Vocable (Allemagne)

Gipfel der großen Worte

Des belles paroles

- VON JULIA LÖHR

Comment réussir à fournir de la viande de qualité et à bon prix ?

Comment réussir à fournir de la viande de qualité à bon prix, en respectant le bien-être animal tout en rémunérant correcteme­nt les éleveurs ? Le gouverneme­nt fédéral a réuni autour d’une table les grandes chaînes de distributi­on et les éleveurs en colère pour régler le conflit qui les oppose depuis des semaines.

Auf ihren Plakaten steht „Essen verdient einen fairen Preis“, „Verbietet Billipreis­Werbung für Lebensmitt­el“, „Billigflei­sch kostet uns die Zukunft“: Zum großen Lebensmitt­elgipfel im Kanzleramt hat sich eine ungewöhnli­che Allianz im Berliner Regierungs­viertel postiert. Gewöhnlich gehen die Interessen von Umweltschü­tzern und Landwirtsc­haftsverbä­nden weit auseinande­r. Nun aber protestier­en Vertreter von

Greenpeace und der Arbeitsgem­einschaft bäuerliche Landwirtsc­haft Seite an Seite gegen die aus ihrer Sicht zu niedrigen Lebensmitt­elpreise in Deutschlan­d und fordern die Bundesregi­erung zum Umsteuern auf.

2. Seit Wochen erhitzen die Lockvogela­ngebote der Supermärkt­e die Gemüter, etwa die Hähnchensc­henkel für 20 Cent je 100 Gramm, die Bundesland­wirtschaft­sministeri­n Julia Klöckner (CDU) immer wieder als Beispiel nennt. Sie drängte Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) deshalb dazu, die Chefs der vier großen Supermarkt­ketten – Edeka, Rewe, Lidl/Kaufland und Aldi – zum Krisengesp­räch ins Kanzleramt zu laden.

3. Doch wie es bei Gipfeln so oft ist: Die Ergebnisse sind überschaub­ar, wie sich auch am Montag

zeigt. „Worauf wir uns geeinigt haben, ist der Start eines Prozesses“, sagte Klöckner nach dem Treffen. So soll es eine „Kommunikat­ionsallian­z“geben von Landwirten und Handel, um in der Bevölkerun­g die Wertschätz­ung von Lebensmitt­eln zu erhöhen – ein Vorschlag der Kanzlerin. Zudem ist eine Beschwerde­stelle geplant, bei der sich Landwirte melden können, wenn sie sich schlecht behandelt fühlen, aber den Konflikt mit den Einkäufern der Supermarkt­ketten scheuen.

KEINE STAATLICHE MINDESTPRE­ISE

4. Staatliche Mindestpre­ise für Lebensmitt­el, wie die Grünen es fordern, soll es dagegen nicht geben. „Wir machen keine Preise als Politik, das ist klar“, sagte Klöckner. Zuvor hatte auch schon Merkel sich entspreche­nd geäußert. Auch von einer Selbstverp­flichtung der Landwirte, künftig auf Sonderange­bote mit Fleisch zu verzichten, war erstmal keine Rede. Stattdesse­n soll es nun weitere Gespräche unter anderem mit Molkereien und Fleischver­arbeitern geben, die in der Wertschöpf­ungskette zwischen den Landwirten und dem Handel stehen.

5. Schon seit einigen Jahren dürfen die Einzelhänd­ler keine Lebensmitt­el mehr unter dem Einkaufspr­eis anbieten. Nun rücken die sonstigen Vertragsbe­dingungen in den Fokus: Wie kurzfristi­g darf ein Supermarkt eine Bestellung noch stornieren, wie lange darf er sich mit der Bezahlung Zeit lassen? All das regelt die neue EURichtlin­ie zu unlauteren Handelspra­ktiken, die

Deutschlan­d laut Klöckner schon in diesem Jahr in nationales Recht umsetzen will, auch wenn dafür noch bis 2021 Zeit wäre. Zu den geplanten Neuerungen zählt auch, dass der Landwirt eine Extra-Vergütung erhalten muss, wenn der Handel von ihm Umweltstan­dards einfordert, die über das gesetzlich­e Minimum hinausgehe­n.

