Fujifilm X-S10
Fujifilm X-S10: Mit einer neuen Produktlinie bringt Fujifilm frischen Wind in die X-Serie. Die X-S10 ist eine moderne, kompakte Systemkamera mit integriertem Bildstabilisator, vergrößertem Handgriff und verändertem Bedienkonzept. Zur Bildaufzeichnung verw
B lickt man von oben auf eine Fujifilm-Kamera der X-Serie, sieht man eng beschriftete Einstellräder, etwa für Verschlusszeiten, ISO-Wert oder Belichtungskorrektur. Dies vermittelt den Eindruck einer Digitalkamera mit quasi analoger Bedienung. Bei der X-S10 ist nur ein einziges beschriftet: das Modusrad für Belichtungsprogramme, das man von vielen anderen Kameras kennt. Weitere Einstellräder sind unbeschriftet, da ihre Funktion mit dem Betriebsstatus variiert. Markenumsteiger stoßen damit auf gewohnte Muster, bei Fujifilm kennt man das bisher nur von Einsteigermodellen wie X-T200 und X-A7. Nach der X-H1 und X-T4 ist die X-S10 die dritte Fujifilm mit beweglich gelagertem Bildsensor; die Stabilisierungseinheit (IBIS) gleicht Verwackelungen auf bis zu fünf Achsen aus. Aber weil die X-S10 wesentlich kompakter ist, musste ein neues IBIS-System her, das laut Hersteller um 30 Prozent kleiner und leichter ausfällt als bei der X-T4. Preislich ist die X-S10 in der Mittelklasse des X-Systems angesiedelt. Sie kostet ca. 980 Euro und damit 150 Euro mehr als die X-T30, die keinen Bildstabilisator besitzt.
Gehäuse & Ausstattung
Das Magnesiumgehäuse der X-S10 wirkt robust und ist tadellos verarbeitet, aber nicht gegen Spritzwasser abgedichtet wie bei der X-T4. Im Gegensatz zu dieser hat die X-S10 ein integriertes Ausklappblitzgerät; das kennt man auch von der X-T30 und X-T200. Mit ihrem markanten Handgriff ähnelt die X-S10 der X-H1, auch wenn die Neue viel kleiner und gut 200g leichter ist. Bei den im Retrostil gehaltenen X-TModellen zeigt sich der Handgriff eher als flacher Hügel. Mit dem ausladenden Handgriff der X-S10 rückt der Auslöser in eine für den Zeigefinger komfortablere Position. Mittel- und Ringfinger finden Platz am Handgriff, der kleine Finger nur bedingt.
Zur Stromversorgung verwendet die X-S10 den Lithium-Ionen-Akku NPW126S (1260 mAh), der in den meisten Kameras der X-Serie zum Einsatz kommt, und nicht das stärkere Exemplar NP-W235 (2200 mAh) der X-T4. Ob damit die vom Hersteller angegebenen 325 Bilder pro Akkuladung erreicht werden, hängt vom eingestellten Leistungsmodus (normal/verstärkt) und davon ab, wie oft und wie lange man den Sucher zur Bildkontrolle nach dem Auslösen verwendet. Unter einem verriegelbaren Klappdeckel an der Unterseite findet sich neben dem Akkufach ein Steckplatz für UHS-I-kompatible SD-Karten.
Geladen wird der Akku in der Kamera über die USB-C-Schnittstelle, ein USBLadegerät ist nicht im Lieferumfang.
Wer mehrere Akkus hat und außerhalb der Kamera laden will, muss für rund 60 Euro das Ladegerät BC-W126S dazukaufen. Außer USB gibt es einen HDMI-Anschluss und eine Miniklinkenbuchse für ein Stereomikrofon. Ein Kopfhöreranschluss fehlt, doch ein beiliegender USB-C-/KlinkenbuchsenAdapter schließt diese Lücke.
Für die drahtlose Kommunikation mit Smartphone oder Tablet stellt die Kamera WLAN und Bluetooth 4.2 bereit. In Verbindung mit der App „Fujifilm Camera Remote“gelingt auch das Fernsteuern der Kamera mit Live-Bild am Smartphone. Das Setzen von AFPunkten im Live-Bild ist möglich, für die meisten Aufnahmefunktionen gibt es in der App Einstellmöglichkeiten. Nur das an der Kamera vorgewählte Belichtungsprogramm kann nicht verändert werden.
