„Man plant einen Juwelenraub quasi von hinten“
Le plus célèbre voleur de bijoux d’Amérique apporte son éclairage sur le spectaculaire cambriolage au musée de Dresde.
Larry Lawton était jadis le plus célèbre voleur de bijoux d’Amérique. Après avoir purgé une peine de 12 ans, il travaille aujourd’hui comme consultant pour la police. Pour la Süddeutsche Zeitung, il a accepté de donner son avis d’expert sur le spectaculaire cambriolage de bijoux d’une valeur inestimable au musée de Dresde le 25 novembre.
Wer eine Nachricht von Larry Lawton auf dem Anrufbeantworter hat, weiß sofort, mit wem er es zu tun bekommt: „Hier ist Larry Lawton, der größte Juwelendieb Amerikas“, stellt sich der heute 58-Jährige vor. Mit 28 räumt Lawton, aufgewachsen im New Yorker Stadtteil Bronx, sein erstes Schmuckgeschäft aus. Ein inside job – der Besitzer hat ihn selbst beauftragt, um die Versicherungssumme zu kassieren.
2. Als Lawton mit Mitte 30 vom FBI geschnappt wird, hat er nach eigener Schätzung 20 bis 25 Juweliere entlang der US-Ostküste ausgeraubt und Schmuck im Wert von 15 Millionen Dollar erbeutet.
Zwölf Jahre sitzt er dafür ein. Seit 2007 ist er frei – und arbeitet heute als Berater für die Polizei, engagiert sich in der Jugendprävention und absolviert regelmäßig TV-Auftritte als Kriminalitätsexperte. Für die Vanity Fair analysierte er jüngst fiktive Gangster-Coups in Hollywoodfilmen – im SZ-Interview spricht er über ein reales Verbrechen: den Juwelendiebstahl von Dresden.
3. SZ: Herr Lawton, was denkt ein ehemaliger Juwelendieb über den Dresdner Fall?
Larry Lawton: Ich war schockiert! Das ist, als wäre der Vatikan ausgeraubt worden – die Schmuckstücke, die gestohlen wurden, sind unbezahlbar. Ich lehne mich mal aus dem Fenster und sage: Das könnte der größte Raubüberfall der Geschichte sein.
4. SZ: Die Behörden halten sich mit Aussagen zur Schadenssumme ja noch zurück.
Lawton: Ich denke, wir werden noch eine Summe hören. Eine harte Zahl, die den Wert der
Steine und des Edelmetalls beziffert – das ist relativ einfach. Viel schwieriger ist es, den historischen Wert in Euro aufzuwiegen. Um noch mal mein Vatikan-Beispiel aufzugreifen: Wenn die Sixtinische Kapelle in einem Feuer zerstört würde, wie viel wäre sie wert? Eine Milliarde? Was ist mit den Zehntausenden Besuchern täglich, die Eintritt zahlen, um dieses einzigartige Bauwerk zu bewundern? Das ist vermutlich auch der Grund, warum die in Dresden entwendeten Schmuckstücke nicht versichert waren
– selbst die größten Versicherer der Welt schrecken vor einem solchen Risiko zurück.
