Google Pixel 5
Superweitwinkel auf dem Prüfstand
Google setzt bei seinen Pixel-Geräten auf Unterstatement. Optisch sind sie weniger elegant und auffällig gestaltet. Das gilt auch für das Pixel 5. Matte und weniger rutschige Flächen, abgerundete und gleichfarbige Kanten – alles recht praktisch, aber nicht unbedingt schön. Das rund 600 Euro teure Pixel 5 hat ein 6 Zoll großes OLED mit 2340 x 1080 Pixeln Auflösung, 128 GB internem Speicher, und endlich stattet Google ein Phone mit einem 4080-mAh-Akku aus.
Kameraausstattung
Die Hautkamera hat wieder eine Weitwinkeloptik mit 1,7/4,4mm (27mm KB) und einem 1/2,55-Zoll-Sensor mit 12 Megapixeln. Dieses Modul wurde auch im Vorgängermodell verwendet. Die Optik verfügt über Bildstabilisierung und stellt mit Dual-Pixel-Phasen-AF scharf. Beim Zoomen über den Faktor 1 hinaus wird also ausschließlich digital gearbeitet und der Sensorausschnitt wieder auf 12 Megapixel hochgerechnet – sofern man JPEG verwendet. Je höher die Zoomstufe, desto geringer ist die Bildqualität. RAWs sind dagegen nicht hochgerechnet, und ihre Auflösung nimmt mit größerem Zoomfaktor ab.
Einen größeren Bildwinkel als die Hauptkamera bietet das Superweitwinkelmodul. Es hat ein Objektiv mit 2,2 mm (16mm KB) Brennweite und einer Lichtstärke von 2,2. Der Sensor löst mit 16 Megapixeln auf. Doch diese Auflösung erhält man nur im RAW-Format und bei einem Zoomfaktor von mindestens 0,6. Wenn man bis zum Faktor 0,9 zoomt, verringert sich die Auflösung der RAW-Bilder. JPEGs werden immer mit 12 Megapixeln gespeichert. Google könnte hier den gleichen Kamerasensor verwenden wie in den Telemodulen der in den Pixel-Modellen 4/4 XL. Autofokus und Gesichtserkennung bietet nur die Weitwinkelkamera. Gesichter werden automatisch verfolgt, ebenso leblose Objekte, wenn sie zuvor gezielt anvisiert wurden.
Kamera-App
Die App wirkt aufgeräumt und übersichtlich. Viele Aufnahmeprogramme bietet sie nicht – aber die wichtigsten wie Kamera, Portrait, Nachtsicht, Video, Panorama und als Besonderheit auch 360-Grad-Panorama. „Kamera“steht für das, was die anderen „Foto“nennen. Die meisten Einstellungen werden von der App getroffen. Als Fotograf kann man im Wesentlichen den Fokuspunkt bestimmen, die Belichtungskorrektur getrennt nach Lichtern und Schatten vornehmen, Blitz sowie Timer ein- und ausschalten und natürlich zoomen.
Der Nachtmodus ist als eigenständiges Programm für beide Kameras verfügbar. Die Anzahl der Belichtungen wird automatisch ermittelt. Zusätzlich schaltet sich das Nachtprogramm als „Vorschlag“ein, wenn im Kameraprogramm fotografiert wird. Das passiert erst, wenn das Licht sehr stark abnimmt und kann immer ignoriert werden. Das Nachtprogramm speichert die Bilder im RAW- und im JPEG-Format. Bei zu kurzem Abstand – bezogen auf die Weitwinkelkamera – blendet die App eine Warnung ein, ebenso bei verschmutzter Linse.
