Wenn alte Pneus nicht mehr greifen, müssen neue her. Über Marken- und Billigreifen redet beim jährlichen Reifenwechsel jeder, kaum jemand aber über nachhaltige.
BeinachhaltigenReifenwirdfür denZeitraum2021bis2027eine jährliche Wachstumsrate von rund 11 Prozent erwartet. Und auch in Tests schneiden sie Jahr für Jahr besser ab. Doch was genau machen diese Pneus aus? Fragen an ADAC-Unternehmenssprecherin Katja Legner.
Um umweltfreundlich und nachhaltigzusein,musseinReifen neben den bekannten Kategorien Laufleistung, Kraftstoffverbrauch und Geräusch auch in den Bereichen Reifenabrieb, Gewicht und nachhaltige Produktion bestehen. Ebenfalls dazu gehört die Bewertung des Lebenszyklus eines Reifens von der Produktion bis zumRecycling.DerADACzieht seit 2023 diese Umweltkriterien zur Bewertung heran. Sicherheitsaspekte machen 70 Prozent der Endnote aus, die Umweltbilanz mit den genannten Kategorien fließt zu 30 Prozent ein.
Eine SpitzennoteimADAC-Testbekommen nur Reifen, die in allen Hauptkriterien gut abschneiden. Denn eine hervorragende Umweltbilanz ist nur dann von
Wert, wenn Reifen gleichzeitig bei den Sicherheitsaspekten sehr gut punkten – und umgekehrt. Der Hersteller Goodyear löst zum Beispiel mit dem Efficient Grip Performance 2 beide Anforderungen sehr gut, ebenso der Continental mit seinem PremiumContact 6.
Stichwort nachhaltige Materialien: Welche gibt es neben Birkenrinderesten, Sojabohnenöl, aber auch recycelten Plastikabfällen wie PET-Flaschen noch? Einige Hersteller versuchen Naturkautschuk durch Ausgangsstoffe wie den Saft von Löwenzahn-Pflanzen zu ersetzen.
Wenn Hersteller unter anderem alte Reifen zurücknehmen und wiederaufbereiten würden. Allein in Deutschland fallen jedes Jahr knapp 60 Millionen Altreifen an. Der ADAC fordert, die Rücknahme zur Pflicht zu machen. Damit wäre auch gewährleistet, dass die Runderneuerung mit optimaler Expertise vorgenommen wird, denn die Hersteller kennen ihre Produkte ja am besten. Um der besonderen Bedeutung für eine positive Umweltbilanz Rechnung zu tragen, erhalten runderneuerte
Der ADAC hat von 2003 bis 2011 und seit 2020 mehrfach runderneuerte Reifen in sein normales Reifentestprogramm integriert. Während sich die recycelten Winterreifen der ersten Testjahre mit Schwächen auf Schnee, Nässe und trockener Fahrbahn noch sehr unausgewogen präsentierten, wurde das Niveau in den Folgejahren vor allem beim Grip auf Schnee etwas besser. Im aktuellen Sommerreifentest der Dimension 205/55 R 16 konnte ein runderneuerter Reifen der Marke King Meiler mit dem ADAC Urteil „ausreichend“deutlich besser abschneiden als manche Neureifen.
Nachhaltig produziert und trotzdem guter Grip und geringer Rollwiderstand – geht das? Das gelingt durchaus. So überzeugen die Modelle Primacy 4+ von Michelin oder auch Turanza T005 von Bridgestone im Testfeld von 50 Reifen bei der Nachhaltigkeit mit am besten und bewähren sich gleichzeitig mit guten Noten auf trockener wie auch nasser Fahrbahn. Bei der Effizienz, also Reifengewicht und Rollwiderstand, die beide den Kraftstoffoder Stromverbrauch beeinflussen, erreicht der Reifen von Bridgestone sogar die Traumnote 1,5.
Woran erkennt man beim Kauf von Reifen, dass sie nachhaltig sind? Die Umwelteigenschaften eines Reifens können Käufer am EU-Label ablesen. Nachhaltig wäre demnach ein Reifen, wenn er sowohl beim Kraftstoffverbrauch als auch beim Geräusch ein A bekommt. Gleichzeitig sind natürlich auch runderneuerte Reifen eine nachhaltige Option. Allerdings ist deren Kennzeichnung bisher nicht einheitlich. Meist steht auf der Seitenwand ein R – für runderneuert, retread oder retreaded. Das Datum der Runderneuerung wird übrigens in gleicher Weise wie das Herstellungsdatum von vollständig neu produzierten Reifen angegeben. Seit 2006 dürfen außerdem nur runderneuerte Reifen verkauft werden, die mit einem E-Prüfzeichen versehen sind.