TÖDLICHE ILLUSION
Mortelle illusion
A l’heure où l’Europe interdit les couverts, les pailles et les coton-tiges en plastique, un polluant plus néfaste que tous reste autorisé : le filtre de cigarette. De plus en plus de villes punissent les fumeurs qui jettent leur mégot sur la voie publique et des scientifiques plaident pour l’interdiction des filtres en raison de leur inefficacité et de leur dangerosité.
Müll gehört in die Tonne und nicht auf die Straße, das ist eine Selbstverständlichkeit für den größten Teil der Menschen. Eine Gruppe indes verstößt gewohnheitsmäßig gegen dieses Anstandsgebot: Raucher.
2. Zwei Drittel aller Zigarettenkippen, das sind jährlich etwa 4,5 Billionen Stück, landen nicht im Müll, wie die Weltgesundheitsorganisation WHO schätzt. Raucher werfen sie achtlos auf die Straßen, auf Gehwege, in Parks, auf Spielplätze oder Strände. Viele Raucher verschmutzen ihre Umgebung ohne jeden Anflug von Unrechtsoder Problembewusstsein. Immer mehr Städte sagen ihnen jetzt den Kampf an.
3. Wer in Köln erwischt wird, wie er einen Zigarettenstummel auf den Asphalt schnipst, zahlt seit September ein Verwarngeld von 50 Euro. 55 Euro werden in Hamburg und München fällig, in Mönchengladbach sogar 100 Euro. Stuttgart brummt den Stummelsündern zusätzlich eine Verwaltungsgebühr auf, insgesamt 103,50 Euro.
4. Ab Januar wird die Stadt Brüssel ihren qualmenden Schmutzfinken gleich 200 Euro abnehmen, viermal so viel wie bisher. Noch teurer kann es in Lissabon werden: Das portugiesische Parlament hat kürzlich Bußgelder von bis zu 250 Euro beschlossen, das kanadische Calgary kann sogar die doppelte Summe einstreichen.
HUNDERTE TOXISCHE SUBSTANZEN
5. Seitdem die meisten Raucher nach draußen müssen, um sich eine anzustecken, stellen viele Städte vermehrt kommunale Aschenbecher auf. Andere werben auf Plakaten für den Mitnehm-Ascher in der Jackentasche und für mehr Sauberkeit im öffentlichen Raum. Bisher haben sie unterschätzt, welche ökologische Gefahr von der Flut der Zigarettenstummel ausgeht.
6. Anders als viele Raucher glauben, sind die Filter in der Natur nur sehr langsam biologisch abbaubar. Sie bestehen aus mehr als 15 000 Fasern des beständigen Kunststoffs Celluloseacetat. Diese überdauern die Zigarette um Monate und oft um Jahre, denn sie zersetzen sich erst, wenn UV-Licht und bestimmte Mikroorganismen in der richtigen Weise zusammenwirken.
7. Bis dahin wabert das Celluloseacetat als lästiges Mikroplastik durch Flüsse, Seen und Ozeane. Es dringt vor in die Mägen von Fischen und Vögeln und in den Nahrungskreislauf der Menschen. Den sich zersetzenden Kippen entweichen zudem Hunderte toxische Substanzen, darunter Nikotin, Arsen, Formaldehyd und
Schwermetalle. Wie Tests ergeben haben, reicht bereits ein einziger Zigarettenstummel pro Liter Wasser, und schon stirbt die Hälfte der darin schwimmenden Fische.
8. In San Francisco macht Zigarettenmüll ein Viertel des von Straßenkehrern eingesammelten Abfalls aus. Die Stadt hat daraus Konsequenzen gezogen: Sie erhebt eine Entsorgungsgebühr von derzeit 60 Cent pro verkaufter Zigarettenpackung und nimmt so von den Rauchern jährlich mehrere Millionen Dollar ein. Der große Rest der Welt allerdings scheitert daran, die Hersteller oder Konsumenten für den Zigarettenmüll in die
Pflicht zu nehmen.
9. Die EU hat wegen des gewaltigen Kunststoffmüllproblems immerhin entschieden, dass Einwegbesteck, Wattestäbchen und Strohhalme aus Plastik von 2021 an verboten werden. Doch ausgerechnet eines der am häufigsten weggeworfenen Einwegprodukte hat die EU von dieser Regelung ausgenommen: Zigarettenfilter bleiben legal, obwohl sie gar keinen Nutzen haben.
NICHTS ALS ILLUSION
10. Die Tabakindustrie hat die Filter in den Fünfzigerjahren populär gemacht – als Reaktion auf Forschungsergebnisse, wonach Zigarettenrauch Krebs verursacht. Der Filter soll besorgten Rauchern suggerieren, dass er gefährliche Inhaltsstoffe des Qualms zumindest teilweise zurückhält. Das ist aber nichts als
Illusion: „Zigarettenfilter sind ein Marketinginstrument ohne jeden Gesundheitsnutzen“, sagt der Epidemiologe Thomas Novotny von der San Diego State University. In einem Editorial im „British Medical Journal“plädiert er jetzt zusammen mit zwei Kollegen dafür, sie zu verbieten.
11. Mit den raffiniert designten Filtern haben Tabakkonzerne die Zigarette sogar noch gefährlicher gemacht. Winzige Löcher im Filterpapier bewirken die sogenannte Filterventilation. Bei jedem Zug nimmt der Raucher durch sie auch etwas Umgebungsluft in die Lunge auf. Der verdünnte Qualm fühlt sich für ihn daher sanfter und unbedenklicher an. Er kann ihn tiefer inhalieren, länger einhalten und öfter an der Zigarette ziehen – was dazu führt, dass krebserregende Stoffe tiefer ins Lungengewebe eindringen können.
Die ökologische Gefahr der Filter wird unterschätzt. Sie überdauern die Zigarette um Monate und oft um Jahre.
12. Heutige Filterzigaretten, so heißt es in einem Bericht des Surgeon General, des obersten Gesundheitsbeamten der USA, sind riskanter als jene aus den Fünfzigerjahren, als die Filterventilation noch unbekannt war. Sie haben vor allem zu einem scharfen Anstieg des Adenokarzinoms geführt, der inzwischen häufigsten Form des Lungenkrebses.
13. Eine US-Firma hat immerhin eine sinnvolle Verwendung gefunden für das wohl nutzloseste Produkt der Welt. Das Unternehmen TerraCycle reinigt eingeschickte Zigarettenstummel und verarbeitet sie zu Hartplastik. Daraus macht sie dann zum Beispiel Industriepaletten – und Aschenbecher.