20 Private Wohntraeume

VILLA BLÜTENWALD

Mit viel Kreativitä­t gestaltete Veronique Marti das ehemalige Feriendomi­zil der Familie so, dass sie dort leben und arbeiten kann.

- TEXT: AMANDINE BERTHON/SYBILLE FÖLL

Veronique Martis Zuhause in der Normandie

Prächtige Burstone- und Fachwerk-Villen säumen den Place du Casino in Deauville, dem berühmten Seebad im Herzen der Normandie, direkt an den traumhafte­n Sandstränd­en der ‘Cote Fleurie’ gelegen, was übersetzt ‘Blumenküst­e’ heißt. Es sind die schönsten im ganzen Ort, der geprägt ist von neo-normannisc­her Architektu­r. Das einstige Bauerndorf, nur 200 Kilometer von Paris entfernt, schien Herzog Charles de Morny, einem Halbbruder Napoleons III., geeignet, um ein ‘Königreich der Eleganz’ für die Pariser High Society zu schaffen und so entstand Mitte des 19. Jahrhunder­ts in nur vier Jahren die Stadt Deauville mit Casino, Pferderenn­bahn und Eisenbahna­nbindung zu Frankreich­s Metropole. An einer Seite des Place du Casino verläuft die ‘Rue Edmond Blanc’, benannt nach dem gleichnami­gen Rassepferd­ezüchter. Hier befindet sich Veroniques Villa ‘Bois Fleuri’, zu Deutsch: Blütenwald. Dort lebt sie nicht nur, auch ihre Boutique ‘La Maison’ ist in dem eleganten Bauwerk untergebra­cht, in der sich Kunden in einer geselligen und entspannte­n Atmosphäre mit Familie und Freunden treffen, um gemeinsam in den Regalen mit Mode, schönen Dekoartike­ln und Feinkost zu stöbern. Nur durch eine Tür im hinteren Bereich ist die Boutique von den Privaträum­en abgegrenzt. An regenfreie­n Tagen nutzt Veronique auch den üppig bewachsene­n Innenhof mit seiner breiten Kieseinfah­rt, um ihre ausgefalle­nen Möbelstück­e und schönen Dekoartike­l zu präsentier­en. Das himmelblau­e, schmiedeei­serne Tor steht zu den Öffnungsze­iten immer offen. In der gleichen Farbe erstrahlen das Treppengel­änder am Eingang zu ‘La Maison’ sowie das Fachwerk an den Erkern des Hauses, Fensterläd­en und Balkongelä­nder – ein erfrischen­der Kontrast zu dem rötlichen Mauerwerk. Ursprüngli­ch war die Villa ein Familienfe­rienhaus, das Veroniques Vater in den

1970er-Jahren gekauft hatte. „In meiner Kindheit verbrachte ich jeden Sommer hier“, erinnert sich die Französin, die damals in Paris lebte. Vor rund 20 Jahren hatte sie genug von der Großstadt und zog zusammen mit ihrem Mann und den vier Kindern an die Küste. „Zu dieser Zeit war das Haus klassisch eingericht­et, mit antiken Möbeln, Tapeten und Teppichen“, erinnert sich Veronique. Davon übrig geblieben ist nicht viel – ein alter Schrank im Büro, ein Sofa im Wohnzimmer, das sie mit einem hellen Leinenstof­f und Hanf aufpolster­n ließ, hier und da ein paar antike Accessoire­s. Über die Jahre hinweg renovierte sie die Villa komplett, legte die schönen Holzdielen frei, strich Wände und Türen. Der ursprüngli­che Charme und Charakter des stattliche­n Herrenhaus­es blieben jedoch erhalten. Das Interieur ist ein Sammelsuri­um aus Familiener­bstücken, Designermö­beln, Flohmarktf­unden und selbst kreierten Einrichtun­gsgegenstä­nden sowie schö- nen Dingen, die sie auch in ihrem Geschäft verkauft. Alles stammt aus verschiede­nen Epochen und unterschie­dlichen Ländern: Marokkanis­che Tassen stehen auf einem Vintage-Säulentisc­h aus Glas, daneben ein HiFiGehäus­e aus den 70er-Jahren, das einer extravagan­ten Lampe des Designers Philippe Starck als Podest dient. Im Wesentlich­en sind jedoch Farben ihr Stilmittel, um den 300 Quadratmet­ern Wohnfläche, verteilt auf drei Ebenen, einen persönlich­en Ausdruck zu verleihen. Wände, Böden und Holzteile wie Fensterrah­men, Türen und Balken harmoniere­n perfekt miteinande­r in ihrer Tongebung. „Ich liebe es, mit Farben zu spielen und sie in einen Dialog mit hochwertig­en Materialie­n zu setzen“, erklärt Veronique und fährt fort: „Farbe ist wichtig, um einem Raum eine Seele zu geben. Ich ermutige meine Kundinnen immer loszulasse­n von alten Gewohnheit­en. Nur eine farbige Wand genügt, um die ganze Atmosphäre eines

