WELCHER FILM FÜR WELCHEN ZWECK?
Schwarzweiß-Filme und -Entwickler gibt es in Hülle und Fülle. Und jeder Film ist mit jedem Entwickler kombinierbar, da verliert man leicht den Überblick. Generell gilt: Die Wahl des Films ist entscheidend für das Ergebnis, mit dem Entwickler können Sie nur noch begrenzt manipulieren. Niedrigempfindliche Filme (ISO 25/15° bis ISO 50/18°) wie Kodak Technical Pan oder Ilford Pan F Plus kommen immer dann in die Kamera, wenn es auf maximale Schärfe und feinstes Korn ankommt: Architektur, Stillleben und andere unbewegte Motive sind klassische Einsatzgebiete. Wegen der geringen Lichtempfindlichkeit sind die Belichtungszeiten lang und ein stabiles Stativ ist unbedingt empfehlenswert. Mittelempfindliche Filme (ISO 100/21° bis ISO 200/24°) sind ein bis zwei Blenden empfindlicher, in Korn und Schärfe trotzdem noch sehr gut. Zu dieser Gruppe gehören Agfapan APX 100, Ilford FP-4 Plus, Ilford Delta 100 Prof. und Kodak Tmax 100 pro. Mit diesen Filmen können Sie bei gutem Licht ohne Probleme aus der Hand fotografieren. Weitere zwei Blenden gewinnen Sie mit einem Film der ISO 400/27°-Klasse. 400er Filme sind die idealen Allrounder: Korn und Schärfe sind noch gut und die Filmempfindlichkeit so hoch, dass man bei fast allen Lichtverhältnissen ohne Stativ auskommt. Als
Klassenbeste gelten Kodak Tmax 400 pro und Ilford Delta 400 Prof., in deren Emulsion Kristalle mit besonderer Struktur (T-Kristalle, Delta-Kristalle) das Licht einfangen. Sie sind in Schärfe und Korn sogar einem konventionellen 100er Film vergleichbar, müssen aber sorgfältig belichtet und verarbeitet werden. Agfapan APX 400 oder Ilford HP-5 Plus zeichnen vielleicht nicht ganz so scharf, sind aber wesentlich gutmütiger gegenüber Schwankungen in Belichtung und Entwicklung. Ein Sonderling ist der Ilford XP-2 Super: Er arbeitet auf Farbstoffbasis und muss im Farbnegativprozess C-41 entwickelt werden (siehe Seite 23). Am oberen Ende der Fahnenstange finden sich die Lichtriesen Fuji Neopan 1600 (ISO 1600/33°), Ilford Delta 3200 Prof. und Kodak Tmax 3200 (ISO 3200/36°), deren Korn vergleichsweise grob ist, die dafür aber mit einem Minimum an Licht auskommen. Den Entwickler wählen Sie in der Regel so, dass er die Tendenz des Films unterstützt: Hochempfindliche Filme entwickeln Sie in Push-Entwicklern, um die Filmempfindlichkeit optimal zu nutzen; niedrigempfindliche in Schärfe- oder Feinkorn-Entwicklern. Vergessen Sie Begriffe wie Ausgleichs-, Universaloder Schichtoberflächenentwickler, die in vielen Büchern und auf so mancher Packung herumgeistern und nichts sagen. Die Tabelle auf Seite 23 informiert über alle wichtigen Eigenschaften der gebräuchlichsten Handelsmarken. Vor allem macht es keinen Sinn, Film und Entwickler ständig zu wechseln. Probieren Sie zwei, drei Kombinationen aus, die Ihren Wünschen entgegen kommen und bleiben Sie dann dabei. Praxisgerecht sind zum Beispiel die folgenden Pärchen: Als besonders gutmütige Allroundkombination, die mit so ziemlich allen Lichtverhältnissen zurechtkommt, empfiehlt sich ein gemischtes Doppel: Der HP-5 Plus von Ilford, entwickelt in Ultrafin Plus von Tetenal. Der Film hat eine Nennempfindlichkeit von ISO
