Sony FE 1,2/50mm GM
Sony FE 1,2/50mm GM: Sony hat seine exklusive G-Master-Serie mit einem Normalobjektiv mit der Brennweite 50 Millimeter ausgebaut. Aber normal ist an diesem Objektiv nichts – weder die extrem hohe Lichtstärke von F1,2 noch der entsprechend hohe Preis von 2
Normalobjektiv aus der exklusiven G-Master-Serie
Fragt man Fotografen nach ihren Brennweiten-Favoriten, hört man die unterschiedlichsten Antworten. Portraitfotografen schwören auf 90 mm, Landschaftsfotografen packen gern das 24er ein, und für Outdoorkollegen, die sich mit Tieren beschäftigen, fängt die Palette ohnehin erst beim 200er-Tele an. Jeder Fotograf hat da so seine Rangfolge. Fast fragt man sich: Wofür ist eigentlich ein 50er gut? Niemand will etwas so „Normales“wie ein „Normalobjektiv“, viele Fotografen greifen lieber zu extremen Brennweiten mit ihren plakativen Effekten. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Es sind die Könner, die bewusst eine Optik wählen, die ungefähr so „kuckt“wie das menschliche Auge. Henri Cartier-Bresson machte es vor, er hat praktisch nie etwas anderes verwendet als eine Festbrennweite im Normalbereich. Bietet diese Festbrennweite dann auch noch eine hohe Lichtstärke und beste Abbildungsqualität, dann sehen viele andere Objektive daneben ganz schön langweilig aus.
Sony macht die 60 voll
Sony fährt im Objektivbau die „One size fits all“-Strategie. Es gibt für alle Foto- und Videooptiken genau einen Anschluss, den Sony-E-Mount. Mittlerweile umfasst die dazu passende Palette 59 Objektive, und mit dem FE 1,2/50 GM macht Sony die 60 voll. 43 dieser Optiken sind fürs Vollformat 24x36 Millimeter gerechnet. Und das neue Objektiv ist das 13. der exklusiven G-Master-Serie.
Im ColorFoto 3/2021 haben wir das lichtstarke Sony 1,4/35 mm GM getestet. Die Bedienelemente des 1,2/50 mm sind hinsichtlich Anordnung, Kennzeichnung und Funktionen streng im gleichen Stil gehalten. Das Objektiv bringt mit Deckeln und mitgelieferter Sonnenblende rund 850 Gramm auf die Waage – für ein 50er also ein anständiger Brocken.
Drei XA-Elemente
Das ist der Physik geschuldet. Denn größere Blendenöffnungen erfordern größere und schwerere Linsen für die Abbildung. Dennoch ist es den Ingenieuren gelungen, die Grenzen auszureizen. Baulänge und Gewicht entsprechen exakt denen des Planar T FE 50 mm, das Zeiss für die Sony-Vollformater baut, doch das 1,2/50 mm ist ein halbe Blendenstufe lichtstärker. Chapeau!
In Richtung Bajonett verringert sich der Objektivdurchmesser auf 61 mm. So ist beim Anschluss an die Sony A7R IV gerade noch Platz für die Finger, die den Kameragriff umschließen. Der Spalt zwischen Objektiv und Kameragriff ist für kräftige Hände allerdings etwas sehr eng. Es handelt sich um ein innenfokussierendes Objektiv, dessen Abmessungen sich beim Scharfstellen nicht ändern, auch die Frontlinse dreht beim Fokussieren nicht mit. Wer gern mit dem Polfilter arbeitet, wird das zu schätzen wissen. Drei XA-Elemente sind über das Objektiv verteilt. Darunter versteht Sony asphärische Elemente mit einer extrem flachen Oberfläche und einer Präzision von 0,01 Mikrometern (10 Nanometer). Der Fokusring ermöglicht eine linear ansprechende manuelle Fokussierung. Staub- und Feuchtigkeitsschutz sowie die Fluorbeschichtung des Frontelements runden das Ausstattungspaket ab.
