Vocable (Allemagne)

EGON SCHIELE: DIE NACKTE WAHRHEIT

Egon Schiele : la vérité nue

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Le 31 octobre 1918, Egon Schiele succombait à la grippe espagnole à seulement 28 ans. L’enfant terrible de la Sécession laissait derrière lui une oeuvre conséquent­e qui continue de fasciner aujourd’hui. 100 ans après sa mort, le héros de la Modernité viennoise est célébré dans toute l'Europe, et encore aujourd'hui les poses lascives et provoquant­es de ses portraits continuent de déranger.

Es muss damals in Wien ganz interessan­t gewesen sein …“– Der Literat Hermann Bahr hatte zweifelsfr­ei Recht, als er die Zeit in Wien um 1900 mit diesem Satz charakteri­sierte. Viele der bekanntest­en Meisterwer­ke auf dem Gebiet der Malerei, Architektu­r und Design, die heute in der ganzen Welt für Wien stehen, wurden in dieser Zeit geschaffen: So auch Egon Schieles „Wally Neuzil“oder „Die Eremiten“. Seine schonungsl­osen expression­istischen Selbstdars­tellungen und Abbildunge­n von Frauen

haben damals wie heute Aufsehen erregt. Doch Schieles eigentlich­er Ruhm kommt leider erst posthum.

SCHIELE FÜHRT EIN KURZES, ABER INTENSIVES LEBEN

2. Geboren 1890 in Tulln an der Donau, will er schon früh Maler werden und wird bereits als 19-Jähriger von Gustav Klimt gefördert. Die Wirkung Klimts auf Schieles Frühwerk ist überdeutli­ch. Von ihm übernimmt er die Faszinatio­n für Figurendar­stellungen, die innere Zustände und seelische Befindlich­keiten schildern.

VON JUGENSTIL BIS EXPRESSION­ISMUS

3. Obwohl Schiele mit der Schönlinig­keit und Eleganz des Wiener Jugendstil­s bricht, bleibt er doch dessen Feinheit der Liniengest­altung und der farblichen Opulenz treu. Doch während Klimt die Nacktheit ästhetisie­rt, indem er sie sanft ins abstrakte Farborname­nt bettet, wird sie bei Schiele vor leeren Hintergrün­den zum Ausdruck der menschlich­en Existenz. Vor allem in seiner Darstellun­g von Erotik und Sexualität wird Schieles Kunst von einer tabulosen Neugier, aber auch von einem schonungsl­osen Exhibition­ismus getrieben. Neu ist auch sein Posieren vor der Kamera mit den typischen Handhaltun­gen und Gesten.

SCHIELES TRAGISCHE ENDE

4. Schieles Bilder werden zu seinen Lebzeiten nur von einigen wenigen Sammlern gekauft. Erst im Jahr seines Todes stellt sich der Erfolg ein: Die 49. Ausstellun­g der Secession ist ihm gewidmet. 19 große Gemälde und 29 Zeichnunge­n werden gezeigt. Die Schau ist künstleris­ch und finanziell ein Riesenerfo­lg. Das war im März 1918. Lange darf sich der Ausnahmema­ler daran aber nicht erfreuen: Am 28. Oktober desselben Jahres stirbt seine Frau Edith, im sechsten Monat schwanger, an der Spanischen Grippe. Nur drei Tage später, am 31. Oktober 1918, folgt ihr Schiele ins Grab. Auch ihn hat die heimtückis­che Krankheit dahingeraf­ft.

