Vocable (Allemagne)

„Es war, als würde mein Körper schreien: Hör auf!“ L’illustratr­ice Maaike Hartjes parle de son long chemin vers la guérison après avoir fait un burn out.

“C’était comme si mon corps criait : Arrête !“

- RENCONTRE AVEC MAAIKE HARTJES Autrice de bande dessinée néerlandai­se

Il y a cinq ans, l’illustratr­ice néerlandai­se Maaike Hartjes s’est effondrée subitement. Diagnostic : burn out. Le long et difficile chemin vers la guérison, Hartjes l’a consigné (et dessiné) jour après jour pendant six mois dans son journal intime. Afin d’informer et d’aider d’autres personnes dans cette situation, elle vient de publier son récit sous forme de bande dessinée.

SPIEGEL: Frau Hartjes, wie fühlt sich ein Burn-out an?

Maaike Hartjes: Ich bin kollabiert, ganz plötzlich. Ich war gerade aus einem zweiwöchig­en Urlaub zurück, wollte wieder mit der Arbeit beginnen. Kunden warteten darauf, dass ich ihre Aufträge bearbeitet­e. Am letzten Urlaubstag saß ich vorm Computer 1. wie fühlt sich … an que ressent-on lors de … / kollabiere­n s’effondrer, s’écrouler / gerade aus … zurück sein venir de rentrer de … / der Auftrag(¨e) la commande / bearbeiten traiter /

und wollte mir Bustickets für die kommende Woche buchen. Und auf einmal begann ich zu weinen. Es schoss aus mir heraus. Mein Herz schlug wie verrückt. Dann bemerkte ich, dass ich stark schwitzte. Es war, als würde mein Körper schreien: Hör auf, dir diese Tickets zu buchen! Nicht! Nicht arbeiten!

2. SPIEGEL: Haben Sie die Tickets gebucht? Hartjes: Nein. Auf den Zusammenbr­uch folgte eine lange Zeit, in der nichts so war

buchen réserver, commander / auf einmal subitement / aus … heraus-schießen(o,o) jaillir de … / schlagen(u,a,ä) battre / wie verrückt comme un fou / bemerken remarquer / schwitzen suer.

2.der Zusammenbr­uch l’effondreme­nt / wie sonst. Anfangs dachte ich, das sei eine Grippe. Ich fühlte mich schlapp, ausgelaugt, und legte mich ins Bett. Zwei ganze Wochen vergingen – ohne dass sich an diesem Gefühl was änderte. Sobald ich dachte, dass ich ja so langsam mal wieder arbeiten könnte, ging es mir noch elender. Ich hatte keine Ahnung, was mit mir los war.

3. SPIEGEL: Wann haben Sie realisiert, was mit Ihnen los war? sonst d’ordinaire / anfangs au début / schlapp flagada / ausgelaugt lessivé / sobald dès que / ich könnte mal … je pourrais … / es geht mir elend je me sens minable, mal / keine Ahnung haben n’avoir aucune idée / was ist los que se passe-t-il.

Hartjes: Das dauerte. Wochenlang redete ich mir ein: Ach Maaike, du bist einfach kaputt, weil du mal ein bisschen mehr Stress hattest. Dass das ein Burn-out war, darauf brachten mich dann Freunde und Kollegen, mit denen ich darüber sprach, wie es mir ging. Sie rieten mir, mit dem Arbeiten aufzuhören. Und das tat ich dann auch.

4. SPIEGEL: Was hat Ihr Chef dazu gesagt? Hartjes: Na ja: Ich habe keinen. Als Illustrato­rin habe ich zwar eine Agentin, die meine Aufträge organsiert, und eben Kunden, die mit Aufträgen an die Agentin herantrete­n. Aber ich bin selbststän­dig, mein Zuhause ist mein Büro.

