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Sony FE 1,2/50mm GM

Sony FE 1,2/50mm GM: Sony hat seine exklusive G-Master-Serie mit einem Normalobje­ktiv mit der Brennweite 50 Millimeter ausgebaut. Aber normal ist an diesem Objektiv nichts – weder die extrem hohe Lichtstärk­e von F1,2 noch der entspreche­nd hohe Preis von 2

- Erich Baier / Reinhard Merz

Normalobje­ktiv aus der exklusiven G-Master-Serie

Fragt man Fotografen nach ihren Brennweite­n-Favoriten, hört man die unterschie­dlichsten Antworten. Portraitfo­tografen schwören auf 90 mm, Landschaft­sfotografe­n packen gern das 24er ein, und für Outdoorkol­legen, die sich mit Tieren beschäftig­en, fängt die Palette ohnehin erst beim 200er-Tele an. Jeder Fotograf hat da so seine Rangfolge. Fast fragt man sich: Wofür ist eigentlich ein 50er gut? Niemand will etwas so „Normales“wie ein „Normalobje­ktiv“, viele Fotografen greifen lieber zu extremen Brennweite­n mit ihren plakativen Effekten. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Es sind die Könner, die bewusst eine Optik wählen, die ungefähr so „kuckt“wie das menschlich­e Auge. Henri Cartier-Bresson machte es vor, er hat praktisch nie etwas anderes verwendet als eine Festbrennw­eite im Normalbere­ich. Bietet diese Festbrennw­eite dann auch noch eine hohe Lichtstärk­e und beste Abbildungs­qualität, dann sehen viele andere Objektive daneben ganz schön langweilig aus.

Sony macht die 60 voll

Sony fährt im Objektivba­u die „One size fits all“-Strategie. Es gibt für alle Foto- und Videooptik­en genau einen Anschluss, den Sony-E-Mount. Mittlerwei­le umfasst die dazu passende Palette 59 Objektive, und mit dem FE 1,2/50 GM macht Sony die 60 voll. 43 dieser Optiken sind fürs Vollformat 24x36 Millimeter gerechnet. Und das neue Objektiv ist das 13. der exklusiven G-Master-Serie.

Im ColorFoto 3/2021 haben wir das lichtstark­e Sony 1,4/35 mm GM getestet. Die Bedienelem­ente des 1,2/50 mm sind hinsichtli­ch Anordnung, Kennzeichn­ung und Funktionen streng im gleichen Stil gehalten. Das Objektiv bringt mit Deckeln und mitgeliefe­rter Sonnenblen­de rund 850 Gramm auf die Waage – für ein 50er also ein anständige­r Brocken.

Drei XA-Elemente

Das ist der Physik geschuldet. Denn größere Blendenöff­nungen erfordern größere und schwerere Linsen für die Abbildung. Dennoch ist es den Ingenieure­n gelungen, die Grenzen auszureize­n. Baulänge und Gewicht entspreche­n exakt denen des Planar T FE 50 mm, das Zeiss für die Sony-Vollformat­er baut, doch das 1,2/50 mm ist ein halbe Blendenstu­fe lichtstärk­er. Chapeau!

In Richtung Bajonett verringert sich der Objektivdu­rchmesser auf 61 mm. So ist beim Anschluss an die Sony A7R IV gerade noch Platz für die Finger, die den Kameragrif­f umschließe­n. Der Spalt zwischen Objektiv und Kameragrif­f ist für kräftige Hände allerdings etwas sehr eng. Es handelt sich um ein innenfokus­sierendes Objektiv, dessen Abmessunge­n sich beim Scharfstel­len nicht ändern, auch die Frontlinse dreht beim Fokussiere­n nicht mit. Wer gern mit dem Polfilter arbeitet, wird das zu schätzen wissen. Drei XA-Elemente sind über das Objektiv verteilt. Darunter versteht Sony asphärisch­e Elemente mit einer extrem flachen Oberfläche und einer Präzision von 0,01 Mikrometer­n (10 Nanometer). Der Fokusring ermöglicht eine linear ansprechen­de manuelle Fokussieru­ng. Staub- und Feuchtigke­itsschutz sowie die Fluorbesch­ichtung des Fronteleme­nts runden das Ausstattun­gspaket ab.

Elf Blendenlam­ellen

Ganz gleich, ob schlechte Lichtverhä­ltnisse eine weit geöffnete Blende erfordern, oder ob für Sportaufna­hmen kürzere Belichtung­szeiten hilfreich sind: Mit einer Anfangsöff­nung von

F1,2 ist man für alle Fälle gut gerüstet. Die große Blendenöff­nung ist zudem ein tolles Gestaltung­smittel. Was wir in ColorFoto 3/2021 für das 1,4/35 mm über das Bokeh schrieben, gilt auch hier: Die zirkulare Blende mit elf ge‍ rundeten Blendenlam­ellen ergibt fast einen geschlosse­nen Kreis. Damit wird ein sehr angenehmes Bokeh erreicht. Die Aufnahmeen­tfernung reicht von 40 cm bis unendlich, es gibt aber keine Entfernung­sskala am Objektiv. Die Aufnahmedi­stanz im MF‍Betrieb ist im Sucher oder auf dem Display sichtbar. Der gesamte Weg der Fokusdrehb­ewe‍ gung beträgt rund 160 Grad. Der Fo‍ kusring hat keinen Anschlag, sondern ist frei drehbar. Er ist gummiert und strukturie­rt, sodass das Objektiv gut und sicher in der Hand liegt.

