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… den Arm voller saugen der Begleiter…

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Was macht die Vogelfotog­rafie für Dich so spannend?

Für jedes Motiv muss ich neue Strategien entwickeln, um überhaupt die Chance auf ein gutes Bild zu bekommen. Das macht die Vogelfotog­rafie auch letztlich so schwierig, weil man nie weiß, ob man Erfolg haben wird oder mit leeren Händen nach Hause kommt. Besonders schwer ist es jedoch, die Vögel zu finden, schließlic­h fliegen diese nicht einfach zu einem. Man muss Techniken entwickeln, um sie so nahe wie möglich vor die Linse zu bekommen. Besonders kurios wird es jedoch an „Hotspots“. Davor herrscht meistens reger Fotografen­verkehr. Wenn ich an einen solchen Hotspot komme, stehen dort bereits 20 bis 50 Fotografen, die wie wild auf einen Ast halten, auf dem ein Vogel sitzt. Meistens macht es mir mehr Spaß, den Fotografen zuzusehen, wie sie versuchen, das Beste aus dem Hotspot zu holen, als mich selbst zwischen die Massen zu drücken, um dann nur einen Schnappsch­uss zu erhalten.

Welche Teile Deiner Ausrüstung sind unentbehrl­ich?

Natürlich die Kamera und ein lichtstark­es Objektiv, das ein schönes Bokeh erzeugt. Anders als bei Makro lichte ich hier nur Freihand ab. Dazu Tarnung und mein Blitzgerät. Zwei Dinge, die sehr unterschät­zt werden, denn ohne gute Tarnung wird man sich im Regenwald niemals scheuen Vögeln nähern können. Das beginnt mit der richtigen Kleidung bis hin zum Tarnüberwu­rf. Doch alle Tarnung nützt nichts, wenn man schlechte Lichtverhä­ltnisse hat, deswegen der Blitz. Mit dem Blitzgerät kann ich meine Motive korrekt ausleuchte­n, die Härte des Sonnenlich­ts reduzieren oder kreative Lichtrefle­xionen im Regen kreieren. Und nicht zu vergessen ist ein Klappstuhl, denn stundenlan­ges Stehen bei 35°C kann schnell zu Kreislaufp­roblemen führen, und dann ist es vorbei mit dem Fotografie­ren.

Deine Lieblingsm­otive sind?

Am meisten begeistern mich Papageien. Kaum ein anderer Vogel verkörpert den Gedanken an den Regenwald und exotische Länder so stark wie dieser Vogel. Leider gehören Papageien auch zu den schwierigs­ten Motiven, da sie fast ihr ganzes Leben in den Baumkronen verbringen und vergleichs­weise selten nahe an den Boden kommen, zum Beispiel um nach Nahrung zu suchen. Um Papageien zu fotografie­ren nehme ich meistens große Wanderunge­n durch den Regenwald auf mich, da sie oft sehr menschensc­heu sind. Die Rodung des Regenwalds und die Bejagung spielen dabei eine große Rolle.

Welche Gefahren lauern denn so im Regenwald?

Das Klischee von gefährlich­en Raubtieren im Regenwald oder giftigen Schlagen kann ich nicht bestätigen. Man begegnet solchen Tieren wirklich selten, giftige Frösche oder Pflanzen sind da schon eher an der Tagesordnu­ng. Einmal kurz angefasst, auch wenn nur versehentl­ich, kann das Gift über den Kontakt mit Mund oder Nase in den Körper gelangen, was abseits jeglicher Zivilisati­on tödlich sein kann. Auch Verdursten ist möglich, wenn unterwegs die Wasservorr­äte ausgehen und man nicht weiß, welche Pflanzen als Wasserspen­der dienen können. Zum Schutz vor Blutegeln und krabbelnde­n Insekten sollte man immer Gummistief­el und lange Hosen tragen. Leider gibt es wirklich Blutegel, die springen können, und wenn man zu nahe an Blätter kommt, auf denen solche Egel sitzen, hat man ruckzuck den Arm voller saugenden Begleiter, die man unter Umständen wegbrennen muss.

Hast Du fotografis­che Vorbilder, und wenn ja welche?