Sucher & Monitor
Der OLED-Sucher der X-S10 entspricht mit seinen Eckdaten dem der X-T30 und X-T200. Die Auflösung beträgt 786666 RGB-Pixel, die effektive Vergrößerung 0,62-fach. Im leistungssteigernden Boost-Modus kann man wählen, ob die Priorität der Darstellung auf Restlichtverwertung, Auflösung oder Bildrate liegen soll. Der Sucher liefert ordentliche Bildqualität ohne Ruckeln bei Schwenks oder Flimmern an
Motivstrukturen. Ein „Sportsucher“Modus erleichtert das Verfolgen bewegter Objekte. Dazu wird im Sucher und am Monitor ein Rahmen eingeblendet, der einer Sensorfläche mit 16,6 Megapixeln entspricht.
Der 3-Zoll-Monitor hat eine Auflösung von 346 666 RGB-Pixeln und ist touchfähig. Über ein seitlich angebrachtes Scharnier lässt er sich aus dem Gehäuse klappen und drehen. Das ermöglicht nicht nur Selfies unter Sichtkontrolle, sondern auch einen praktischen Transportmodus: Beim Einklappen des Monitors kann man dessen Rückseite nach außen drehen, um das Deckglas vor Kratzern zu schützen.
Autofokus & Aufnahme
Das AF-System der X-S10 repräsentiert den aktuellen Stand der Technik bei Fujifilm: Es gibt 425 Messfelder, die alle die Phasen- und Kontrastmessung beherrschen. Neben Messfeldautomatik und Einzelpunkt-AF mit sechs Feldgrößen ist die Zonenmessung mit 9, 25 oder 49 Feldern möglich. Auch kann man die Anzahl der Messpunkte auf 117 reduzieren, wenn man bei der AF-FeldWahl schneller von A nach B kommen will. Schaltet man auf Zonen-AF, wird automatisch das 117-Punkte-Raster aktiviert. Im Modus „All“hat man allein mit dem Einstellrad, ohne weiteres Umschalten, Zugriff auf sämtliche AFMethoden bzw. Messfeldgrößen. Die Auslöseverzögerung inklusive AF-Zeit beträgt 0,3/0,4 s bei 300/30 Lux.
Die Gesichts-/Augenerkennung macht das Fokussieren bei Personenaufnahmen sicherer. Sie reagiert schnell, drängt sich aber gelegentlich in den Vordergrund. Dann erkennt sie auch
Motivdetails, die wenig Menschliches an sich haben, als Gesicht. Eine Tiererkennung gehört nicht zum Beuteschema des AF-Systems. Für den kontinuierlichen Autofokus (AF-C) stehen fünf Presets zur Wahl, ein sechstes Set kann der Anwender in drei Parametern selbst justieren.
Der mechanische Verschluss ermöglicht Belichtungszeiten von 1/4000 bis 30 s in Zeitautomatik (Blendenvorwahl); das Verschlussgeräusch ist dezent und weich. Im manuellen Modus und bei Blendenautomatik (Zeitvorwahl) sind Langzeitbelichtungen bis 900 s (15 min) möglich. Die elektronische Verschlussvariante erweitert den Kurzzeitenbereich bis 1/32 000 s. Wählt man die Voreinstellung M+E, so verwendet die Kamera den mechanischen Verschluss bis 1/4000s und schaltet auf elektronisch um, wenn kürzere Zeiten gebraucht werden.
Am rastenden Modusrad lassen sich die üblichen Belichtungsprogramme (Auto, P, S, A, M), Motiv- und Filterprogramme sowie vier Individualspeicher (C1-4) vorwählen. Auf das reichhaltige Angebot an Serienbildfunktionen hat man über eine separate Taste Zugriff. Neben HDR-Reihen, Mehrfachbelichtungen und Bildpanoramen ermöglicht die Kamera zahlreiche BracketingFunktionen, die sich auf Belichtung, ISO, Weißabgleich, Filmsimulation,
Dynamik und Fokus beziehen. Die maximale Serienbildgeschwindigkeit beträgt laut Testlabor 8B/s mit dem mechanischen und 20 B/s mit dem elektronischen Verschluss (laut Her steller 30 B/s mit Cropfaktor 1,25). Bis zu 190 JPEGs in Serie sind möglich, aber nur 19 RAWs.
Schaltet man auf Video um, so passt sich das Hauptmenü der Kamera the matisch an. Ein Video kann aber auch aus dem Fotomodus heraus aufge nommen werden, wenn man die rote Videostarttaste drückt. Als maximale Videoauflösung bietet die Fujifilm DCI4K mit 4096 x 2160 Pixeln, jeweils mit bis zu 30 B/s und Datenraten bis zu 200 Mbps. In FullHD sind auch 60 B/s möglich. Per HighspeedAufnahme mit 240 B/s in FullHDAuflösung lassen sich Zeitlupen bis 8fach realisieren. Beim Filmen kann man die mecha nische Bildstabilisierung (IBIS/OIS) mit einer elektronischen (DIS) kombi nieren.
