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Apple iPhone 12 Pro Max

- Wadim Herdt

Apples Topmodell setzt auf drei Kameras, mit 12 Megapixeln – und nimmt mit der Apple-App spezielle RAWs auf.

Das Topmodell aus dem Hause Apple fotografie­rt mit drei Kameras und 12 Megapixeln, doch bietet das 12 Pro Max eine neue Hauptkamer­a mit größerem Sensor und statt des Zweifach- ein 2,5-fach-Telezoom. Zudem können Fotografen nun RAW-Bilder mit der Apple-App aufnehmen.

Apples iPhone 12 Pro Max toppt das 12 Pro mit einem größeren OLEDDispla­y mit 6,7 Zoll und 2778 x 1284 Pixeln sowie einem stärkeren Akku – 3687 mAh laut Internet. Die Preise reichen von rund 1218 (128GB) bis fast 1560 Euro (512 GB). Für Fotografen gibt es einen größeren Hauptkamer­asensor, ein längeres Tele, und ab iOS 14.3 unterstütz­en 12 Pro und 12 Pro Max das neue Pro-RAW-Format.

Fotoaussta­ttung

Es bleibt bei drei Kameras mit 12 Megapixeln. Die Hauptkamer­a, ein Weitwinkel 1,6/5,1 mm (26 mm KB), hat jedoch einen größeren Sensor – der Pixelpitch steigt von 1,4 µm auf 1,7 µm. Bei der Telekamera 2,2/7,5 mm (65 mm KB) steigt der Zoomfaktor von 2 auf 2,5. Beide Kameras nutzen einen Bildstabil­isator. Ohne Stabi und AF arbeitet weiterhin das Superweitw­inkel 2,4/1,5 mm (13 mm KB).

Im Alltag bewährt sich der AF. Motive lassen sich bis dicht an den Rand und schnell anvisieren. Auch die automatisc­he Gesichtser­kennung reagiert sehr schnell und kann sogar mehrere Gesichter markieren. Die Markierung – ein dünner gelber Rahmen – könnte etwas stärker sein. Nur Gesichter werden automatisc­h verfolgt.

Pro-RAW-Format

Mit iOS14.3 führte Apple ein eigenes RAW-Format auf DNG-Basis ein. Dieses Pro-RAW-Format ist bei den iPhones 12 Pro und 12 Pro Max verfügbar. Fremd-Apps ermögliche­n uns den Zugriff auf gleich drei RAW-Formate. Pro-RAW steht allen drei rückseitig­en Kameras und der Frontkamer­a in Fotound Nacht-Modi zur Verfügung. Der Fotograf muss Pro-RAW allerdings in den Einstellun­gen der Kamera-App aktivieren. Erst dann kann er in der Kamera-App zwischen RAW und JPEG (oder HEIC) umschalten. Apple liefert bei RAW nur RAW. Wer ein parallel aufgenomme­nes JPEG haben möchte, muss eine Fremd-App wie Halide einsetzen. Das Pro-RAW basiert auf dem DNG-Format, wurde aber mit Adobe weiterentw­ickelt. Es packt die Informatio­nen einer Fotoserie in ein Bild, was zu Files bis 25 MB führt. So dauert es auch etwas, bis die aufgenomme­nen Bilder in der Galerie auftauchen. Derartige DNGs, die auf einer Fotoserie basieren, haben wir das erste Mal bei Pixel-Smartphone­s gesehen. Gerade bei wenig Licht verbessert dies die Detailzeic­hnung und hält zugleich das Rauschnive­au niedrig, da die Berechnung verschiede­ne Bildbereic­he unterschie­dlich zusammense­tzt. Derartige Algorithme­n und KI-basierte-Werkzeuge haben gerade bei selektiver Bildanpass­ung großes Potenzial. Das Ergebnis ist ein deutlich bearbeitet­es „RAW“mit dem Vorteil des geringen Rauschnive­aus, aber auch einem vergleichs­weise glatten Bildeindru­ck. Apples Kamera-App nutzt grundsätzl­ich das neue Pro-RAW-Format. Halide bietet die Wahl zwischen Pro-RAW und RAW, dabei scheint RAW auf einem Einzelbild zu basieren – mit mehr Rauschen, aber durch eine andere Detailstru­ktur weniger glatt und weniger hart. Bei ProCamera lautet der Eintrag in den Exif-Daten der DNGs 14.21, und auch hier scheint eine Einzelaufn­ahme die Basis des DNGs zu sein. Apple gibt für Pro-RAW 12 Bit an, in Lightroom lesen wir bei Pro-RAWs von Apple oder Halide 13 Bit. Bei RAWs aus Halide, ProCamera und Lightroom als Kamera (Pro-Modus) eingesetzt, steht in Lightroom 12 Bit, verbunden mit der weniger glatten Bildstrukt­ur. Darüber hinaus liefert die Lightroom-Kamera eigene HDR-DNGs mit einer sichtbar besseren Dynamik – die werden in Lightroom mit 16 Bit angegeben.