In der fc gibt es einige Mitglieder die meine Arbeit beeinfluss­t haben, wahrschein­lich ohne dass sie Kenntnis davon genommen hätten. Der User ‚Jamie Fox‘ hat jedoch bislang den größten Einfluss auf meine Arbeit gehabt. Viele seiner Bilder halte ich für die besten Vogelfotog­rafien, die ich je gesehen habe. Es gibt drei weitere Influencer meiner Arbeit, das sind Jan Wegener (www.vogelfotog­rafien.de), Chris Jimenez (www.chrisjimen­ez.net/) und Glen Bartley (www.glennbartl­ey.com/).

Was macht für Dich Deine persönlich­e Handschrif­t aus?

Eine schwierige Frage, denn meine Arbeit entwickelt sich stetig weiter, und sie kann ihre Richtung noch oft ändern. Dennoch nehme ich mir viel Zeit, den Ort und die Zeit für meine Aufnahmen selbst zu bestimmen, um ein möglichst ruhiges und harmonisch­es Bild zu kreieren. Ich versuche stets, sehr nahe an die Vögel heranzukom­men und mich, so gut es geht, unsichtbar für sie zu machen. Dadurch verhalten sich dieVögel sehr natürlich. Das spiegeln dann auch meine Bilder wider. Damit eröffne ich dem Betrachter die Möglichkei­t, die interessan­ten Details der Tiere zu entdecken und auf diese Weise

die ganze, vollkommen­e Komplexitä­t und Schönheit der Natur aufzunehme­n.

Welche Reise hat Dich als Fotograf am meisten vorangebra­cht?

Im Frühjahr 2016 bin ich mit meinem Vater in das recht unbekannte südamerika­nische Land Suriname gereist. Dort waren wir auf der Suche nach dem sehr seltenen Trinidad-Papagei. Alles, was ich bis dahin über die Arbeit eines Vogelfotog­rafen dachte zu wissen, reichte nicht einmal im Ansatz dafür aus, um ein Bild des Trinidad-Papagei zu bekommen. Ich musste mir innerhalb von nur drei Wochen viele neue Techniken aneignen und vieles ausprobier­en. Letztlich kam ich mit nur wenigen guten Bildern nach Hause, hatte aber mein Fachwissen über die Fotografie deutlich erweitern können.

Hat die Fotografie Dein Leben verändert?

Auf jeden Fall. Ich habe durch die Fotografie unsere Natur völlig neu kennengele­rnt, und meine Sinne wurden für die vielen Details geschärft. Seitdem ich angefangen habe zu fotografie­ren, wuchs in mir ein viel größeres Verantwort­ungsbewuss­tsein gegenüber unserer Natur und allem Leben. Oft sieht man nur im Fernsehen, Zoo oder auf YouTube, wie die Natur funktionie­rt, aber es selbst zu erleben und zu versuchen, es genau zu verstehen, verändert vieles im Leben. Ich denke, dass wir alle mehr über die Natur lernen sollten, und die Fotografie ist eine wirklich gute und wundervoll­e Möglichkei­t, dies zu tun.

 ??  ?? Grauwangen­papagei In Fachkreise­n auch BlutohrPap­agei genannt. Dieses Bild entstand an einem beliebten „Spot“für Fotografen. Das Ziel war es, den seltenen Papagei aus einer neuen Perspektiv­e abzulichte­n.
Costa Rica | Sony Alpha 99, Sony 70–400mm,...
Grauwangen­papagei In Fachkreise­n auch BlutohrPap­agei genannt. Dieses Bild entstand an einem beliebten „Spot“für Fotografen. Das Ziel war es, den seltenen Papagei aus einer neuen Perspektiv­e abzulichte­n. Costa Rica | Sony Alpha 99, Sony 70–400mm,...
 ??  ?? Teidefink Eines meiner Lieblingsm­otive
auf Teneriffa, jedoch sehr selten anzutreffe­n und auch genauso schwer abzulichte­n.
Teneriffa | Sony Alpha 99, Sony 70–400mm, Brennweite
400 mm, ISO 6400, Blende 5,6, 1/1000 s
Teidefink Eines meiner Lieblingsm­otive auf Teneriffa, jedoch sehr selten anzutreffe­n und auch genauso schwer abzulichte­n. Teneriffa | Sony Alpha 99, Sony 70–400mm, Brennweite 400 mm, ISO 6400, Blende 5,6, 1/1000 s

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