Fujifilm X-H1
APS-C-Kamera mit Profi-Qualitäten
Eine neue Fujifilm mit Vollformatsensor? Mitnichten, auch wenn man angesichts der Gehäusegröße auf diese Idee kommen könnte. Zudem verweist das neue Schulterdisplay auf Fujifilms Mittelformater GFX 50S. Doch die X-H1 bleibt ihrer Familie treu. Damit ist natürlich die X-Systemkamera-Serie gemeint, die mit X-Trans-Sensoren im APS-CFormat arbeitet und jetzt um ein Modell mit eingebautem Bildstabilisator ergänzt wird. Mit dieser kleinen Revolution in der Fujifilm-Welt werden alle XF- und XC-Objektive ohne optischen Stabilisator entscheidend aufgewertet. Dazu gehören Festbrennweiten von 14 bis 90 mm, aber auch das lichtstarke Standardzoom XF2,8/16-55 RLMWR, im Set mit der X-H1 für 2900 Euro erhältlich. Das Gehäuse alleine kostet 1900 Euro.
Gehäuse und Ausstattung
Der X-H1-Body soll aus einem um 25 % stärkeren Magnesiummaterial bestehen als der der X-T2 und damit noch robuster sein. Die Folge ist ein höheres Gewicht: 673g wiegt die X-H1, 507g die X-T2. Noch mehr fällt der Größenunterschied auf: Die Neue ist 7mm breiter, 5 mm höher und 37 mm tiefer. Sogar die Sony A7III mit Vollformatsensor ist etwas schmaler und niedriger. Man vergisst das schnell, wenn man die X-H1 in die Hand nimmt und auf dem vergrößerten Griff alle Finger Platz finden. Sie liegt hervorragend in der Hand, vielleicht besser als jede andere aktuelle spiegellose Systemkamera. Das entschädigt dafür, dass die neue Formgebung ein Stück Abschied vom Retro-Design der X-T1 und X-T2 mit sich bringt. Der Auslöser sitzt jetzt ergonomisch günstig am abgeschrägten Oberteil des Handgriffs, völlig verändert aber hat sich das Auslösegefühl. Bei anderen Kameras der X-Serie spürt man beim halben Durchdrücken des Auslösers, nachdem die Kamera fokussiert hat, einen deutlichen Druckpunkt vor der Verschlussauslösung. Weil dieser bei der X-H1 fehlt, löst man mitunter ungewollt aus. Tipp: Zum Eingewöhnen den AF-Piepser aktivieren und öfter mal die griffgünstig für den Daumen platzierte AF-on-Taste zum Vorfokussieren verwenden. Der integrierte Bildstabilisator (IBIS) arbeitet nach dem „5-Achsen“-Prinzip. Im ersten Test überzeugte er vollauf; die Trefferquote bei längeren Belichtungszeiten erhöhte sich deutlich. Den Strom liefert wie bisher der LithiumIonen-Akku NP-W126S, der für mehr als 300 Aufnahmen im Sucherbetrieb gut sein soll – meistens werden es eher weniger sein. Strom satt liefert der optional erhältliche Batteriehandgriff VPBXH1 mit zwei zusätzlichen Akkus und Bedienelementen für Hochformataufnahmen. Wird der Handgriff nicht an der Kamera gebraucht, dient er als Ladegerät für zwei Akkus. Eine Ladeschale für den Kameraakku ist bei der X-H1 erfreulicherweise im Lieferumfang, ebenso ein kleiner Aufsteckblitz (EFX8). Einen Ausklappblitz gibt es nicht.
Die effektive Vergrößerung des OLEDSuchers beträgt 0,75-fach, etwas weniger als bei der X-T2 (0,77). Dafür bekommt man eine höhere Auflösung geboten: 1 230 000 statt 786 667 Pixel. Zudem ist der X-H1-Sucher laut Hersteller etwa um den Faktor 1,6 heller. Mit einer extrem kurzen Reaktionszeit von 5 ms und einer Bildwiederholrate von 100 B/s lassen sich auch Bewegungen im Sucherbild flüssig darstellen. Wie bei der X-T2 kann man bei Bedarf ein etwas kleineres Sucherbild einstellen, das sich dann leichter mit aufgesetzter Brille bis zu den Ecken überblicken lässt. Die Bilddiagonale des TFT-Monitors beträgt unverändert drei Zoll, die Auflösung 346 666 RGB-Bildpunkte. Ein Klappmechanismus erlaubt das Verschwenken auf zwei Achsen – nach oben und unten sowie (nach Lösen einer Entriegelung) seitlich. Neu bei der X-H1: Der Monitor ist jetzt touchfähig. Ein weiteres Novum ist das monochrome Status-Display an der rechten Gehäuseschulter. Es informiert in großen Lettern über die wichtigsten Aufnahmeeinstellungen, ist beleuchtbar und lässt sich sogar konfigurieren.