5. SZ: Es wurden nicht alle Teile der betroffenen Garnituren entwendet. Warum lassen Diebe wertvolle Stücke zurück?
Lawton: Die wichtigste Frage für einen Juwelendieb ist: Wie werde ich das, was ich stehle, wieder los? Man plant einen Juwelenraub quasi von hinten und fängt mit dem Käufer an. In den meisten Fällen ist das ein Hehler. Mit dem verhandelt man, welche Teile man stiehlt und was man dafür bekommt. Der Hehler „wäscht“die Schmuckstücke dann, das heißt, er verändert sie so, dass sie nicht mehr als das erkennbar sind, was sie einmal waren, und verkauft sie weiter. Wenn man sich die Teile anschaut, die in Dresden gestohlen wurden: Das sind viele Diamanten in separaten Fassungen – solche Stücke lassen sich leicht auseinanderbrechen. 6. SZ: Sie gehen also davon aus, dass die Schmuckstücke als solche verloren sind? Lawton: Wenn die Diebe in den kommenden 72 Stunden nicht gefasst werden: ja. Exzentrische Milliardäre, die historische Artefakte stehlen lassen, um sie dann in einem geheimen Safe in ihrer Villa auszustellen – sowas gibt es nur in Hollywoodfilmen. Ich sehe eigentlich nur eine Möglichkeit, wie die Teile unbeschadet zurückkommen: Es kommt vor, dass Versicherungen eine Prämie für die Rückgabe gestohlener Schätze ausloben, no questions asked. Dahinter steckt eine einfache Rechnung: Bevor eine Versicherung 100 Millionen auszahlt, bezahlt sie lieber zehn Millionen, um das Diebesgut zurückzukaufen. Egal von wem. Ob das im Dresdner Fall realistisch ist, weiß ich nicht – denn vermutlich müsste ja der deutsche Staat die Prämie aufbringen.
7. SZ: Das klingt alles so, als hätten die Einbrecher das nicht zum ersten Mal gemacht?
Lawton: Mein Gefühl sagt mir: Das war ein Profi-Job. Angefangen von dem brennenden Stromverteilerkasten – ein klassisches Ablenkungsmanöver, um die Polizei an einen bestimmten Ort zu locken – bis zum Zerschlagen der Glaskästen. Wenn jetzt die Rede davon ist, die Räuber seien mit stumpfer Gewalt vorgegangen, ist das irreführend: Sie wussten offensichtlich, dass es sich nicht um Panzerglas handelt. Gleichzeitig sind solche Schaukästen natürlich nicht aus normalem Fensterglas – es braucht also ein geeignetes Werkzeug, in dem Fall eine Axt, und einen gewissen Kraftaufwand. Ich würde tippen, die Diebe haben das Museum entweder ausgiebig ausgekundschaftet, oder sie hatten einen oder mehrere Informanten. Vielleicht auch beides. Mich erinnert der Coup an die Pink-PantherGang (ein international agierendes JuwelendiebNetzwerk; Anm. d. Red.): hart zuschlagen und sofort wieder verschwinden.
8. SZ: Im Kino sind Juwelendiebe oft Gentlemen-Gangster, die mit List statt Gewalt zum Ziel kommen. Stimmt das?
Lawton: Juwelendiebe sind Kriminelle, das sollte man nicht romantisieren. Ich würde sagen: Der typische Juwelendieb ist überdurchschnittlich intelligent, draufgängerisch – und er muss sehr gesellig sein. Nicht nur weil man oft im Team arbeitet, sondern auch weil man darauf angewiesen ist, Leuten Informationen zu entlocken.
1. die Nachricht(en) le message / der Anrufbeantworter le répondeur / der Juwelendieb le voleur de bijoux / sich vor-stellen se présenter / aus-räumen piller / auf-wachsen(u,a,ä) grandir / der Stadtteil(e) le quartier / das Schmuckgeschäft la bijouterie / der inside job le coup monté, en interne / der Besitzer le propriétaire / jdn beauftragen être le commanditaire de qqn / die Versicherung l’assurance.
2. mit Mitte 30 à 35 ans / schnappen attraper / nach eigener Schätzung selon ses propres estimations / der Juwelier(e) le bijoutier, la bijouterie / die Ostküste la côte Est / der Schmuck les bijoux / im Wert von d’une valeur de, pour un montant de / erbeuten s’emparer de /
ein-sitzen purger une peine de prison / der Berater le conseiller / absolvieren effectuer / der Auftritt(e) l’apparition / jüngst tout récemment / SZ = die Süddeutsche Zeitung / das Verbrechen le crime, le casse / der Diebstahl(¨e) le vol.
3. ehemalig≈ ancien / der Fall(¨e) le cas, l’affaire / das Schmuckstück(e) le bijou, la parure / stehlen(a,o,ie) voler / unbezahlbar sein avoir une valeur inestimable / sich aus dem Fenster lehnen prendre un risque, se mouiller / der Raubüberfall le hold-up.