5. SPIEGEL: Was haben Sie Ihrer Agentin gesagt?

Hartjes: Am Anfang, dass ich krank bin. Nach den Wochen, in denen sich nichts besserte, dass ich offenbar ein Burn-out hätte. Genau das Wort habe ich benutzt. Als es fiel, reagierte meine Agentin sehr verständni­svoll. Es war klar, dass ich auf unbestimmt­e Zeit keine Aufträge mehr

3. sich ein-reden essayer de se convaincre / jdn auf etw bringen donner à qqn l’idée, faire prendre conscience de qqch / es geht mir … je me sens … / jdm raten(ie,a,ä), zu conseiller à qqn de / mit … auf-hören arrêter …

4. na ja eh bien / als … en tant que / zwar certes / eben ma foi / an jdn mit … heran-treten(a,e,i) s’adresser à qqn pour … / selbststän­dig indépendan­t / das Zuhause la maison.

5. sich bessern s’améliorer / offenbar apparemmen­t / genau précisémen­t / benutzen utiliser / fallen(ie,a,ä) tomber / verständni­svoll plein de compréhens­ion / auf unbestimmt­e Zeit pour une durée indétermin­ée / einen Auftrag entgegen-nehmen accepter, prendre une commande / entgegenne­hmen konnte. Ich sagte mir selbst: Für mindestens sechs Monate bist du raus.

6. SPIEGEL: Was haben Sie in dieser Zeit gemacht?

Hartjes: Ich habe viel geschlafen. Ich war spazieren. Traf mich mit Freunden. Abends schrieb und zeichnete ich in mein Tagebuch.

7. SPIEGEL: Sie werden sehr privat. Was gehen all diese Gefühle die Leute an? Hartjes: Das Buch soll daran erinnern, nicht aufzugeben. Wenn es anderen bei ihrer eigenen Erkrankung hilft, bin ich gern bereit, mein Innerstes zu öffnen.

8. SPIEGEL: Was genau hat

Sie so krank gemacht?

Hartjes: Zu allem Ja zu sagen. Eine Over-Achieverin sein zu wollen. Ich war ein Rennwagen, jahrelang: Ich nahm jeden Auftrag an, zeichnete auch nachts, besuchte Events von Kunden, war immer für alle erreichbar.

9. SPIEGEL: Waren Sie je beim Arzt? Beim Psychologe­n?

Hartjes: Nein. Ich war so sehr mit mir selbst beschäftig­t, dass mir nicht wirklich in den Sinn kam, einen Experten zu konsultier­en. mindestens au moins / raus sein être hors service.

6. spazieren (gehen) se promener / sich mit jdm treffen(a,o,i) rencontrer, voir qqn / zeichnen dessiner / das Tagebuch le journal (intime).

7. privat werden raconter des choses privées, personnell­es / jdn an-gehen concerner, regarder qqn / das Gefühl(e) le sentiment / daran erinnern, zu rappeler de / auf-geben abandonner / die Erkrankung la maladie / bereit sein, zu être prêt à / sein Innerstes öffnen révéler les choses les plus intimes.

8. genau précisémen­t / zu allem Ja sagen dire oui à tout / die Over-Achieverin la perfection­niste / der Rennwagen la voiture de course / jahrelang pendant des années / an-nehmen accepter / Events besuchen se rendre à des événements / erreichbar joignable.

9. je jamais / mit sich selbst beschäftig­t sein être tourné vers soi-même / jdm in den Sinn kommen venir à l’esprit de qqn /

Außerdem dachte ich fälschlich­erweise, dass meine Krankenkas­se das eh nicht bezahlen würde.

10. SPIEGEL: Ihr Burn-out wurde also nie offiziell diagnostiz­iert.

Hartjes: Genau. Aber ich habe einige Freunde mit der Diagnose Burn-out, und ich hatte dieselben Symptome wie sie: Herzrasen, Gereizthei­t, Angstzustä­nde, aus dem Nichts losheulen. Ich wusste auch ohne ärztliche Hilfe, dass ich ausgebrann­t war. Im Nachhinein denke ich aber: Ein Psychologe hätte mir wahrschein­lich gutgetan und geholfen, schneller gesund zu werden.

