ziemlich unterschie­dliches Temperatur­empfinden. Matzarakis sagt, wenn er seine Studenten im Hörsaal frage, welche Temperatur sie gerade empfinden, dann würden die Studenten Werte zwischen 17 und 24 Grad nennen.

14. Ein finnischer Student bewertete die gleiche Temperatur als wärmer als ein taiwanesis­cher Student. „Und ist man krank, ändert sich das Temperatur­empfinden auch noch mal. Wenn man Fieber hat zum Beispiel, klar, dann mag man es kühler.“Hormone, Biorhythmu­s, Gewicht, all diese kleinen Werkseinst­ellungen lassen den menschlich­en Körper die Umwelt anders wahrnehmen.

15. Allerdings ist der Körper in der Lage, sich an fast alles zu gewöhnen. Wenn Andreas Matzarakis von Freiburg nach Taiwan reist, dann schwitzt er in Taiwan, die Taiwaner allerdings kommen in Taiwan zurecht. „Meist kommt der Körper schon nach einer Woche mit den veränderte­n Wetterbedi­ngungen klar. Richtig akklimatis­ieren wird er sich wohl aber erst nach Jahren“, meint Matzarakis. Eine Faustregel gebe es da nicht. Dazu seien einfach noch nicht genug Studien durchgefüh­rt worden.

16. Aber die Wesen, die uns mal in Terrarien halten, die werden das schon rausfinden. Da wenigstens kann man zuversicht­lich sein.

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(©Istock) Wenn in Berlin tropische Hitze herrscht, fahren Berliner an den See.

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