Bildqualität JPEG/Weitwinkel
Gleiche Kamera – gleiche Bildqualität? Fast. Mit der neuen Software schafft es das Pixel 5, den Motiven noch etwas mehr Details zu entlocken und brilliert wieder bei Aufnah
men unter lichtarmen Bedingungen. Schon bei Situationen mit viel Licht (5000 Lux) steigert das Pixel 5 die Auf lösung. Allerdings sind seine JPEGs sehr aggressiv abgestimmt, mit viel Schärfe und harten Kanten. Dadurch messen wir einige Linienpaare mehr, aber den Aufnahmen tut diese Härte nicht gut. Sehr überzeugend zeigt sich das Pixel bei nachlassendem Licht. Google hat die Verrechnung von meh reren Bildern zu einer Aufnahme sehr gut im Griff und liefert selbst in Auf nahmesituationen mit ungenügenden Lichtmengen sehr gute Bildergebnisse. Klar baut auch das Pixel ab, wenn die ISOEmpfindlichkeit steigt, doch dies geschieht in einem gegenüber den meisten Konkurrenten geringeren Maße. Sogar bei Dunkelheit (5 Lux) sind seine Aufnahmen vergleichsweise detailreich, und vor allem zeigen sie viel weniger Artefakte und Rauschen.
Normalkamera (digitales Zweifachzoom)
Da das Pixel 5 nur über eine Weitwin kel und eine Ultraweitwinkelkamera verfügt, messen wir diese Einstellung mit der Ersteren und dem digitalen Zweifachzoom. Erwartungsgemäß sinkt die Abbildungsleistung. Die Aufnah men wirken wie weichgezeichnet. Rau schen und Artefakte bleiben weitge hend gleich, doch die Auflösung sinkt deutlich. Unterm Strich ist das Digital zoom beim Pixel keine empfehlens werte Alternative zum fehlenden Tele.
Ultraweitwinkelmodul
Das 2,2/2,2mmUltraweitwinkelmodul ist in GoogleSmartphones ein Novum.
Bei gutem Licht kann die Kamera noch nicht richtig überzeugen. Die Fein zeichnung ist dafür zu gering. Die Bil der zeigen nur leichtes Rauschen, und auch Artefakte sind kaum der Rede wert. Aber die fehlende Auflösung wiegt zu schwer. Den Vergleich mit dem iPhone 12 Pro verliert das Pixel 5 bei viel Licht, doch kann es bei nach lassendem Licht wieder seine Stärken zeigen.
Ob 200 oder 5 Lux, die Aufnahmen se hen fast gleich aus und bauen nur we nig ab. Das ist an sich bemerkenswert, doch da das Ausgangsniveau nicht hoch ist, bleibt diese Kamera in der Praxis nur eingeschränkt anwendbar.
Bildqualität RAW
Das Pixel 5 kann mit jeder Kamera RAWs aufnehmen. Bei viel Licht lohnt
sich der Aufwand vor allem bei der Weitwinkelkamera: Die RAWs sind detailreicher und leiden nicht unter zu harten Signalabstimmung, was ihre Wirkung nur verbessert. Mit steigender Empfindlichkeit sinkt die Auflösung, und den Bildern fehlt es an Schärfe. Dafür bleiben sie weitgehend frei von Rauschen und Artefakten, die eben zum großen Teil auf Entrauschungsfilter zurückzuführen sind. Das bekommt im Moment kein anderes Gerät in dieser Güte hin. Die Pixel-DNGs sind deutlich weniger bearbeitet als die JPEGs, zugleich aber von unbearbeiteten Rohdaten weit entfernt und basieren ebenfalls auf zusammengerechneten Serien – was angesichts der Minisensoren eine gute Lösung ist.
Fazit
Verglichen mit der Konkurrenz ist die Fotoausstattung mager – nur zwei Kameras und die App, relativ einfach gehalten. Doch die Hauptkamera kann selbst unter schlechten Lichtbedingungen erstaunlich gute Bilder liefern. Im Vergleich enttäuscht das Superweitwinkel. Überzeugend sind dagegen die DNGs. Das Pixel 5 bleibt also ein Smartphone für Puristen, denen eine gute Kamera ausreicht. Wadim Herdt