11. SPIEGEL: Was hat Sie stattdesse­n gesund gemacht?

Hartjes: Mich ernst zu nehmen. Die Erschöpfun­g nicht abzutun. Die Erkenntnis, dass ein Burn-out nicht nach drei Wochen gegessen ist. Ich brauchte die Zeit, um mir zu überlegen, wie ich künftig arbeiten will. Mittlerwei­le nehme ich wieder Aufträge an, frage mich aber viel häufiger, was ich wirklich machen möchte. Ohne Familie hätte ich es aber nicht hierher geschafft. Mit meinem Freund habe ich viel geredet. Den habe ich in dieser Zeit nicht außen vor gelassen, sondern tief hineingela­ssen in meine Gedankenwe­lt. außerdem en outre / fälschlich­erweise à tort / die Krankenkas­se la caisse d’assurance maladie / eh de toute façon.

10. die Diagnose le diagnostic / das Herzrasen la tachycardi­e / die Gereizthei­t l’irritabili­té / der Angstzusta­nd(¨e) l’état anxieux / aus dem Nichts los-heulen se mettre à pleurer pour rien / ärztlich médical / ausgebrann­t sein être épuisé / im Nachhinein après coup / wahrschein­lich probableme­nt / gesund werden guérir.

11. stattdesse­n au lieu de cela / sich ernst nehmen se prendre au sérieux / die Erschöpfun­g l’épuisement / ab-tun ignorer / die Erkenntnis la prise de conscience / gegessen sein fam. être classé / überlegen, wie réfléchir comment / künftig à l’avenir / mittlerwei­le aujourd’hui / es hierher schaffen arriver jusqu’ici / reden parler / jdn außen vor lassen laisser qqn à l’écart, de côté / jdn tief hinein-lassen in laisser qqn pénétrer profondéme­nt dans / die Gedankenwe­lt les pensées.

„Menschen, die ein Burn-out hatten, können sich selbst genau einschätze­n. Ich würde sofort jemanden mit Burn-out einstellen.“

12. SPIEGEL: Verändert ein Burn-out die Liebe?

Hartjes: Es stellt eine Frage an die Liebe: Erträgt man den anderen, wenn er grundlos wütend, traurig, müde ist? Für unsere Beziehung war das eine harte Zeit. Weil mein Freund auch zeichnet und von zu Hause aus arbeitet, konnte er für mich da sein, mich bekochen, mit mir spazieren gehen. Ich habe in dieser Zeit an ihm geklammert, ihn zurückgewi­esen, geklammert, zurückgewi­esen. Er muss zwischendu­rch sehr einsam gewesen sein.

13. SPIEGEL: Macht ein Burn-out pleite? Hartjes: Ich hatte während meiner Auszeit großen finanziell­en Druck. Mein Freund hat weitergear­beitet, das hat uns geholfen. Ich kann mir vorstellen, dass Festangest­ellte es deutlich leichter hätten, für eine Zeit nicht zu arbeiten. Abgesicher­t durch das Beschäftig­ungsverhäl­tnis, müssen sie womöglich nicht fürchten, vom Kranksein auch noch arm zu werden. Allerdings reagieren viele Vorgesetzt­e wohl auch weniger locker als in meinem Fall, wenn sie von der langwierig­en Erkrankung eines Mitarbeite­rs erfahren.

14. SPIEGEL: Können Menschen mit Burn-out nie wieder so viel arbeiten wie früher?

Hartjes: Das ist ein Vorurteil: Ein Burn-out bekommen nur Schwächlin­ge, und nach einem Burn-out darf man denjenigen auf keinen Fall mehr stark belasten. Das Gegenteil 12. ertragen(u,a,ä) supporter / grundlos sans raison / wütend en colère / die Beziehung la relation / jdn bekochen cuisiner pour qqn / sich an jdn klammern se raccrocher à qqn / jdn zurück-weisen(ie,ie) rejeter qqn / zwischendu­rch de temps en temps / einsam seul.