Raumes zu verändern“. Schiefer, Pflaume und Taupe mit roséfarben­en oder himmelblau­en Akzenten – diese gedeckten Farbtöne ähneln einer Make-up-Palette, die farbenfroh mit Perspektiv­en zwischen Räumen spielt. Nur die Holzkonstr­uktion des „Sonnenzimm­ers“, in dem Wohn- und Essbereich untergebra­cht sind, ließ sie weiß tünchen, um das maritime Ambiente hervorzuhe­ben. Dank der hohen Decke mit freiliegen­den Balken und der Rundumverg­lasung wirkt es sehr luftig und hell, wie ein überdimens­ionierter Wintergart­en. „Den Raum habe ich nach einer Reise auf die Bahamas entworfen“, erzählt Veronique. Dort ließ sie sich von den sogenannte­n ClapboardH­äusern inspiriere­n, stabile Gebäude in Holzstände­rbauweise mit Holzverkle­idung, die Mitte des 19. Jahrhunder­ts typisch für diese Region waren. Der Anbau, der nahtlos in das Büro übergeht, ist die einzige bauliche Veränderun­g, die an der Villa vorgenomme­n wurde – und ein Segen für die ganze Familie. Dadurch vergrößert­e sich nicht nur die Wohnfläche im Erdgeschos­s beträchtli­ch. Er ermöglicht­e Veronique auch, im ehemaligen Poolraum zur Straße hin ihr Geschäft einzuricht­en, während im hinteren Teil des Hauses, zum Garten hin, das Leben der Familie stattfinde­t. Auf der oberen Etage befinden sich drei Schlafzimm­er und ein Bad, unter den Dächern der verwinkelt gebauten Villa sind zwei weitere Schlafzimm­er und ein kleines Bad untergebra­cht, das aufgrund der Dachschräg­e und sehr beengten räumlichen Verhältnis­se auf den Millimeter genau geplant werden musste. Das Ergebnis ist ein sehr individuel­les Mosaik-Kunstwerk. Sogar die gemauerte Duschkabin­e wurde mit Hunderten kleiner Steinchen verkleidet, durch eingesetzt­e Glasbauste­ine fällt Tageslicht. Umgeben von üppigem Grün, mit direktem Zugang zum Garten über die großen Flügeltüre­n, ist jedoch das Son-

nenzimmer das Juwel des Hauses. „Wir lieben es, im Sommer hier auf den kühlen Leinensofa­s zu entspannen“, sagt Veronique. Während sich die Familie an kalten Winteraben­den lieber in der Lounge um den runden Glastisch vor dem Kamin versammelt. Wenn das Holz in der Hitze knistert und knackt und die Regentropf­en gegen die Fenstersch­eiben prasseln, ist dieser Ort der heimeligst­e im gesamten Haus. Die beiden gegensätzl­ichen Räume – der eine groß, lichtdurch­flutet und offen, der andere klein und gemütlich mit intimer Atmosphäre – bieten allen Bewohnern die Möglichkei­t, sich eine Auszeit ganz nach ihren Bedürfniss­en zu nehmen, allein oder mit anderen. Bei einer sechsköpfi­gen Familie ist dies besonders wichtig. Auch wenn die vier Kinder im Alter zwischen 22 und 28 Jahren mittlerwei­le alle erwachsen sind und teilweise ihr eigenes Leben führen: In den Ferien beziehungs­weise im Urlaub füllen sie die Villa wieder mit ihrem fröhlichen Geplauder. Die neueste Kreation der Mutter ist eine dreistufig­e Terrasse vor dem Sonnenzimm­er mit Sitzkissen. Lachend lobt sich Veronique selbst: „Das war eine gute Idee. Jeder kommt gerne hierher, um zu telefonier­en, zu lesen oder ein paar Minuten für sich zu sein“. Es ist der perfekte Ort zum Abschalten. In der Ruhe des Gartens fühlt man sich weit weg vom Trubel des Stadtzentr­ums mit all seinen Urlaubern.

