Malen mit Licht
Vorbereitung Die wichtigste Vorbereitung für Dr. Ferry Böhme ist, am Abend zeitig ins Bett zu gehen. Denn er ist bereits ab 4.30 Uhr morgens auf den Beinen, um auf die Pirsch zu gehen. Der fc-Fotograf weiß, dass die besten Naturbilder entstehen, wenn die Tiere ungestört sind und ihr natürliches Verhalten zeigen. Daher schätzt Böhme die Zeiten, in denen nicht viele Leute unterwegs sind. Auch das Licht ist dann für seine Aufnahmen am besten.
Motivsuche
Zwar stehen auf Böhmes ReiseWunschliste Neuseeland und Schottland ganz oben, aber immer ist es die Heimat, die für den Naturfotografen die meisten Motive bereithält. Seit vielen Jahren beschäftigen ihn die Naturwunder des Alpenvorlands. Den Anfang nahm 2006 das Projekt „Wildnis Alpenvorland – Naturerlebnis Heimat“im Vorfeld von Europas größtem Naturfotofestival, den Internationalen Fürstenfelder Naturfototagen. Ziel des Projekts ist, die Schönheit der heimischen Natur zu illustrieren und aufzuzeigen, um einen aktiven Beitrag zu ihrem Schutz und ihrer Erhaltung zu leisten. Aus Tausenden vorhandener Diapositive, die zwar alle gerahmt in Böhmes Archiv vorlagen, aber nie für einen Vortrag genutzt wurden, stellte der Fotograf eine erste analoge Präsentationsversion zusammen und erntete Begeisterung bei den Besuchern. Der große Zuspruch bestärkte ihn in der Ansicht, dass die nähere Umgebung ebenso viele Naturschönheiten zu bieten hat wie die längste Fernreise. So entstanden neue Vorträge, Publikationen und vor allem Bilder aus ungewöhnlichen Perspektiven. Bei der Motivsuche probiert der fc-Fotograf ganz bewusst, Natur und Tiere zu entdecken, „indem ich immer wieder versuche, besser sehen zu lernen.“
Dabei lässt er sich vom gesamten Spektrum fotografischer Möglichkeiten inspirieren. „Ob Makrofotografie mit dem Lupenobjektiv und Einblicke in die ,Winzigwelt‘ oder große Säugetiere, Landschaften oder ,Nature as Art‘: Alles hat seinen eigenen Reiz und stellt andere Herausforderungen an den Fotografen.“Besonders angetan hat es ihm seit ein paar Jahren speziell die Ordnung der Libellen. „Die derzeit knapp 80 in Mitteleuropa beheimateten Arten dieser Fluginsekten sind nicht nur die schnellsten Jäger im Insektenreich, sondern zeigen auch ein fotografisch herausforderndes Farben-, Formen- und Verhaltensspektrum. Ihre oft sehr habitatspezifische Lebensweise macht sie darüber hinaus leider zu sehr empfindlichen Umweltindikatoren. Zahlreiche Arten sind durch Biotopzerstörung schon verloren gegangen“, weiß Böhme.
Equipment
Unentbehrlich für Ferry Böhme ist neben seiner Canon EOS 5D Mk III ein Stativ – egal, mit welcher Brennweite er arbeitet. „Es ist für mich bei der Arbeit fast immer hilfreich. Ob bei der Landschafts-, Tier- oder Makrofotografie – wer sich Zeit für eine aktive Bildgestaltung nimmt, wird deutlich bessere Resultate erzielen als im ,Dauerfeuermodus‘ mit Bildstabilisator aus der freien Hand, obwohl es da vermeintlich schneller geht“, erklärt Böhme. In der Makrofotografie arbeitet er meist mit Reflektor, da er lieber das natürlich verfügbare Licht als den Blitz nutzt.
Aufnahmesituation
Vor Ort setzt Ferry Böhme dann auf viel Geduld. Oft stundenlang verharrt er in einer Position, bis das Setting endlich passt. „An einem Fuchsbau bin ich in der Nachmittagssonne schon einmal eingeschlafen, da ich bereits seit 5 Uhr morgens unterwegs war. Mein Fotofreund hat sich gewundert, warum ich nicht auslöse, obwohl die Welpen vorm Bau gespielt haben“, erzählt er mit einem Schmunzeln. Zwei ältere Damen auf ihrem Sonntagsspaziergang indessen wollten Ferry Böhme „retten“, da
sie glaubten, er stecke mit Hexenschuss in einem Teich fest, als er über das Stativ gebeugt direkt auf der Wasseroberfläche Kröten bei der Paarung fotografiert hat.
Fototechniken
Dabei geht es Böhme nicht nur darum, im entscheidenden Moment einfach auf den Auslöser zu drücken, sondern mit verschiedenen fotografischen Techniken zu experimentieren. Dazu holt er sich Anregungen aus der fotocommunity und vergleicht Arbeiten und Techniken. Mit einigen Fotografen tauscht er sich auch direkt aus. „Ich versuche einerseits, klare und sauber strukturierte Bilder umzusetzen, andererseits reizt mich der künstlerische Aspekt des ,Malens mit Licht‘ – also die Anwendung von Wischertechnik, Doppelbelichtung, Kameramitführung und Langzeitbelichtungen. Strukturen und Farben gewinnen manchmal die Oberhand“, erklärt er. Ab und an arbeitet er sogar mit alten Objektiven aus den 50er- und 60er-Jahren, deren BokehGestaltung ihn sowohl bei Porträts als auch in der Makrofotografie begeistert.
Nacharbeit
Böhme verbringt seine Zeit lieber in der Natur, als sie in aufwendige Nacharbeit zu investieren. Ein einfacher Workflow in Lightroom und wenige Minuten pro Bild sind fast immer ausreichend. „Sonst habe ich draußen nicht sauber genug gearbeitet”, resümmiert er. In diesem Fall geht es eben an einem anderen, neuen Morgen von vorne los. Schließlich ist es nicht die quantitative Ausbeute, die Böhme am Fotografieren fasziniert, sondern der Reiz der unblutigen Jagd: „Sich manchmal mühsam anpirschen zu müssen oder Stunden unter der Tarnung zu verharren, und keiner nimmt Schaden dabei.“Oder wie Franz Bagyi einmal sagte: „Der Naturfotograf mag oft mit leeren Händen heimgehen, aber nie mit leerem Herzen.“