Autofokus und Aufnahme
Das AF-System der X-H1 entspricht in seinen Eckdaten dem der X-T2: 325 Kontrast-AF-Felder stehen auf dem Bild sensor bereit, von denen 169 Phasen- A F- tauglich sind. NebenMess feld automatik und Einzelpunkt-AF bietet die Kamera die Möglichkeit derMessfeldgrup pi erung( Zone) mit 9,25 oder 49 Messfeldern. Laut Hersteller wurde die Anspre ch empfindlichkeit desAFSyste ms von +0,5 auf–1LW verbessert. Für die Auslöse verzögerung inklusive AF-Zeit ermittelte das Labor0,36/0,40s bei 300/30 Lux. Je nach Objektiv lassen sich vermutlich aber auch kürzere Zeiten erreichen. Für den kontinuierlichen Autofokus (AF-C) stehen fünf Presets zur Wahl, ein sechstes kann der Anwender frei programmieren. Drei Parameter sind einstellbar: Verfolgungs empfindlichkeit, Beschleunigungs erfassung und Zonen-Priorität (Mitte, Auto, Nah). Der mechanische Verschluss (30 bis 18 000 s) arbeitet ungewöhnlich leise und zudem auch äußerst vibrationsarm. Als Grund nennt der Hersteller eine gefederte Aufhängung der Verschluss mechanik als Bestandteil des Bild stabili sie rungssystems(I BIS ). Wer praktisch
ohne Vibrationen auslösen will, wählt den elektronischen ersten Verschlussvorhang oder die komplett elektronische Variante, die lautloses Auslösen bis zu 1/32000 s und eine Serienbildrate von knapp 14 B/s erlaubt. Die X-H1 filmt mit 4K-Auflösung und bis zu 30 Vollbildern/s. Dass Fujifilm die Filmer für sich gewinnen will, zeigt die Vielzahl möglicher Einstellungen – nicht weniger als vier Seiten im Menü sind dem Thema Video gewidmet. Über den HDMI-Ausgang lässt sich das unkomprimierte Videosignal abgreifen, auch Timecode-Aufzeichnung ist möglich. Ganz neu ist der an Kinofilmen orientierte Bildstil „Eterna“mit gedämpften Farben und verbesserter Schattenzeichnung. Zum Speichern der Fotos und Videos stehen zwei UHS-IIkompatible SD-Karten-Slots bereit.
Bedienkonzept
Das Bedienkonzept der X-H1 wurde im Vergleich zur X-T2 erweitert, durch das Schulterdisplay als zusätzliche Informationsquelle und die Touch-Funktionalität. Sie können mit dem Finger AF-Punkte setzen und die Kamera auslösen, aber auch mittels Wischbewegungen am Monitor die Anzeige verändern – etwa durch Einblenden eines RGB-Histogramms oder eines künstlichen Horizonts. Im Wiedergabemodus erleichtert der Touchscreen das Blättern im Bildbestand oder das Hineinzoomen in ein Bild durch Ziehen mit zwei Fingern.
Was man von der X-T2 kennt, sind die verriegelbaren Einstellräder für ISO und Verschlusszeiten, während man das rastende Belichtungskorrekturrad vergebens sucht. Jetzt drückt man dazu die Plus-Minus-Taste neben dem Auslöser, um dann mittels Endlosrad die Belichtung zu korrigieren (±5 Blenden). Die meisten Bedientasten sind jetzt größer und damit besser zu ertasten – auch mit Handschuhen. Den praktischen Joystick zum Positionieren von AF-Feldern im Sucherfeld kennt man bereits von anderen X-Modellen. Ein Druck auf den Joystick blendet das AF-Feld-Raster ein. Der AF-Punkt oder die AF-Zone wird grün hervorge-
hoben, was die Positionierung erleichtert. Durch Drehen eines Einstellrads verändert man die Größe des AF-Felds in sechs, die der Zone in drei Stufen. Das Hauptmenü der X-H1 ist durch sechs vertikale Karteireiter strukturiert und umfasst 24 Unterseiten mit 2 bis 8 Einträgen.Vor allem das verschachtelte „Einrichtung“-Menü ist nicht ganz einfach zu überblicken. Unter „Mein Menü“(MY) kann man Einträge nach Belieben zusammenstellen. Eine weitere, bereits bekannte Einstellebene bildet das Schnelleinstellmenü mit Funktionsfeldern. Die dazugehörige Q-Taste ist bei der X-H1 besonders griffgünstig in die Daumenstütze integriert.
Bildqualität
Mit dem X-Trans CMOS III (24 MP) ohne Tiefpassfilter und mit X-Prozessor Pro schafft die X-H1 eine hohe Auflösung um 2100 LP/BH bei ISO 200/400; bis ISO 12 800 erreicht sie konstant über 1900 LP/BH. Hohe Dead-Leaves-Werte – bis zu 1218LP/BH für hohe Kontraste und 1079 LP/BH für niedrige Kontraste – stehen für eine gute Wiedergabe von Texturen und Feinzeichnung. Bis ISO 1600 bleiben die Dead Leaves im Bereich um 1000 LP/BH, erst bei ISO 3200 kommt es zu einem stärkeren Rückgang (737/693LP/BH). Das Rauschen ist bis ISO 3200 mit VN 1,8 moderat, sofern man Schattenpartien nicht stark aufhellt. Die Kamera schärft die Bilder ziemlich heftig nach, weshalb der Wechsel zum RAW-Modus empfohlen wird. Für das Schärfen in Lightroom gilt tendenziell: „Betrag“nur moderat erhöhen (Standard: 25), dafür höhere „Details“-Werte (75 und mehr) wählen.