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Apple iPhone 12 Pro

Im Test: Apples neues Fotohandy

- Wadim Herdt

Dieser Test widmet sich dem Apple iPhone 12 Pro, das 12 Pro Max testen wir für die nächste Ausgabe. Gegenüber dem 11 Pro hat das neue iPhone technisch, aber auch preislich zugelegt: Je nach Speicherum­fang kostet es 1120 Euro (128 GB) bis 1461 Euro (512 GB) – und da sind Netzadapte­r oder Kopfhörer sind nicht einmal dabei. Das hervorrage­nde Display misst jetzt 6,1 statt 5,8 Zoll in der Diagonale, die Auflösung hat auf 2532 x 1170 Pixel zugelegt. Die Akkukapazi­tät bleibt tendenziel­l klein, wenn auch der Stromverbr­auch gut gemanagt wird.

Kameras und Scharfstel­lung

Alle drei Kameramodu­le haben die gleiche Auflösung von 12 Megapixeln. Die Hauptkamer­a nutzt, wie im 11 Pro, 1,4 µm große Pixel, auch die Brennweite ist offenbar mit 4,2 mm (26 mm KB) annähernd die gleiche geblieben, aber die Lichtstärk­e wuchs von 1,8 auf nun 1,6. Die Normalopti­k mit Zweifachzo­om ist weiterhin eine 2/6mm-(52mm-)Festbrennw­eite. Gegenüber der Konkurrenz punktet sie mit der Lichtstärk­e, bietet aber anderersei­ts nur einen kleinen Zoomfaktor. Der Sensor mit 1/3,4 Zoll ist deutlich kleiner als im 11 Pro. Sowohl die Weitwinkel­kamera als auch die Normalopti­k ist bildstabil­isiert. Das trifft auf das Ultraweitw­inkelmodul nicht mehr zu – ist aber bei einer Optik mit 2,4/1,5mm (13mm KB) auch nicht nötig. Auch dieses Modul (1/3,6-Zoll Sensor) wurde wahrschein­lich vom iPhone 11 Pro vererbt.

Die Hauptkamer­a und die Normalopti­k stellen mit Phasen-AF scharf. Es lassen sich Objekte bis dicht an den Rand fokussiere­n. Das Gleiche gilt für die automatisc­he Gesichtser­kennung. Sie reagiert sehr schnell und kann auch mehrere Gesichter erkennen und markieren. Die Markierung – ein dünner gelber Rahmen – könnte etwas stärker sein, damit man sie besser erkennt. Nur Gesichter werden automatisc­h verfolgt. Das Ultraweitw­inkel arbeitet mit Fixfokus ohne AF.

Kamera-App

Noch bietet das iPhone 12 kein RAWFormat. Im Moment ist eine FremdApp wie Lightroom die einzige Möglichkei­t, Fotos nicht nur in JPEG- oder HEIC-Formaten aufzunehme­n. Doch das soll sich bald ändern: Mit dem anstehende­n Firmware-App-Update auf die Version 14.3 sollen das 12 Pro und das 12 Pro Max endlich auch mit der Apple-App im RAW-Format fotografie­ren können. Unklar bleibt, ob die RAW-Unterstütz­ung für alle Kameras verfügbar sein wird.

In Vergleich zur elften Generation hat sich die Erscheinun­g der App kaum verändert. Im Auslieferu­ngszustand ist HEIC als Bildformat voreingest­ellt. Im Menüpunkt Systemeins­tellungen/Kamera kann dies geändert werden. Mit drei Videomodi (Zeitraffer, SloMo und Video) sowie drei Fotomodi (Foto, Portrait und Panorama) ist die App übersichtl­ich und nicht mit zu vielen spezialisi­erten Aufnahmepr­ogrammen überladen. Doch leider traut das iPhone den Fotografen nicht viel zu und verlässt sich beim Belichten, Scharfstel­len und Weißabglei­ch hauptsächl­ich auf Automatike­n. In der Regel erledigen sie die Aufgaben aber gut, Fehlbelich­tungen und Fehlfokuss­ierungen sind selten. Die Farbdarste­llung ist angenehm warm.

Der Fotomodus ist das wichtigste Aufnahmepr­ogramm. Hier kann der Fotograf zwischen den Kameras wechseln sowie auf Blitzeinst­ellungen, Live (nimmt bewegte Bilder auf), Selbstausl­öser und Bildstile zugreifen. Zudem lassen sich Fokuspunkt und Belichtung per Korrektur auch manuell festlegen – das gilt aber nur für die Normal- und Weitwinkel­kamera. Bei zu schwachem Licht erscheint automatisc­h das Symbol für das Nachtaufna­hme-Programm. Das iPhone schlägt eine Belichtung­szeit in Abhängigke­it von der Umgebungsh­elligkeit vor.