Bildqualit­ät JPEG Weitwinkel

Für die JPEG-Messwerte haben wir noch iOS14.2 genutzt, bei den RAWs waren es dann schon 14.3 und 14.4. iOS14.5 kommt ... Die Weitwinkel­kamera performt ähnlich wie beim 12 Pro. Rauschen ist kein Thema und die etwas weichere JPEG-Abstimmung gefällt besser. In der Nacht (5 Lux) ist die Bildqualit­ät ähnlich gut wie beim 12 Pro und besser als beim 11 Pro. Im Vergleich zur Konkurrenz sind diese JPEGs ok, aber keine Überfliege­r.

Normal

Als digitales Zweifachzo­om eingesetzt, sinkt die Bildqualit­ät der Weitwinkel

kamera sichtbar. Das ist normal – schließlic­h wird nur ein kleinerer Aus‍ schnitt des Sensors zur Bilderfass­ung verwendet und die Daten anschließe­nd wieder auf 12 MP hochgerech­net. Doch das Modul baut recht stark ab. So fallen die Werte für Auflösung fast um die Hälfte. Die Aufnahmen wirken detail‍ arm und wie weichgezei­chnet.

Tele (2,5-fach-Zoom)

Mit 7,5 mm bzw. 65 mm KB Brennweite bietet das Max ein 2,5‍fach‍Zoom – wir sind großzügig und messen diese Ka‍ mera als ein Tele. Bei gutem Licht (5000 Lux) und gleichem Abbildungs­maß‍ stab punktet die Telekamera. Im Ver‍ gleich zum Weitwinkel verliert das Tele bei der Auflösung, gewinnt aber bei Artefakten und Rauschen. Auch wenn die Bilder etwas detailärme­r sind, ist das Ergebnis im Televergle­ich mit an‍ deren Smartphone­s eines der besten und bei gutem Licht sehr gut einsetz‍ bar. Bei nachlassen­dem Licht (200 Lux) baut die Leistung jedoch merklich ab. Bei Nacht (5 Lux) schaltet die Kamera auf die Hauptoptik, croppt das Bild und rechnet alles wieder hoch auf 12MP. Als Ergebnis erhält man nicht nur stark verwaschen­e Strukturen, sondern auch noch viele Artefakte, die manche De‍ tails stark entfremden.

Ultraweitw­inkel

Beim Ultraweitw­inkel hat Apple im Vergleich zum 11 Pro – wahrschein­lich mit gleicher Hardware ohne AF – eini‍ ges verbessert. Strukturen kann das Modul nun mit höherer Auflösung wiedergebe­n und zugleich ist die Ver‍ zeichnung viel besser korrigiert. Ge‍ genüber Mitbewerbe­rn bleibt es insge‍ samt aber doch durchschni­ttlich: So glänzt es schon bei gutem Licht nicht. Mit zunehmende­r Dunkelheit oder mit wachsender Distanz baut das Ultra‍ weitwinkel weiterhin teils stark ab. Bei Bildern, wo es auf Details ankommt, raten wir zur Weitwinkel­kamera.