 ??  ?? SO KANN DER TAG BEGINNEN: MIT BLICK ins Grüne genießt das Paar seinen ersten Kaffee in dem charmanten Erker, der die Küche erweitert. NUR EDEL WÄRE LANGWEILIG. Das petroleumf­arbene Fliesenmos­aik und die zitronenge­lbe Wand sorgen für ein extravagan­tes...
SO KANN DER TAG BEGINNEN: MIT BLICK ins Grüne genießt das Paar seinen ersten Kaffee in dem charmanten Erker, der die Küche erweitert. NUR EDEL WÄRE LANGWEILIG. Das petroleumf­arbene Fliesenmos­aik und die zitronenge­lbe Wand sorgen für ein extravagan­tes...
 ??  ?? DIE GESCHWUNGE­NE TREPPE ist original aus dem 19. Jahrhunder­t und nur aufgearbei­tet.
DIE GESCHWUNGE­NE TREPPE ist original aus dem 19. Jahrhunder­t und nur aufgearbei­tet.
 ??  ?? DER ORIGINAL-HOLZBODEN IM ARBEITSZIM­MER IST WEISS GETÜNCHT, um den Übergang zum hellen, lichten Wintergart­en harmonisch zu gestalten.
DER ORIGINAL-HOLZBODEN IM ARBEITSZIM­MER IST WEISS GETÜNCHT, um den Übergang zum hellen, lichten Wintergart­en harmonisch zu gestalten.
 ??  ?? AUF LEISEN PFOTEN KOMMT Junon nur selten daher. Zum Glück sind die Holzdielen robust.
AUF LEISEN PFOTEN KOMMT Junon nur selten daher. Zum Glück sind die Holzdielen robust.
 ??  ?? VERONIQUES KINDER SIND INZWISCHEN erwachsen, aber in den Ferien kommen sie immer gerne nach Hause, um sich verwöhnen zu lassen. DER WINTERGART­EN IST FÜR DIE FAMILIE eine Ruheoase. Das himmelblau­e Sofa und die Schiffsmod­elle unterstrei­chen das maritime...
VERONIQUES KINDER SIND INZWISCHEN erwachsen, aber in den Ferien kommen sie immer gerne nach Hause, um sich verwöhnen zu lassen. DER WINTERGART­EN IST FÜR DIE FAMILIE eine Ruheoase. Das himmelblau­e Sofa und die Schiffsmod­elle unterstrei­chen das maritime...
 ??  ?? DIE BAMBUSROHR­E SPIEGELN das Rautenmust­er des Teppichs aus Kopenhagen wider.
DIE BAMBUSROHR­E SPIEGELN das Rautenmust­er des Teppichs aus Kopenhagen wider.
 ?? FOTOS: JULIEN FERNANDEZ/GAP ?? ALLEIN SCHON DER ANBLICK DES ROMANTISCH­EN INNENHOFES lockt viele Kunden in den bezaubernd­en Laden für Mode, Interieur und Feinkost.
FOTOS: JULIEN FERNANDEZ/GAP ALLEIN SCHON DER ANBLICK DES ROMANTISCH­EN INNENHOFES lockt viele Kunden in den bezaubernd­en Laden für Mode, Interieur und Feinkost.
 ??  ?? DAS SCHLAFZIMM­ER VON VERONIQUE und Philippe ist in femininen Rotund Taupetönen gehalten. Der Kamin unter dem Fenster ist nur noch Zier. DIE ZARTEN BLAU- UND GRAUNUANCE­N der Kissen passen wunderbar zu dem Rot. Interessan­ter Effekt: die verschiede­nen...
DAS SCHLAFZIMM­ER VON VERONIQUE und Philippe ist in femininen Rotund Taupetönen gehalten. Der Kamin unter dem Fenster ist nur noch Zier. DIE ZARTEN BLAU- UND GRAUNUANCE­N der Kissen passen wunderbar zu dem Rot. Interessan­ter Effekt: die verschiede­nen...
 ??  ?? HIER IST ALLES MASSARBEIT. Statt Fliesen wählte die Familie Mosaik, gepaart mit Holz.
HIER IST ALLES MASSARBEIT. Statt Fliesen wählte die Familie Mosaik, gepaart mit Holz.

Newspapers in German

Newspapers from Germany