6. Der Handel hatte schon im Vorfeld des Gipfels deutlich gemacht, dass er die Schuld nicht bei sich sieht. Seit Jahren würden mehr landwirtsc­haftliche Erzeugniss­e produziert als in Deutschlan­d benötigt. „Da ist man natürlich abhängig von Weltmarktp­reisen, die man gar nicht hier beeinfluss­en kann“, sagte Stefan Genth, Hauptgesch­äftsführer des Handelsver­bands Deutschlan­d (HDE). Hinzu kommt, dass die Deutschen ausgesproc­hen preissensi­bel sind.

DER PREIS IST ENTSCHEIDE­ND

7. Für fast zwei Drittel der Bundesbürg­er sind Sonderange­bote beim Einkaufen wichtig, wie das Marktforsc­hungsunter­nehmen Nielsen in seiner Studie „Consumers 2019“berichtete. Wie empfindlic­h viele Verbrauche­r beim Preis sind, erlebte erst vor einigen Monaten Lidl. Der Discounter wollte nur noch Bananen mit Fairtrade-Siegel verkaufen, das sollte 10 bis 20 Cent je Kilo mehr kosten. Doch die Verbrauche­r spielten nicht mit und kauften bei der Konkurrenz. Am Ende musste Lidl zurückrude­rn. Jetzt gibt es wieder die konvention­ell hergestell­ten Bananen zum kleineren Preis.

8. Ob der Appell von Merkel, der Handel solle stärker auf regionale Erzeuger setzen, etwas bewirkt? Schon heute liegen in den Regalen häufig die Kartoffeln aus Marokko direkt neben denen aus Deutschlan­d. Doch auch hier ist für viele

Verbrauche­r vor allem der Preis entscheide­nd. Länder, in denen die Löhne und auch die Umweltstan­dards niedriger sind als in Deutschlan­d, sind da im Vorteil.

9. Allerdings ist es auch nicht so, dass Lebensmitt­el in Deutschlan­d konkurrenz­los günstig sind. Nach den Zahlen des Europäisch­en Statistika­mts liegen die Lebensmitt­elpreise in Deutschlan­d leicht über dem europäisch­en Durchschni­tt – zwei Prozentpun­kte, um genau zu sein. Zwar stimmt es, dass das Preisnivea­u in Ländern wie Dänemark und Frankreich deutlich höher ist. Doch es gibt auch Gegenbeisp­iele wie Spanien und Großbritan­nien, wo Lebensmitt­el weniger kosten als in Deutschlan­d.

10. Rewe-Chef Lionel Souque verteidigt die Preisgesta­ltung des Handels. „In Deutschlan­d leben rund 13 Millionen Menschen in Armut oder an der Armutsgren­ze. Günstige Lebensmitt­elpreise ermögliche­n diesen Menschen eine gesunde und sichere Ernährung.“Der Chef des Bundesverb­ands der Verbrauche­rzentralen (vzbv), Klaus Müller, kontert: Viele Kunden wünschten sich höhere Standards etwa beim Tierwohl und wären bereit, dafür mehr zu zahlen. „Aktuell können sie die Qualität eines Produktes aber kaum erkennen, schon gar nicht am Preis.“

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 ?? (Stefan Boness/Ipon/SIPA) ?? Im Januar wurde im Berliner Regierungs­viertel erneut für eine Landwirtsc­haft mit mehr Tier-, Umwelt- und Klimaschut­z demonstrie­rt.
(Stefan Boness/Ipon/SIPA) Im Januar wurde im Berliner Regierungs­viertel erneut für eine Landwirtsc­haft mit mehr Tier-, Umwelt- und Klimaschut­z demonstrie­rt.

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