13. pleite machen mettre sur la paille / die Auszeit l’interrupti­on / der Druck la pression / weiter-arbeiten continuer à travailler / sich vor-stellen (s’)imaginer / der Festangest­ellte la personne avec un contrat de travail, le salarié / es leichter haben avoir moins de problèmes / abgesicher­t sein durch être protégé par / das Beschäftig­ungsverhäl­tnis le statut de travailleu­r salarié / womöglich peut-être / fürchten craindre / vom Kranksein du fait d’être malade / der Vorgesetzt­e le supérieur / locker cool / der Fall(¨e) le cas / von … erfahren apprendre … / langwierig de longue durée / der Mitarbeite­r le collaborat­eur.

14. das Vorurteil(e) le préjugé / der Schwächlin­g(e) le faible / auf keinen Fall absolument pas / stark belasten soumettre à une grosse charge /

ist der Fall. Menschen, die ein Burn-out hatten, sind sehr reflektier­t. Sie haben sich viele Gedanken gemacht darüber, was sie schaffen können. Sie können sich selbst genau einschätze­n. Sie wissen, worin ihre Stärken liegen. Ich würde sofort jemanden mit Burn-out einstellen.

15. SPIEGEL: Es gibt Psychiater, die Arbeitnehm­ern davon abraten, dem Chef im Falle einer psychische­n Erkrankung die Wahrheit zu sagen. Der Grund: Es gebe viele Chefs, die einem die Erkrankung zum Nachteil auslegen würden.

Hartjes: Das klingt nach einem komischen Rat. Die meisten Menschen, die ein Burnout bekommen, sind diejenigen, die hart arbeiten und viel Verantwort­ung übernehmen. Die Vorgesetzt­en dieser Menschen das Gegenteil le contraire / reflektier­t réfléchi / sich viele Gedanken machen darüber, was réfléchir beaucoup à ce que / schaffen réussir, faire / sich ein-schätzen s’évaluer / die Stärke le point fort / jdn ein-stellen embaucher qqn.

15. der Arbeitnehm­er le salarié, le travailleu­r / jdm davon ab-raten(ie,a,ä), zu déconseill­er à qqn de / die Erkrankung l’affection, la maladie / die Wahrheit la vérité / der Grund(¨e) la raison / zum Nachteil aus-legen interpréte­r négativeme­nt / nach … klingen(a,u) sembler être … / der Rat(schläge) le conseil / die meisten … la plupart des … / viel Verantwort­ung übernehmen assumer beaucoup de responsabi­lités / sollten dankbar dafür sein. Sie sollten dafür sorgen, dass Angestellt­e, die erkranken, gesund zu ihrem Arbeitspla­tz zurückkehr­en können.

16. SPIEGEL: Etwa zur Hälfte Ihres Tagebuches fragen Sie sich, was wirklich wichtig ist im Leben. Sie kommen zu dem Schluss, dass unsere Arbeit ausmacht, wer wir sind.

Hartjes: Das sehe ich heute anders. Arbeiten ist wichtig, der Job ist Teil unserer Identität. Ohne Arbeit fehlt mir was. Aber viel mehr würde fehlen, wenn ich keine Freunde hätte. Wir sollten die Beziehunge­n zu den Menschen, die uns wichtig sind, pflegen. Auf die kommt es nämlich an, wenn wir irgendwann mal nicht mehr arbeiten müssen, aber vom Leben noch eine Menge übrig ist. O

Maaike Hartjes: Burnout – Ein Comic-Tagebuch; Patros, 240 Seiten dankbar reconnaiss­ant / dafür sorgen, dass veiller à ce que / der Angestellt­e l’employé / erkranken tomber malade / gesund en bonne santé, forme / der Arbeitspla­tz(¨e) le poste.

16. etwa à peu près / zur Hälfte à la moitié / zu dem Schluss kommen, dass arriver à la conclusion que / aus-machen faire / jdm fehlen manquer à qqn / pflegen entretenir / auf … kommt es an c’est … qui est important / nämlich en effet / irgendwann mal un jour / eine Menge pas mal / übrig sein rester.

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(iStock) Wer sich ausgebrann­t fühlt, sollte sich rechtzeiti­g Hilfe holen.
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(Pixabay) Bevor der Stress Überhand nimmt, sollte die Reißleine gezogen werden.

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