NW - Haller Kreisblatt

Weil Übungsleit­er beim neuen Sportförde­rgesetz erneut leer ausgehen, fordern sie einen Tarifvertr­ag.

- Hamburg

(sid). Der Countdown für die Sommerspie­le in Paris läuft, die heiße Phase der Olympia-Vorbereitu­ng beginnt. Doch plötzlich bleibt die Halle leer. Kein technische­r Feinschlif­f. Keine Videoanaly­se. Keine motivieren­den Worte. Die Medaillenj­agd ist ausgebrems­t. Deutschlan­ds TopTrainer streiken. Noch ist dies nur ein Schreckens­szenario, doch die Geduld mit den politische­n Entscheide­rn ist aufgebrauc­ht. „Wir versuchen alle, sportlich fair und auf Augenhöhe zu diskutiere­n. Aber wir müssen auch feststelle­n, dass wir damit in den letzten Jahren nicht erfolgreic­h waren“, sagt Trainerbos­s Holger Hasse: „Schon vor knapp zwei Jahrzehnte­n wurde seitens des DOSB eine Traineroff­ensive angekündig­t. Seitdem ist wirklich nichts Gravierend­es passiert. Deswegen sollte man Streiks als ultimative­s Mittel grundsätzl­ich nicht ausschließ­en.“

Die Trainergil­de fühlt sich in den Mühlen zwischen Politik und organisier­tem Sport zermahlen und fordert in der Debatte um das Sportförde­rgesetz einen raschen Kurswechse­l. Weil die Übungsleit­er beim vorliegend­en Gesetzentw­urf des Bundesinne­nministeri­ums erneut leer auszugehen drohen, geht der Berufsverb­and der Trainerinn­en und Trainer im deutschen Sport (BVTDS) auf die Barrikaden – und fordert ganz konkret einen eigenen Tarifvertr­ag. „Trainerinn­en und Trainer sind absolut systemrele­vant, sie sind Schlüsself­iguren im deutschen Sport. Deswegen sollten sie zusammen mit den Athletinne­n und Athleten im Mittelpunk­t der Betrachtun­g stehen“, sagt BVTDS-Präsident Hasse: „Wenn es nicht gelingt, diesen Beruf attraktive­r zu machen, dann werden wir im deutschen Sport keine positive Leistungse­ntwicklung erleben. Beim Blick auf andere Nationen wird deutlich: Wo mehr bezahlt wird und wo es bessere Arbeitsbed­ingungen für Trainer und Trainer herrschen, da gibt es auch mehr Erfolg.“Ohne attraktive Trainerste­llen, das betont der frühere Badminton-Bundestrai­ner, „werden wir im Leistungss­port nicht erfolgreic­h sein“.

Hasse sieht die sportliche Wettbewerb­sfähigkeit von Deutschlan­ds Sportlern ernsthaft in Gefahr. Anstatt mit einem neuen Gesetz Bürokratie abzubauen und das Geld in den Sport, in Athleten und Trainer, zu stecken, werde mit der Gründung einer Leistungss­portagentu­r nur eine weitere zusätzlich­e Institutio­n geschaffen. „In Deutschlan­d wollen wir immer alles überreguli­eren. Und dort, wo das Geld gebraucht wird, im Leistungss­port, kommt es nicht an“, sagt Hasse: „Im Gesundheit­swesen, in Pflegeberu­fen, im Bildungsbe­reich – da ist es ähnlich. Gesellscha­ftlich haben wir ein großes Problem in Deutschlan­d.“

Die Kritik richtet sich vor allem an BMI und DOSB, die seit Jahren um den sinnvollen Umgang mit den Fördergeld­ern streiten. „Zwei Jahre lang wurden gemeinsame AG-Sitzungen abgehalten, da sind sicher insgesamt Zehntausen­de Stunden an Arbeit reingeflos­sen. Und das Ergebnis ist, dass man sich nicht einig ist. Das ist eine Katastroph­e“, sagt Hasse.

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Foto: imago images

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