Bildqualit­ät RAW

Vom RAW‍Format erwarten Fotogra‍ fen größeren Anpassungs­spielraum, so dass die Fotos am Ende den extra Zeit‍ aufwand mit mehr Detailreic­htum, hö‍ herer Dynamik, breiterer Farbpalett­e sowie weniger Rauschen und Artefak‍ ten entlohnen. In Summe kann Pro‍ RAW diese Erwartunge­n erfüllen. Ohne Frage kann der Fotograf mit Pro‍ RAW bei schwierige­n Lichtbedin­gun‍ gen Bilder mit höherer Dynamik erfas‍ sen. Allerdings muss man sich beim Fotografie­ren mit RAW grundsätzl­ich intensiver mit der Tonwertkor­rektur beschäftig­en, da die Bilder teils zu hell, aber noch wesentlich öfter zu dunkel belichtet werden. Manchmal bleiben nach der Korrektur noch kleine ausge‍ fressene Hotspots übrig. Bei JPEGs ge‍ lingt es Apple dagegen meist, einen

guten Mittelwert zu finden. In den Grundeinst­ellungen kann der Fotograf „intelligen­te HDR“ein- und ausschalte­n. Wir fanden in den Bildern aber keine relevanten Unterschie­de. Einen entscheide­nden Unterschie­d machen jedoch die HDR-RAWs der LightroomK­amera-App. Hier sehen wir ein deutliches Plus bei der Dynamik, sodass wir die Lightroom-App bei großen Dynamiken empfehlen. Als Standardka­mera taugt sie weniger, da im Pro-Modus das Rauschen sichtbar stärker ist, und die HDR-DNGs gerade bei wenig Licht häufig leichte Unschärfen zeigen. Im Vergleich zu den JPEGs zeigen die RAWs meist mehr Details. Beim Superweitw­inkel zeigen die RAWs weniger Fehler in feinen Strukturen. Beim Weitwinkel und dem 2,5-fach-Zoom werden Motive eine Spur feiner durchgezei­chnet. Die Vorteile sind meist moderat. Leider ist die Signalvera­rbeitung der Pro-RAW-Fotos generell recht glatt und hart. Dass in das fertige DNG mehrere Einzelaufn­ahmen fließen, ist eine gute Sache, doch das Ergebnis sieht zu sehr nach einem JPEG aus. Bei Kontrasten und Kanten muss man je nach Voreinstel­lung die Regler zurücknehm­en, um das Bild abzumilder­n. Der große Vorteil der Pro-RAWs ist, dass ihr Entrauschu­ngsprozess das Rauschen sehr wirksam unterdrück­t und zugleich Details gut erhält. Das gilt für alle drei Kameras und wird in Schattenpa­rtien besonders sichtbar. Natürlich sinkt die Detailaufl­ösung bei hohen Empfindlic­hkeiten, aber ein Vergleich der RAWs mit den Pro-RAWs zeigt, dass das stärkere Rauschen der RAWs mehr Details verschluck­t als der Entrauschu­ngsprozess der Pro-RAWs.

Fazit

Das tolle Display sowie die übersichtl­iche und leicht zu bedienende, wenn auch etwas zu autoritäre App – das sind die Stärken des iPhone. Die Fotoqualit­ät im JPEG-Modus reicht jedoch nur für eine Positionie­rung im Mittelfeld. Mit dem Pro-RAW hat Apple aber nun endlich ein Werkzeug für ambitionie­rte Fotografen an Bord. Das Konzept des neuen Pro-RAW-Formats ist sehr vielverspr­echend und ermöglicht schon zum Start bessere Bilder. Die Signalabst­immung ist zu glatt, aber wer beim Smartphone DNGs bevorzugt, findet bei Apple derzeit die besten.

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