4. sich mit Aussagen zu … zurück-halten(ie,a,ä) ne pas faire de déclarations sur … / die Schadenssumme le montant du dommage, des pertes / der Wert la valeur /
der Stein(e) la pierre / das Edelmetall le métal précieux / beziffern chiffrer / auf-wiegen(o,o) compenser / etw noch mal auf-greifen(i,i) rependre qqch / das Feuer l’incendie / zerstören détruire / wie ist etw wert combien vaut qqch / was ist mit qu’en est-il de / Eintritt zahlen payer son entrée / einzigartig unique / das Bauwerk(e) l’édifice / bewundern admirer / vermutlich probablement / der Grund(¨e) la raison / entwenden dérober / versichern assurer /
vor … zurück-schrecken reculer devant … / das Risiko(-ken) le risque.
5. betroffen concerné / wertvoll précieux, de valeur / das Stück(e) la pièce / etw (wieder) los werden se débarrasser de qqch / mit … an-fangen(i,a,ä) commencer par … / die meisten … la plupart des … / der Hehler le receleur / verhandeln négocier / waschen laver, blanchir / erkennbar reconnaissable / einmal avant / weiter-verkaufen revendre / sich etw an-schauen considérer qqch / das Teil(e) la pièce / die Fassung la monture / leicht facilement / sich auseinanderbrechen lassen pouvoir être détaché, séparé.
6. davon aus-gehen, dass partir du principe que / als solche en tant que tels / fassen attraper, prendre / das Artefakt(e) l’artefact, l’objet / der geheime Safe le coffre-fort secret / aus-stellen exposer / eigentlich en réalité / unbeschadet zurück-kommen revenir intact / es kommt vor il arrive / die Versicherung la compagnie d’assurances / die Rückgabe la restitution / der Schatz(¨e) le trésor / aus-loben offrir / dahinter steckt eine einfache Rechnung le calcul est simple / aus-zahlen rembourser, verser / das Diebesgut le butin / vermutlich probablement / der Staat l’Etat / auf-bringen réunir, trouver.
7. das klingt so, als on dirait bien que / der Einbrecher le cambrioleur / das Gefühl le sentiment / der Profi(s) le professionnel / angefangen von à commencer par / brennend en feu / der Stromverteilerkasten le coffret de distribution électrique / das Ablenkungsmanöver la manoeuvre de diversion / bestimmt certain / der Ort(e) l’endroit / locken attirer / das Zerschlagen le bris / der Glaskasten(¨) la vitrine / es ist die Rede von il est question de, on dit / der Räuber le voleur / mit stumpfer Gewalt avec une grande violence / vor-gehen procéder / irreführend sein être trompeur, mensonger / offensichtlich manifestement / es handelt sich um il s’agit de / das Panzerglas le verre pare-balles / gleichzeitig en même temps / der Schaukasten(¨) la vitrine / geeignet approprié / das Werkzeug(e) l’outil / die Axt(¨e) la hache / gewiss certain / der Kraftaufwand l’effort, la force / tippen parier / entweder…, oder soit …, soit / ausgiebig en détail / aus-kundschaften reconnaître, repérer / mehrere plusieurs / beides les deux / das Netzwerk(e) le réseau / Anm. = die Anmerkung la note / hart zuschlagen(u,a,ä) frapper fort / wieder verschwinden(a,u) disparaître.
8. mit List par ruse / statt plutôt que / die Gewalt la violence, la force / zum Ziel kommen arriver à ses fins / stimmen être exact / überdurchschnittlich intelligent sein avoir une intelligence supérieure à la moyenne / draufgängerisch fonceur / gesellig sociable / darauf angewiesen sein, zu être obligé de / entlocken soutirer.
Dresden gehört mit seinen knapp 560.000 Einwohnern zu den 15 größten Städten in Deutschland. 2019 belegte die sächsische Stadt Platz 12, vor Hannover und hinter Bremen.