400/27°. Man kann ihn aber schon mal zwei bis drei Blenden unter- oder überbelichten, und er liefert trotzdem noch passable Negative. Das Korn ist relativ grob. Deutlich feinkörnigere und schärfere Negative bei vergleichbarer Empfindlichkeit liefert der Ilford Delta 400, den Sie ebenfalls in Ultrafin Plus entwickeln können. Der DeltaFilm muss allerdings sehr exakt belichtet werden, damit Lichter und Schatten adäquat gezeichnet sind. Der Belichtungsspielraum verringert sich gegenüber dem HP-5 Plus von fünf auf zwei Blenden. Für maximale Schärfe und feinstes Korn sorgt ein Spezialfilm von Kodak: Der Technical Pan löst astronomische 300 Linien pro Millimeter auf. Damit Sie diesen Hochkontrastfilm für die normale Fotografie einsetzen können, braucht es einen Entwickler, der den Negativkontrast begrenzt: Neofin doku. Einziger Haken: Optimale Ergebnisse erhalten Sie nur, wenn Sie die Dose während der Entwicklungszeit ständig kippen. Um die Auflösung des Films voll zu nutzen, sollten Sie vom Stativ fotografieren. Dafür werden Sie mit ungeheuer detailreichen Negativen belohnt – vorausgesetzt, Sie haben genügend Licht zur Verfügung. Denn die Kodak-Tetenal-Kombination bringt es gerade mal auf eine Empfindlichkeit von ISO 40/17°. Wenn Sie also im dämmerigen Keller schwarze Katzen fotografieren wollen, muss
ein anderer Film her: Mit einer Nennempfindlichkeit von ISO 3200/36° ist hier der Kodak Tmax 3200 erste Wahl. Im Vergleich zu den Technical Pan-Negativen wirken die Tmax-Negative zwar wie Kornfelder. Wo Sie beim Technical Pan aber eine volle Sekunde belichten müssen, kommen Sie beim »gepushten« Tmax 3200 auf eine handliche 1/250. Und das eröffnet Ihnen Möglichkeiten, die Ihnen mit einem Schärfespezialisten in der Kamera verschlossen bleiben. Reicht das Licht trotzdem noch nicht für eine handliche Verschlusszeit, können Sie den Film unterbelichten und diese Unterbelichtung durch längeres Entwickeln ausgleichen – Sie pushen den Film, wie das im Fotografendeutsch heißt. Stellen Sie dazu einfach die Filmempfindlichkeit an der Kamera entsprechend höher ein: ISO 6400/39° entspricht einer Unterbelichtung um eine Blende, ISO 12500/42° einer Unterbelichtung um zwei Blenden. Pro Blende Unterbelichtung wird die Entwicklungszeit um 50 % verlängert, pushen Sie aber nie mehr als zwei Blenden. Neben der Empfindlichkeit erhöht sich beim Pushen auch der Kontrast; feine Graustufen
werden schlechter differenziert und das Korn wird grober. Manche Fotografen machen sich diesen Effekt zu nutze: Grobkörnige Bilder wirken authentisch und verleihen dem Bild einen gewissen Charakter. Gerade beim Fotografieren von Reportagen werden diese Eigenschaften gerne betont.
PFLEGELEICHTE ENTWICKLUNG
Wer auf pflegeleichte und finanzierbare Filmentwicklung Wert legt, findet den idealen Partner im Ilford XP-2 Super. Dieser Film arbeitet nach der Technologie von Farbnegativfilmen und kann wie diese im Standardprozess C-41 entwickelt werden. Der XP-2 Super hat eine Nennempfindlichkeit von ISO 400/27° und glänzt durch einen üppigen Belichtungsspielraum; ISO 50/18° bis ISO 800/30° gibt Ilford an. Bei Überbelichtung nimmt die Schärfe aber deutlich ab, so dass Sie die Filmempfindlichkeit nicht unter ISO 200/24° einstellen sollten. Dafür können Sie den XP-2 Super zur Not durchaus einmal wie ISO 1600/33° belichten, auch wenn’s der Hersteller nicht empfiehlt. Farbabzüge vom XP-2 Super, die Sie so ziemlich überall bekommen, sehen passabel aus und sind billig. Das Schwarz in diesen Bildern ist selten neutral, meist kippt es in Richtung Blau. Den Film sollten Sie in diesem Fall mit ISO 400/27° belichten. Bessere Ergebnisse erhalten Sie natürlich, wenn Sie die Negative selbst auf Schwarzweiß-Material vergrößern. So wird der Bildton neutral und Sie können den Ausschnitt selbst bestimmen.