Diagnose lesbisch
Diagnostic : lesbienne
En Allemagne, des praticiens aux méthodes d’un autre temps tentent de convertir des homosexuels à l’hétérosexualité
En Allemagne, des médecins, thérapeutes ou prêtres aux pratiques douteuses tentent encore aujourd’hui de convertir des homosexuels à l’hétérosexualité. Certaines méthodes d’une grande violence peuvent détruire des vies. Un casse-tête juridique pour les autorités : par quel biais interdire ces pratiques qui ne disent pas leur nom ?
Irgendwann schlug die Therapeutin Elektroschocks vor. Nur ganz leichte, versprach sie. Ein Stoß, bei jedem Foto einer hübschen Frau. Bis Raphaelle Rousseau die Bilder nicht mehr mit Lust verbinden würde, sondern mit Schmerz.
2. Rousseau, 29, feuerrotes Haar, tätowierte Rosenblüten auf Armen und Dekolleté, benutzt heute nicht mehr ihren eigentlichen Familiennamen. Zu sehr erinnert er sie an ihr früheres Leben, das sie angeschlagen in ihre Therapie führte – aus der sie gebrochen herauskam. 3. Im Jahr 2012 fuhr Rousseau zum ersten Mal in die Praxis nach Ebersberg, gut 30 Kilometer östlich von München. So erzählt sie es. Sie hatte Bindungsängste, hielt es mit niemandem länger aus. Das war der ursprüngliche Grund für die Behandlung. Erst lächelte Rousseau die homophoben Äußerungen der Therapeutin weg. Aber nach zwei Jahren Behandlung habe diese gesagt: „Jetzt sollten wir an deiner Homosexualität arbeiten. Du bist kaputt.“Rousseau, die in einem erzkatholischen Elternhaus aufgewachsen ist, glaubte ihr. 4. Jahrhundertelang galten Lesben und Schwule als krank, obwohl es sie zu jeder Zeit und in jeder Kultur gab. Homosexualität stand in vielen Ländern der Welt unter Strafe. In der Bundesrepublik galt das bis 1969 für Männer ebenfalls uneingeschränkt. Erst 1992 strich die Weltgesundheitsorganisation WHO gleichgeschlechtliche Liebe von ihrer Liste der Krankheiten. Mittlerweile ist man sich einig darüber, dass sie eine Form der sexuellen Orientierung ohne Krankheitswert ist, bei der sehr wahrscheinlich genetische Faktoren von Bedeutung sind.
ROTES UND PINKES LICHT GEGEN „HOMOSEXUELLE ENERGIEN“
5. Doch nach wie vor gibt es auch in Deutschland Ärzte, Therapeuten und Prediger, die Homosexuelle umerziehen wollen. Die meisten „Heiler“berufen sich dabei auf die Bibel. „Konversionstherapien“haben vor allem in der evangelikalen Szene in den USA Konjunktur, aber auch in Deutschland gibt es Dutzende Anbieter, etwa das evangelikale Deutsche Institut für Jugend und Gesellschaft (DIJG) oder Wuestenstrom. Sie bieten Seminare, Workshops und Gottesdienste an, verteilt über die ganze
Republik.
6. Das glaubte auch
Raphaelle Rousseaus Therapeutin. Sie begann, Rousseau mit rotem und pinkem Licht gegen „homosexuelle Energien“zu bestrahlen. Dann wandte sie Hypnose an. In dem Behandlungszimmer hing ein Kreuz, daran kann sich Rousseau noch erinnern, genauso wie in ihrem Elternhaus. Ihre Homosexualität war dort ein Tabu. Ihre Mutter nannte sie eine „Lesbianerin“. „Lesbe“brachte sie nicht über die Lippen. 7. Genau das macht Konversionstherapien so gefährlich: „Statt den Patienten in seiner homosexuellen Identität zu stärken, zerstören sie sein Selbstbild“, sagt Lieselotte Mahler, 42. Sie ist Oberärztin an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Charité in Berlin und beschäftigt sich seit rund zehn Jahren intensiv mit den psychischen Folgen der dubiosen Behandlungen.
8. Die Anbieter der Konversionstherapien vermittelten ihren Patienten den Eindruck, dass die Homosexualität der Grund für ihre psychischen Probleme sei. Gerade bei ohnehin schon labilen Menschen steige die Suizidgefahr dadurch enorm. Deshalb fordert Mahler ebenso wie der Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer, Dietrich Munz, ein Verbot der Konversionstherapien. „Man muss alles dagegen tun – besonders weil es ein Ausdruck der gesellschaftlichen Diskriminierung Homosexueller ist“, sagt Munz.
PETITION GEGEN „HOMOHEILUNG“
9. Immer mehr US-Bundesstaaten verbieten die Therapien zumindest für Minderjährige, in einigen Regionen Spaniens sind sie ebenfalls nicht mehr erlaubt. In Deutschland wollten die Grünen im Bundestag 2013 ein Verbot bei Minderjährigen durchsetzen, scheiterten jedoch. Björn Tschöpe, der die SPD-Fraktion in der bremischen Bürgerschaft führt, hat nun einen neuen Vorstoß gewagt. Im August forderte seine Fraktion zusammen mit Grünen und Linken den Bremer Senat auf, eine entsprechende Initiative im Bundesrat zu starten. Noch sei das nicht passiert, sagt Tschöpe.
10. Vor einigen Wochen ging beim Justizund beim Gesundheitsministerium in Berlin eine Petition ein, in der die Forderung erhoben wird, „Homo-Heilung“zu verbieten. Doch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn zögert noch. In einer Onlinefragestunde sagte er zwar schon im August: Grundsätzlich halte er nichts von Konversionstherapien – er wisse aber nicht, wie man sie verbieten könnte.
Erst 1992 strich die Weltgesundheitsorganisation gleichgeschlechtliche Liebe von ihrer Liste der Krankheiten.
11. Die standesrechtlichen Mittel reichen – theoretisch – von einem Verweis über Geldstrafen bis zum Entzug der Approbation. „Da Homosexualität keine Krankheit ist, kann und darf sie auch nicht behandelt werden“, sagt Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer.
12. In der Praxis aber ist das Standesrecht ein stumpfes Schwert. In den seltensten Fällen würden Konversionstherapien als solche beworben. Auch Raphaelle Rousseaus Therapeutin schreibt auf ihrer Website nichts davon.
13. Und die Opfer wollen oft nicht über ihre Erlebnisse berichten, erst recht nicht öffentlich. Zu sehr haben die Therapien viele traumatisiert. Deshalb kann niemand zuverlässig sagen, wie viele Homosexuelle in Deutschland in die Fänge der vermeintlichen Heiler geraten.