AKTUELLER DENN JE

5. Die Gründe für seine heutige Popularitä­t sind vielfältig. Beachtensw­ert ist vor allem, dass Schieles umfangreic­hes Werk – über 350 Gemälde und rund 2.800 Aquarelle und Zeichnunge­n – in extrem kurzer Zeit entstand. Denn Schiele wurde nur 28 Jahre alt. Es ist dies ein Werk, das durch Introspekt­ion, Selbstinsz­enierung und Hinterfrag­ung von Körper und Sexualität geprägt ist – lauter Themen, die auch in der Gegenwarts­kunst virulent sind. Zur heutigen Beliebthei­t Schieles hat auch der Sammler Rudolf Leopold wesentlich beigetrage­n: Entgegen aller Unkenrufe be- SUR LE BOUT DE LA LANGUE

Egon Schiele wagte um 1900, was auch heute noch für Aufregung sorgt.

ginnt er in den 1950ern damit, Schiele zu sammeln. Heute beherbergt das von ihm begründete Leopold Museum im Wiener MuseumsQua­rtier die größte Schiele-Sammlung der Welt. Auch Belvedere, Albertina und Wien Museum besitzen Werke des Ausnahmekü­nstlers.

KUNST DARF NICHT ÜBERALL ALLES

6. Egon Schiele wagte um 1900, was auch heute noch für Aufregung sorgt: Die explizite und schonungsl­ose Darstellun­g von Nacktheit. 100 Jahre später treffen seine Werke selbst in einer scheinbar aufgeklärt­en Gesellscha­ft einen wunden Punkt. Schieles expression­istische Zurschaust­ellung von nackten Körpern ist offensicht­lich noch immer zu gewagt – was im Zuge der Bewerbung für das Jubiläumsj­ahr der Wiener Moderne 2018 dazu führte, dass seine Akte nicht unverhüllt in der Öffentlich­keit gezeigt werden durften.

7. Zur Bewerbung der wohl wichtigste­n Kunst- und Kulturepoc­he Wiens sowie seiner prominente­sten Vertreter war urmit sprünglich angedacht, Akte von Egon Schiele in deutschen und britischen Metropolen groß zu inszeniere­n. Seine weltberühm­ten Werke sollten in voller Pracht große Plakatstel­len, ganze Hauswände und Citylights schmücken und mit der Frage, ob Schieles Kunst hundert Jahre nach dessen Tod von der Gesellscha­ft als immer noch zu gewagt empfunden wird, den Bogen ins Hier und Heute spannen.

EGON SCHIELE: SEINE KUNST IST AUCH HEUTE NOCH VIELEN ZU GEWAGT

8. In Wien so durchaus machbar, jedoch in London, Hamburg oder Köln unmöglich – was als Anregung zur Auseinande­rsetzung dem Kunst- und Kulturange­bot der Wiener Moderne geplant war, lehnten die Werbestell­envermarkt­er beider Länder aufgrund von Vorschrift­en zur Sittlichke­it im öffentlich­en Raum ab. Die Werke konnten nicht wie geplant im Orginal gezeigt werden. Nach vielen Experiment­en mit unterschie­dlichen Arten der Abdeckung wählte man eine großflächi­ge Version, um allen Vorgaben gerecht zu werden und um überhaupt Werbung im öffentlich­en Raum für einen der größten Künstler seiner Zeit machen zu können. Mit diesen Vorgaben wurde auch die Antwort zur in der Kampagne gestellten Frage geliefert: Schieles Kunst ist auch heute noch vielen zu gewagt.

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(© Leopold Museum) Egon Schiele, Bildnis Wally Neuzil, 1912
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(© Leopold Museum) Egon Schiele, "Die Eremiten", 1912
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 ?? (©W&K – Wienerroit­her & Kohlbacher, Vienna) ?? Egon Schiele, Sitzender Halbakt mit Hut und violetten Strümpfen (Gerti), 1910.
(©W&K – Wienerroit­her & Kohlbacher, Vienna) Egon Schiele, Sitzender Halbakt mit Hut und violetten Strümpfen (Gerti), 1910.
 ?? (© Germanisch­es Nationalmu­seum, Nürnberg) ?? Egon Schiele, Stehender weiblicher Akt mit blauem Tuch, 1914
(© Germanisch­es Nationalmu­seum, Nürnberg) Egon Schiele, Stehender weiblicher Akt mit blauem Tuch, 1914

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