Bedienkonzept
Typisch für die meisten FujifilmModel le waren bisher Einstellräder mit festen Funktionen, zuständig für Verschluss zeiten, ISOWert oder Belichtungskor rektur. Bei der XS10 haben die drei vorhandenen Einstellräder dagegen je nach Betriebsstatus unterschiedliche Aufgaben. Beispiel: Das hintere Ein stellrad, in Reichweite des Daumens, dient in den automatischen Belichtungs programmen zur EVKorrektur, im ma nuellen Modus der Wahl der Belich tungszeit. Zudem verwendet man es zum Einstellen der AFFeld bzw. AF Zonengröße. Im Hauptmenü dient das hintere Einstellrad zum Scrollen, mit dem vorderen springt man von einer Menüseite zur nächsten. Dem Einstell rad links vom Sucherhöcker lassen sich beliebige Funktionen zuordnen. Wer z.B. häufig den Blitz einsetzt, kann das Rad zum Einstellen der Blitzkorrektur verwenden. Die mechanische Qualität der Einstellräder überzeugt.
Es gibt eine dedizierte Funktionstaste rechts vom Suchereinblick, andere Tas ten wie ISO, AEL, AFon oder dieVideo starttaste lassen sich umfunktionieren. Durch vertikale und horizontale Wisch bewegungen am Monitor lassen sich weitere Funktionstasten simulieren. Sehr wandlungsfähig ist das Schnelleinstell menü, erreichbar über die QTaste. Sie können nicht nur Anordnung und Aus wahl der Funktionsfelder Ihren Wün schen anpassen, sondern auch deren Anzahl (4, 8, 12, 16) – je nachdem, ob Sie mehr Zugriffsmöglichkeiten oder eine übersichtlichere Darstellung be vorzugen. Das QMenü wird wie bei der XT4 halbtransparent angezeigt, sodass man die Auswirkung einer Ein stellung direkt im LiveBild sehen kann. Zum Verschieben von AFFeldern/Zo nen dient ein Joystick, der auch beim Navigieren in den Menüs nützlich ist. Ein zusätzlicher 4WegeSchalter fehlt, deshalb bleibt auf der Rückseite viel freier Raum. Die Menü/OK und die
Disp/Back-Taste unterhalb des Joysticks liegen eng nebeneinander und schließen bündig mit der Gehäuseoberfläche ab. Das hat den Vorteil, dass man sie nicht versehentlich drückt, wenn man mit dem Joystick hantiert. Der Nachteil: Man muss immer genau hinschauen, um die richtige Taste zu finden. Der Touchscreen erlaubt das Setzen von AF-Punkten mit der Fingerspitze, mit und ohne Auslösen. Im Wiedergabemodus ist das Blättern im Bilderbestand oder das Hineinzoomen ins Bild durch Ziehen mit zwei Fingern möglich. Im Schnellmenü profitiert man ebenfalls von der Touch-Bedienung, während man im Hauptmenü nur mit Richtungstasten und Rädern navigiert. Das Hauptmenü ist zum Teil ziemlich verschachtelt, was die Suche nach selten gebrauchten Einstellungen erschwert. Abgesehen davon gefällt das Bedienkonzept der X-S10: Die Kamera lässt sich nach kurzer Einarbeitung flüssig und ohne lästige Umwege bedienen.
Bildqualität
Die X-S10 verwendet den gleichen Bildsensor wie X-T3, X-T4 und X-T30, einen X-Trans CMOS 4 mit 26,1 Megapixeln. Damit erreicht sie eine hohe Auflösung über 2100 LP/BH bei ISO 160/400, die bis ISO 6400 nur um rund 180 LP/BH abfällt. Ganz ähnliche Ergebnisse erzielten die X-T4 und die X-T30. Die Dead-Leaves-Werte fallen teilweise etwas niedriger aus als bei den Schwestermodellen, was aus praktischer Sicht aber vernachlässigbar ist. Auffallend ist der relativ starke Abfall der DL-Werte um rund 300 LP/BH von ISO 1600 (1011/837 LP/BH) auf ISO 3200 (708/533 LP/BH), was Texturverluste mit sich bringt – auch dies eine Parallele zur X-T4 und X-T30. Überraschend deutlich hebt sich die X-S10 beim Bildrauschen von den Schwestermodellen ab: Zwischen ISO 800 und 6400 steigt derVN-Wert nur von 1,0 auf 1,4, während die X-T4/X-T30 bereits bei ISO 800 auf VN 1,5 kommen und bei ISO 6400 die VN-2-Marke überschreiten. Ohne Hochziehen des Rauschfilters ist so etwas kaum zu machen, was wiederum auf Kosten der Textur geht. Mit dem Wechsel zum RAW-Format und entsprechenden Einstellungen im RAW-Konverter können Sie den Spieß aber umdrehen: weniger Rauschfilterung, mehr Textur.