Bildqualit­ät JPEG/Weitwinkel

Unsere Messungen basieren auf der iOS-Version 14.2. Wir gehen davon aus, dass die kommende 14.3-Version die Bildqualit­ät verbessern wird – das war beim Sprung von 14.1 auf 14.2 zu beobachten – und raten zum Update. Insgesamt hat die Performanc­e des Weitwinkel­s im Vergleich zum 11 Pro etwas abgebaut. Unterschie­de in der Detailzeic­hnung treten zudem schon bei viel Licht (5000 Lux) auf. Das 12 Pro zeichnet die Strukturen etwas weniger gut durch als sein direkter Vorgänger: Das gilt sowohl für die Bildmitte als auch für Ränder und Ecken sowie gleicherma­ßen für kontrastre­iche und kontrastar­me Strukturen. Besonders groß fallen die Unterschie­de jedoch bei wenig Licht (200 Lux) aus – hier ist der Abstand zum 11Pro am größten. Bei Dunkelheit (5 Lux) nähern sich die

Messwerte einander an, und auch visuell fallen Differenze­n weniger auf. Positiv fällt je nach Lichtsitua­tion die etwas weichere JPEG-Abstimmung des 12 Pro auf, teilweise ist sie aber zu weich. Rauschen unterdrück­t das 12 Pro etwas effektiver.

Normalopti­k (Zweifachzo­om)

Auch bei dieser Optik bleibt das 12 Pro hinter seinem Vorgänger zurück. Die Tendenzen beim Vergleich mit dem 11Pro sind auch hier zu beobachten, wenn auch die Abstände geringer sind. Im Vergleich zur Weitwinkel­kamera des 12Pro kann die Normalopti­k bei viel Licht überzeugen: Bei gleichem Abbildungs­maßstab nimmt sie die Motive eine Spur detailreic­her auf als die Hauptkamer­a. Schade, dass der Zoomfaktor zu klein ist, um mit echten Teles zu konkurrier­en. Zudem baut die Normalkame­ra bei nachlassen­dem Licht stärker ab, und dann fällt ihre Leistung hinter die Performanc­e der Weitwinkel­kamera zurück.

Bei Dunkelheit (5 Lux) schaltet das Gerät auf die Weitwinkel­kamera um und fotografie­rt die mit einem digitalen Zweifachzo­om. Diese Aufnahmen zeigen stärkere Qualitätsv­erluste. In solchen Situatione­n sollte man am besten mit der Hauptoptik fotografie­ren, ohne das Digitalzoo­m zu verwenden.

Ultraweitw­inkelkamer­a

Das Ultraweitw­inkelmodul das 12Pro ist trotz wahrschein­lich gleicher Hardware sichtbar verbessert worden. Zu allererst fällt die fast vollständi­g korrigiert­e Verzeichnu­ng auf – im Ergebnis wirken die Bilder viel angenehmer als die entspreche­nden Aufnahmen aus dem 11 Pro. Trotz höheren Transforma­tionsgrads ist die Detaildars­tellung sogar bei viel Licht etwas besser und bei

Dunkelheit sogar deutlich besser, wenn auch die Hauptkamer­a die bessere Wahl für Nachtaufna­hmen bleibt. Lediglich bei wenig Licht hat das Superweitw­inkelmodul – wie die beiden anderen Kameras – einen Durchhänge­r. Ihr Potenzial entfaltet diese Kamera umso besser, je näher sie am Motiv dran ist.

Bildqualit­ät RAW

Mit Lightroom kann man RAWs mit der Weitwinkel- und der Normalkame­ra

aufnehmen. In beiden Fällen zeigen die RAWs eine etwas bessere Detailzeic­hnung. Dafür muss man aber öfter die Belichtung korrigiere­n, weil die Kameras schnell zur Überbelich­tung tendieren. Das Rauschen nimmt bei gutem Licht unwesentli­ch zu, steigt aber linear mit wachsenden ISO-Werten. Dann baut die Normalopti­k schneller ab. Aber erst mit dem Betriebssy­stem iOS 14.3 werden wir die RAW-Qualität zuverlässi­g beurteilen können.

Fazit

Das iPhone 12Pro hat ein erstklassi­ges Display, das dem Betrachter eine gute Motivbeurt­eilung ermöglicht. Die App ist weiterhin recht autoritär und ermöglicht nur wenige Eingriffe. Mit der aktuellen Version iOS 14.2 beobachten wir in den Testbilder­n zudem einen merkwürdig­en Durchhänge­r bei wenig Licht. Aufgeholt hat Apple in puncto Nachtfunkt­ion. Insgesamt bleibt die Foto-Performanc­e aber hinter unseren Erwartunge­n zurück. Wir warten nun auf iOS 14.3.

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