Elf Blendenlamellen
Ganz gleich, ob schlechte Lichtverhältnisse eine weit geöffnete Blende erfordern, oder ob für Sportaufnahmen kürzere Belichtungszeiten hilfreich sind: Mit einer Anfangsöffnung von
F1,2 ist man für alle Fälle gut gerüstet. Die große Blendenöffnung ist zudem ein tolles Gestaltungsmittel. Was wir in ColorFoto 3/2021 für das 1,4/35 mm über das Bokeh schrieben, gilt auch hier: Die zirkulare Blende mit elf ge rundeten Blendenlamellen ergibt fast einen geschlossenen Kreis. Damit wird ein sehr angenehmes Bokeh erreicht. Die Aufnahmeentfernung reicht von 40 cm bis unendlich, es gibt aber keine Entfernungsskala am Objektiv. Die Aufnahmedistanz im MFBetrieb ist im Sucher oder auf dem Display sichtbar. Der gesamte Weg der Fokusdrehbewe gung beträgt rund 160 Grad. Der Fo kusring hat keinen Anschlag, sondern ist frei drehbar. Er ist gummiert und strukturiert, sodass das Objektiv gut und sicher in der Hand liegt.
Die Blende von F12 bis F16 kann am Objektiv (Blendenring) oder auch am vorderen Drehrad auf der rechten Kameravorderseite eingestellt werden. Die Rastblende ist unterteilt in Drittel stufen, lässt sich aber für Videos auf stufenlosen Betrieb umgestellen. Auf die Endstellung für Blende 16 folgt ein „A“in Rot. Steht der Blendenring auf „A“, kann man je nach Position des Moduswahlrads die Blende mit dem Einstellrad auch an der Kamera wählen. Die Rastung des Blendenrings hinter „A“erfordert wesentlich mehr Kraft als die Überwindung der Rasterung zwi schen den einzelnen Blendenstufen. Nach zunächst vorsichtigen Versuchen war klar, dass dies der Schutz gegen unbeabsichtigtes Verstellen ist. Also Entwarnung: Da geht nix kaputt, man muss einfach nur kräftiger zulangen.
Vier Linearmotoren
An der rechten Objektivseite sitzt der Schiebeschalter zur „Click“Einstel lung (Rastung der Blendenposition oder stufenlose Blendeneinstellung), links der Schiebeschalter für Autofokus oder Manuellfokus. Eine weitere Taste links dient der Schnelleinstellung von wählbaren Aufnahmeparametern an der Kamera. Hinzu kommen zwei Fo kushaltetasten. Per Kamera lassen sich die Fokushaltetasten auch neu belegen. Für den Fokusantrieb sind vier XD Linearmotoren zuständig, die sehr lei se und schnell arbeiten und das Foto grafieren aus der Hand zur Freude machen. Etwas Vorsicht ist beim Befes tigen auf Stativen mit großen Auflage flächen geboten. Durch Festdrehen der Kamera auf dem Stativ können Fokus oder Blendenring am Objektiv blo ckiert werden, wenn Kamera und Ob jektiv gemeinsam auf der Stativplatte aufliegen. Zwar ist an der Objektiv unterseite eine etwa 1mm hohe Nase angebracht, die die beweglichen Teile vor dem Kontakt mit der Stativplatte schützen soll; Stativplatten haben je doch oft gummierte Auflageflächen, die beim kräftigen Festziehen der Sta tivschraube etwas nachgeben und so eventuell die Einstellräder am Objektiv blockieren.
Bildqualität und Fazit
Beim 1,4/35mmObjektiv der GSerie waren bei weit geöffneter Blende, leichte Aberration an hellen und dunk len Kanten sichtbar. Das war dort schon Jammern auf extrem hohem Niveau, doch hier sind rote und grüne Farbsäume gar nicht mehr zu erken nen. Auffällig ist die sehr gute Ab bildungsqualität bereits bei offener Blende mit einem maßvollen Leis tungsabfall zum Rand, was auch die Messung bestätigt. In der Bildmitte dürfte bei Blende 2,8 das Maximum er reicht sein. Dieses SonyObjektiv ist offenbar konsequent für den Einsatz bei großen Blendenöffnungen gerechnet. In unserem Praxistest haben wir das „Normalobjektiv“so wieder schätzen und lieben gelernt. Es ist ein hoch wertiges 50er mit einer fantastischen Lichtstärke und einer ausgezeichneten Bildqualität – dazu top verarbeitet und robust gebaut. Ein Spitzenwerkzeug für den professionellen Einsatz.