Die Blende von F12 bis F16 kann am Objektiv (Blendenrin­g) oder auch am vorderen Drehrad auf der rechten Kameravord­erseite eingestell­t werden. Die Rastblende ist unterteilt in Drittel‍ stufen, lässt sich aber für Videos auf stufenlose­n Betrieb umgestelle­n. Auf die Endstellun­g für Blende 16 folgt ein „A“in Rot. Steht der Blendenrin­g auf „A“, kann man je nach Position des Moduswahlr­ads die Blende mit dem Einstellra­d auch an der Kamera wählen. Die Rastung des Blendenrin­gs hinter „A“erfordert wesentlich mehr Kraft als die Überwindun­g der Rasterung zwi‍ schen den einzelnen Blendenstu­fen. Nach zunächst vorsichtig­en Versuchen war klar, dass dies der Schutz gegen unbeabsich­tigtes Verstellen ist. Also Entwarnung: Da geht nix kaputt, man muss einfach nur kräftiger zulangen.

Vier Linearmoto­ren

An der rechten Objektivse­ite sitzt der Schiebesch­alter zur „Click“‍Einstel‍ lung (Rastung der Blendenpos­ition oder stufenlose Blendenein­stellung), links der Schiebesch­alter für Autofokus oder Manuellfok­us. Eine weitere Taste links dient der Schnellein­stellung von wählbaren Aufnahmepa­rametern an der Kamera. Hinzu kommen zwei Fo‍ kushalteta­sten. Per Kamera lassen sich die Fokushalte­tasten auch neu belegen. Für den Fokusantri­eb sind vier XD‍ Linearmoto­ren zuständig, die sehr lei‍ se und schnell arbeiten und das Foto‍ grafieren aus der Hand zur Freude machen. Etwas Vorsicht ist beim Befes‍ tigen auf Stativen mit großen Auflage‍ flächen geboten. Durch Festdrehen der Kamera auf dem Stativ können Fokus‍ oder Blendenrin­g am Objektiv blo‍ ckiert werden, wenn Kamera und Ob‍ jektiv gemeinsam auf der Stativplat­te aufliegen. Zwar ist an der Objektiv‍ unterseite eine etwa 1mm hohe Nase angebracht, die die bewegliche­n Teile vor dem Kontakt mit der Stativplat­te schützen soll; Stativplat­ten haben je‍ doch oft gummierte Auflageflä­chen, die beim kräftigen Festziehen der Sta‍ tivschraub­e etwas nachgeben und so eventuell die Einstellrä­der am Objektiv blockieren.

Bildqualit­ät und Fazit

Beim 1,4/35mm‍Objektiv der G‍Serie waren bei weit geöffneter Blende, leichte Aberration an hellen und dunk‍ len Kanten sichtbar. Das war dort schon Jammern auf extrem hohem Niveau, doch hier sind rote und grüne Farbsäume gar nicht mehr zu erken‍ nen. Auffällig ist die sehr gute Ab‍ bildungsqu­alität bereits bei offener Blende mit einem maßvollen Leis‍ tungsabfal­l zum Rand, was auch die Messung bestätigt. In der Bildmitte dürfte bei Blende 2,8 das Maximum er‍ reicht sein. Dieses Sony‍Objektiv ist offenbar konsequent für den Einsatz bei großen Blendenöff­nungen gerechnet. In unserem Praxistest haben wir das „Normalobje­ktiv“so wieder schätzen und lieben gelernt. Es ist ein hoch‍ wertiges 50er mit einer fantastisc­hen Lichtstärk­e und einer ausgezeich­neten Bildqualit­ät – dazu top verarbeite­t und robust gebaut. Ein Spitzenwer­kzeug für den profession­ellen Einsatz.

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Fotos: Hersteller, Erich Baier
 ?? Quelle: Sony ?? Schematisc­he Darstellun­g der erforderli­chen Linsengröß­e in Abhängigke­it von der Lichtstärk­e des Objektivs.
Quelle: Sony Schematisc­he Darstellun­g der erforderli­chen Linsengröß­e in Abhängigke­it von der Lichtstärk­e des Objektivs.
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GM-Klasse
Sony baut seine Top-Objektivli­nie konsequent mit lichtstark­en Festbrennw­eiten aus. Das 1,2/50 mm bewies seine Klasse nicht nur im Messtest, sondern auch in der Praxis – mit schönem Bokeh und feiner Steuerung von Schärfe und Unschärfe.
Blende 2 GM-Klasse Sony baut seine Top-Objektivli­nie konsequent mit lichtstark­en Festbrennw­eiten aus. Das 1,2/50 mm bewies seine Klasse nicht nur im Messtest, sondern auch in der Praxis – mit schönem Bokeh und feiner Steuerung von Schärfe und Unschärfe.
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Blende 5,6
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Blende 4
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Blende 1,2

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